A1-Bescheinigung für Entsendung ins Ausland

A1-Bescheinigungen für die Entsendung eines Arbeitnehmers müssen seit diesem Jahr elektronisch beantragt werden. In einigen Ländern gibt es zur Bescheinigung verstärkt Kontrollen.

Möch­te ein Arbeit­ge­ber sei­ne Arbeit­neh­mer für eine befris­te­te Tätig­keit ins Aus­land ent­sen­den, kann das zu einer dop­pel­ten Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht füh­ren: Die Arbeit­neh­mer sind wei­ter­hin in Deutsch­land bei­trags­pflich­tig, und zusätz­lich gilt das Recht des Tätig­keits­staats mit­samt den dor­ti­gen Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ten.

Um die­ses Pro­blem zu ver­mei­den, kann der Arbeit­ge­ber für eine Ent­sen­dung in einen EU/E­WR-Staat oder in die Schweiz beim zustän­di­gen Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger (meist die Kran­ken­kas­se) eine Ent­sen­de­be­schei­ni­gung, die soge­nann­te A1-Beschei­ni­gung bean­tra­gen. Mit die­ser Beschei­ni­gung gilt auch für eine Tätig­keit im Aus­land bei Erfül­lung gewis­ser Vor­aus­set­zun­gen allein das deut­sche Recht. Das muss der Arbeit­neh­mer jedoch bei einer Kon­trol­le im Aus­land durch Vor­la­ge der A1-Beschei­ni­gung nach­wei­sen.

Weil es in den letz­ten Mona­ten mehr­fach Berich­te über ver­stärk­te Kon­trol­len im Aus­land gab, ist es wich­ti­ger denn je, dass Arbeit­neh­mer die Beschei­ni­gung bei allen Aus­lands­tä­tig­kei­ten dabei haben. Ohne gül­ti­ge A1-Beschei­ni­gung kann die Tätig­keit im Aus­land näm­lich als Schwarz­ar­beit gewer­tet wer­den, was Buß­gel­der und wei­te­re Sank­tio­nen zur Fol­ge haben kann. Mit­hin kann auch ein aus­län­di­scher Auf­trag­ge­ber den Zugang zu sei­nem Fir­men­ge­län­de ver­wei­gern, wenn die A1-Beschei­ni­gung nicht vor­liegt.

Vor allem aus Öster­reich und Frank­reich gibt es Berich­te über ver­stärk­te Prü­fun­gen, auch an Flug­hä­fen und in von Geschäfts­rei­sen­den fre­quen­tier­ten Hotels. Bei­de Län­der kom­men den Arbeit­ge­bern aber mit einem Kom­pro­miss zumin­dest ein Stück ent­ge­gen: Kann der Arbeit­neh­mer bei der Kon­trol­le kei­ne A1-Beschei­ni­gung vor­le­gen, weil die­se nicht mehr recht­zei­tig beschafft wer­den konn­te, ver­zich­ten die ört­li­chen Behör­den auf eine Geld­stra­fe, wenn der Arbeit­ge­ber nach­wei­sen kann, dass die A1-Beschei­ni­gung bereits vor Beginn der Dienst­rei­se bean­tragt wur­de.

Zum Büro­kra­tie­mons­ter wird die A1-Beschei­ni­gung aber vor allem dadurch, dass die EU-Ver­ord­nung kei­ne zeit­li­che Tole­ranz­gren­ze für die Not­wen­dig­keit einer A1-Beschei­ni­gung vor­sieht. Eine Beschei­ni­gung ist damit für eine mehr­wö­chi­ge Tätig­keit genau­so erfor­der­lich wie für eine ein­tä­gi­ge Schu­lung oder Kon­fe­renz im Aus­land. Selbst ein halb­stün­di­ges Mee­ting oder eine kur­ze Fahrt über die Gren­ze zum Tan­ken des Fir­men­wa­gens ist eine grenz­über­schrei­ten­de Tätig­keit, für die die A1-Beschei­ni­gung not­wen­dig ist.

Sowohl bei kurz­fris­ti­gen als auch bei kurz­zei­ti­gen Dienst­rei­sen ins Aus­land haben vie­le Arbeit­ge­ber in der Ver­gan­gen­heit kei­ne Beschei­ni­gung bean­tragt. Neben dem büro­kra­ti­schen Auf­wand für den Antrag reicht manch­mal näm­lich schlicht die Zeit nicht aus, um die Ertei­lung der A1-Beschei­ni­gung durch die Kran­ken­kas­se abzu­war­ten. Das Risi­ko bei die­ser Unter­las­sung sind die bereits erwähn­ten Sank­tio­nen für Schwarz­ar­beit im Fall einer Kon­trol­le.

Immer­hin eine teil­wei­se Ver­bes­se­rung hat sich seit 2018 erge­ben — zumin­dest für Arbeit­ge­ber mit der not­wen­di­gen tech­ni­schen Aus­stat­tung: Seit dem 1. Janu­ar 2018 kön­nen die Beschei­ni­gun­gen näm­lich auch elek­tro­nisch bei der Kran­ken­kas­se bean­tragt wer­den. Die­se Opti­on ist nun seit dem 1. Janu­ar 2019 zur Pflicht gewor­den. Zwar haben die Spit­zen­or­ga­ni­sa­tio­nen der Sozi­al­ver­si­che­rung eine Über­gangs­re­ge­lung geschaf­fen, nach der Arbeit­ge­ber in begrün­de­ten Ein­zel­fäl­len den Antrag wei­ter in Papier­form stel­len kön­nen. Die­se Aus­nah­me­re­ge­lung läuft jedoch am 30. Juni 2019 aus.

Ob die Umstel­lung auf ein elek­tro­ni­sches Ver­fah­ren für die Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger eine Erleich­te­rung bringt, ist eben­falls nicht sicher. Seit dem 1. Janu­ar 2019 haben die Kran­ken­kas­sen näm­lich mit einem erheb­li­chen Anstieg der gestell­ten Anträ­ge zu kämp­fen. Im Ver­gleich zu frü­he­ren Jah­ren haben sich die Antrags­zah­len nach Berich­ten mehr als ver­zehn­facht. Beson­ders wenn die Kran­ken­kas­se kei­ne voll­au­to­ma­ti­sche Bear­bei­tung der Anträ­ge durch­führt, kann damit auch die schie­re Zahl der Anträ­ge zu einer ver­zö­ger­ten Bear­bei­tung und Ertei­lung der Beschei­ni­gung füh­ren.

Im März und April haben eini­ge Arbeit­ge­ber bereits erleich­tert auf­ge­at­met, weil es Berich­te gab, dass die EU die Not­wen­dig­keit für die A1-Beschei­ni­gung wie­der abschaf­fen will. Die­se Mel­dun­gen waren aber gleich dop­pelt irre­füh­rend. Zwar hat die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on im März eine Eini­gung über neue Regeln zur Koor­di­nie­rung der Sozi­al­ver­si­che­rungs­sys­te­me in der EU ver­mel­det, zu der auch Ände­run­gen bei der A1-Beschei­ni­gung gehö­ren. Aller­dings hat der Euro­päi­sche Rat die­sem Kom­pro­miss nur weni­ge Tage spä­ter die Zustim­mung zumin­dest vor­erst ver­wei­gert.

Selbst wenn die EU ihre neu­en Regeln doch noch in die­ser oder einer leicht ver­än­der­ten Fas­sung abseg­nen soll­te, bedeu­ten die Ände­run­gen kei­ne gene­rel­le Abschaf­fung der Not­wen­dig­keit für eine A1-Beschei­ni­gung. Vor­ge­se­hen ist näm­lich ledig­lich eine neue Begriffs­de­fi­ni­ti­on für Dienst­rei­sen, und nur für die­se soll die Pflicht zur A1-Beschei­ni­gung abge­schafft wer­den.

Eine Dienst­rei­se liegt laut der geplan­ten Ände­rung dann vor, wenn die vom Arbeit­neh­mer im Aus­land aus­ge­üb­te Tätig­keit nicht der Erbrin­gung einer Dienst­leis­tung oder der Lie­fe­rung von Gütern dient. Damit wären ins­be­son­de­re Mes­se­be­su­che, Mee­tings und Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen im Aus­land künf­tig von der Beschei­ni­gungs­pflicht befreit. Bei ande­ren For­men der Arbeit­neh­mer­ent­sen­dung ist aber auch künf­tig eine A1-Beschei­ni­gung not­wen­dig.

Wie es mit der A1-Beschei­ni­gung auf EU-Ebe­ne genau wei­ter­geht, ist wei­ter­hin offen. Die Spit­zen­ver­bän­de der Kran­ken­kas­sen haben im Febru­ar 2019 aber bereits eini­ge Ände­run­gen im Antrags­ver­fah­ren zum kom­men­den Jah­res­wech­sel beschlos­sen. Ins­be­son­de­re soll es ab 2020 eine ein­heit­li­che­re Bestä­ti­gung für die elek­tro­ni­sche Über­mitt­lung des Antrags auf eine A1-Bestä­ti­gung geben. Das ist vor allem für die Län­der hilf­reich, die auch den Antrag als Nach­weis akzep­tie­ren (Öster­reich und Frank­reich).

Wei­te­re Ände­run­gen umfas­sen eine ver­pflich­ten­de Anga­be der Wohn­an­schrift des Arbeit­neh­mers und eine deut­lich höhe­re Zahl der mög­li­chen Beschäf­ti­gungs­stel­len im Aus­land (elf statt vier). Außer­dem sind künf­tig ver­pflich­tend Beginn und Ende der Ent­sen­dung anzu­ge­ben. Schließ­lich sind künf­tig kei­ne Anträ­ge mehr für Län­der außer­halb der EU/EWR und der Schweiz mög­lich.