Gesetz zu steuerlichen Folgen des Brexits

Derzeit ist ein Brexit-Steuerbegleitgesetz in Arbeit, das Unternehmer, Gesellschafter und Riester-Sparer vor ungewollten steuerlichen Folgen des Brexits schützen soll.

Am 29. März 2017 unter­rich­te­te das Ver­ei­nig­te König­reich den Euro­päi­schen Rat von sei­ner Absicht, aus der Euro­päi­schen Uni­on aus­zu­tre­ten. Nach den Vor­ga­ben des EU-Ver­trags endet die Mit­glied­schaft des Ver­ei­nig­ten König­reichs in der EU zwei Jah­re spä­ter, also am 29. März 2019. Seit­her rin­gen die Bri­ten und die EU um eine für bei­de Sei­ten akzep­ta­ble Ver­ein­ba­rung über die gegen­sei­ti­ge Bezie­hung in der Zeit nach dem Bre­x­it.

Ob es noch zu einer sol­chen Ver­ein­ba­rung kommt, ist inzwi­schen mehr als frag­lich. Wäh­rend die EU mit der müh­sam aus­ge­han­del­ten Ver­ein­ba­rung leben kann, fin­det sich im bri­ti­schen Par­la­ment für kei­ne der denk­ba­ren Bre­x­it-Vari­an­ten eine sta­bi­le Mehr­heit. Zwar sind die Abge­ord­ne­ten bei­der gro­ßen bri­ti­schen Par­tei­en jeweils mehr­heit­lich für einen Ver­bleib in der EU oder zumin­dest einen sanf­ten Aus­tritt, doch bei­de Par­tei­an­füh­rer sind nicht als gro­ße EU-Freun­de bekannt und nut­zen die Ver­ein­ba­rung mit der EU auch als macht­po­li­ti­schen Spiel­ball in der Innen­po­li­tik des Ver­ei­nig­ten König­reichs.

Wird die Ver­ein­ba­rung vom bri­ti­schen Par­la­ment doch noch ange­nom­men, wären die Bri­ten für eine Über­gangs­pha­se trotz ihres Aus­schei­dens aus der EU wei­ter wie ein EU-Mit­glied gestellt, sodass sich am 29. März 2019 für Bür­ger und Unter­neh­men vor­erst wenig ändern wür­de. In die­ser Über­gangs­pha­se könn­ten bei­de Sei­ten wei­te­re Details für die fer­ne­re Zukunft aus­han­deln. Ande­re Sze­na­ri­en sind der­zeit jedoch deut­lich wahr­schein­li­cher.

Das reicht von einem har­ten Bre­x­it ohne jede gegen­sei­ti­ge Ver­ein­ba­rung mit der EU über eine Ver­län­ge­rung der zwei­jäh­ri­gen Ver­hand­lungs­frist durch ein­stim­mi­gen Beschluss des Euro­päi­schen Rats bis zu einem Rück­tritt vom Aus­tritt. Die Tür zu die­sem letz­ten Sze­na­rio hat der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) im Dezem­ber weit geöff­net, indem er fest­ge­stellt hat, dass die Bri­ten ihren Aus­tritts­an­trag auch ein­sei­tig wie­der zurück­zie­hen kön­nen, ohne dass dem die ande­ren EU-Staa­ten zustim­men müss­ten.

Der­zeit deu­ten aller­dings alle Zei­chen auf einen har­ten Bre­x­it hin. Damit wäre das Ver­ei­nig­te König­reich im ungüns­tigs­ten Fall ab dem 29. März 2018 auch für steu­er­li­che Zwe­cke nicht mehr als EU-Mit­glied, son­dern als Dritt­staat zu behan­deln. Soll­ten die wei­ter­hin lau­fen­den Ver­hand­lun­gen über ein Aus­tritts­ab­kom­men doch noch erfolg­reich sein, wäre das statt­des­sen nach dem Ablauf der ver­ein­bar­ten Über­gangs­frist der Fall.

Weil ver­schie­de­ne steu­er­li­che und finanz­markt­recht­li­che Rege­lun­gen für Sach­ver­hal­te in EU-/EWR-Staa­ten güns­ti­ge­re Rechts­fol­gen vor­se­hen als für Dritt­staa­ten-Sach­ver­hal­te, hat der Über­gang Groß­bri­tan­ni­ens vom EU-Staat zum Dritt­staat auch nega­ti­ve steu­er­li­che Fol­gen für Unter­neh­mer und Pri­vat­leu­te mit wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen im Ver­ei­nig­ten König­reich. Für künf­ti­ge Vor­ha­ben kön­nen die Betrof­fe­nen ent­spre­chend dis­po­nie­ren und sich dar­auf ein­stel­len, dass die vor­teil­haf­te­ren Rege­lun­gen im Ver­ei­nig­ten König­reich kei­ne Anwen­dung mehr fin­den. Doch nach der aktu­el­len Rechts­la­ge sind auch eini­ge Sach­ver­hal­te betrof­fen, in denen der Steu­er­zah­ler bereits in der Ver­gan­gen­heit alle rele­van­ten Hand­lun­gen voll­zo­gen hat und damit allein der Bre­x­it die nach­tei­li­gen Rechts­fol­gen aus­lö­sen wür­de.

Aus poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Grün­den eben­so wie aus Grün­den des Ver­trau­ens­schut­zes sol­len nega­ti­ve Fol­gen in sol­chen Alt­fäl­len jedoch ver­mie­den wer­den. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat des­halb den Ent­wurf für ein “Gesetz über steu­er­li­che Begleit­re­ge­lun­gen zum Aus­tritt des Ver­ei­nig­ten König­reichs Groß­bri­tan­ni­en und Nord­ir­land aus der Euro­päi­schen Uni­on” oder kurz “Bre­x­it-Steu­er­be­gleit­ge­setz” erar­bei­tet.

Ziel des Geset­zes ist es, in Fäl­len, in denen der Bre­x­it eine unan­ge­mes­se­ne und unter Umstän­den auch nicht mit Uni­ons­recht zu ver­ein­ba­ren­de Rechts­fol­ge aus­lö­sen wür­de, den “Sta­tus Quo” zu wah­ren, den betrof­fe­nen Steu­er­zah­lern Bestands­schutz zu gewäh­ren sowie Rechts­si­cher­heit zu schaf­fen. Das kann je nach Rege­lung unter­schied­li­che Zeit­räu­me betref­fen.

Neben den hier zusam­men­ge­fass­ten Ände­run­gen ent­hält das Gesetz noch erfor­der­li­che bestands­schutz­recht­li­che Anpas­sun­gen im Bau­spar­kas­sen- und Pfand­brief­ge­setz sowie eine redak­tio­nel­le Anpas­sung im Umsatz­steu­er­ge­setz. Alle Rege­lun­gen tre­ten am 29. März 2019 in Kraft und sind so gefasst, dass sie unab­hän­gig sind vom Aus­gang der Ver­hand­lun­gen zwi­schen EU und Ver­ei­nig­tem König­reich. Die Ände­run­gen grei­fen also bei einem har­ten Bre­x­it eben­so wie bei einer mehr­jäh­ri­gen Über­gangs­zeit.

  • Aus­gleichs­pos­ten: Die Zuord­nung eines Wirt­schafts­guts zu einer Betriebs­stät­te im EU-Aus­land führt zu einer steu­er­pflich­ti­gen Auf­de­ckung der stil­len Reser­ven. Um die steu­er­li­che Belas­tung abzu­mil­dern, kann das Unter­neh­men einen Aus­gleichs­pos­ten in Höhe der zu ver­steu­ern­den stil­len Reser­ven bil­den, der über fünf Jah­re hin­weg gleich­mä­ßig auf­zu­lö­sen ist. Der Aus­gleichs­pos­ten ist jedoch sofort auf­zu­lö­sen, wenn das Wirt­schafts­gut die Besteue­rungs­ho­heit der EU-Staa­ten ver­lässt. Eine Ergän­zung im Gesetz regelt nun, dass allein der Bre­x­it nicht die Auf­lö­sung des Aus­gleichs­pos­tens erzwingt. Auch für nach Groß­bri­tan­ni­en ver­brach­te Wirt­schafts­gü­ter kann der Pos­ten wei­ter gleich­mä­ßig bis zum Ende der 5-Jah­res-Frist auf­ge­löst wer­den, sofern nicht ein ande­rer Grund die vor­zei­ti­ge Auf­lö­sung erzwingt, bei­spiels­wei­se das Aus­schei­den des Wirt­schafts­guts aus dem Unter­neh­men.

  • Ein­brin­gungs­ge­winn: Das Umwand­lungs­steu­er­ge­setz sieht eine rück­wir­ken­de Besteue­rung des Ein­brin­gungs­ge­winns vor, wenn im Anschluss an eine Sach­ein­la­ge oder einen Anteil­s­tausch unter dem Ver­kehrs­wert der Ein­brin­gen­de oder die über­neh­men­de Gesell­schaft nicht mehr in einem EU/E­WR-Staat ansäs­sig ist. Der Bre­x­it wür­de also ohne wei­te­res Zutun die­sel­ben Rechts­fol­gen aus­lö­sen wie eine akti­ve Über­füh­rung von Betriebs­ver­mö­gen oder ein Weg­zug in einen Dritt­staat. Es wird des­halb eine ent­spre­chen­de gesetz­li­che Rege­lung geschaf­fen, nach der für einen Ein­brin­gen­den oder eine über­neh­men­de Gesell­schaft, die bereits vor dem Bre­x­it in Groß­bri­tan­ni­en ansäs­sig waren, das Ver­ei­nig­te König­reich wei­ter­hin wie ein EU-Staat behan­delt wird, sofern kein wei­te­res die Ein­brin­gungs­ge­winn­be­steue­rung aus­lö­sen­des Ereig­nis hin­zu­tritt. Außer­dem wird klar­ge­stellt, dass die­se Aus­nah­me­re­ge­lung nur für die Fäl­le gilt, in denen die Sach­ein­la­ge oder der Anteil­s­tausch bereits vor dem Bre­x­it rechts­wirk­sam voll­zo­gen wur­de. Damit wird sicher­ge­stellt, dass allein der Bre­x­it nicht zu einer rück­wir­ken­den Ver­steue­rung eines Ein­brin­gungs­ge­winns führt.

  • Weg­zugs­be­steue­rung: Die zins­lo­se Stun­dung bei der Weg­zugs­be­steue­rung stil­ler Reser­ven ist an einen Wohn­sitz­wech­sel des Gesell­schaf­ters in einen ande­ren EU- oder EWR-Staat geknüpft. Allein der Bre­x­it führt jedoch nach dem Geset­zes­wort­laut noch nicht zu einem Wider­ruf der Stun­dung. Ein für die Stun­dung schäd­li­ches Ereig­nis kann erst durch eine wei­te­re Hand­lung des Gesell­schaf­ters nach dem Bre­x­it aus­ge­löst wer­den, bei­spiels­wei­se durch die unent­gelt­li­che Über­tra­gung von Gesell­schafts­an­tei­len an eine im Ver­ei­nig­ten König­reich ansäs­si­ge Per­son.

  • Liqui­da­ti­ons­be­steue­rung: Auch bei der Liqui­da­ti­ons­be­steue­rung einer Kapi­tal­ge­sell­schaft, die auch im Fall der Ver­le­gung des Sit­zes oder der Geschäfts­lei­tung in einen Nicht-EU-Staat ein­greift, hat der Bre­x­it allein laut der Geset­zes­be­grün­dung kei­ne nega­ti­ven Fol­gen, sodass auch hier kei­ne Ände­run­gen am Gesetz not­wen­dig sind. Erst die Ver­le­gung des Sit­zes oder der Geschäfts­lei­tung in einen ande­ren Dritt­staat nach dem Bre­x­it wür­de eine Liqui­da­ti­ons­be­steue­rung aus­lö­sen.

  • Ries­ter-Ren­te: Die staat­li­che För­de­rung im Rah­men eines Ries­ter-Ver­trags ist an bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen geknüpft. Wer­den die­se nicht ein­ge­hal­ten, fällt der Anspruch auf wei­te­re För­de­rung weg und der Arbeit­neh­mer muss die bereits gewähr­te För­de­rung zurück­zah­len. Drei ter­ri­to­ria­le Vor­aus­set­zun­gen für bestimm­te Fäl­le wer­den nun so geän­dert, dass für Alt­fäl­le kei­ne Nach­tei­le ent­ste­hen (sie­he nächs­te Punk­te).

  • Wohn-Ries­ter: Beim Wohn-Ries­ter sind nur Immo­bi­li­en in einem EU-Staat begüns­tigt. Für eine Immo­bi­lie im Ver­ei­nig­ten König­reich gilt die Begüns­ti­gung wei­ter, wenn bereits vor dem Bre­x­it und dem Ende eines even­tu­el­len Über­gangs­zeit­raums eine woh­nungs­wirt­schaft­li­che Ver­wen­dung der Immo­bi­lie bestand.

  • Kapi­tal­über­tra­gung: Nach dem Tod des Zula­ge­emp­fän­gers kann das mit Ries­ter-Zula­gen geför­der­te Alters­vor­sor­ge­ver­mö­gen auf einen Ries­ter-Ver­trag des Ehe­gat­ten über­tra­gen wer­den, wenn die Ehe­gat­ten im Zeit­punkt des Todes nicht dau­ernd getrennt gelebt und ihren Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halt in einem EU-Staat haben. Ohne zeit­li­che Beschrän­kung gilt das nach dem Bre­x­it auch für einen Wohn­sitz im Ver­ei­nig­ten König­reich.

  • Wohn­sitz: Die Fol­gen einer schäd­li­chen Ver­wen­dung von Ries­ter-Zula­gen tre­ten auch dann ein, wenn der Zula­ge­emp­fän­ger sei­nen Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halt nicht in einem EU-Staat hat und kei­ne Zula­ge­be­rech­ti­gung (mehr) besteht oder der Ver­trag in der Aus­zah­lungs­pha­se ist. Hier gibt es nur eine Ver­trau­ens­schutz­re­ge­lung für Alt­fäl­le: Die nega­ti­ven Fol­gen sol­len nicht ein­tre­ten, wenn der Wohn­sitz oder gewöhn­li­che Auf­ent­halt im Ver­ei­nig­ten König­reich vor dem Tag des Bre­x­it-Refe­ren­dums am 23. Juni 2016 begrün­det und der Ries­ter-Ver­trag eben­falls vor die­sem Tag abge­schlos­sen wur­de.