Abschreibung von Gebäuden nach einer kürzeren Nutzungsdauer

Das Bundesfinanzministerium hat festgelegt, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Nachweisen eine kürzere als die gesetzlich geregelte Abschreibungsdauer von Gebäuden möglich ist.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat­te 2021 ent­schie­den, dass Immo­bi­li­en­ei­gen­tü­mer, die eine kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er des Gebäu­des für die Abschrei­bung gel­tend machen, sich jeder Dar­le­gungs­me­tho­de bedie­nen kön­nen, soweit dar­aus Rück­schlüs­se auf die maß­geb­li­chen Fak­to­ren für die tat­säch­li­che Rest­nut­zungs­dau­er mög­lich sind. Ursprüng­lich woll­te der Fis­kus daher eine kür­ze­re Abschrei­bungs­dau­er für Neu­an­schaf­fun­gen ab die­sem Jahr per Geset­zes­än­de­rung aus­schlie­ßen las­sen.

Der Gesetz­ge­ber hat sich aber schluss­end­lich doch gegen die­sen kate­go­ri­schen Aus­schluss ent­schie­den und statt­des­sen dar­auf gesetzt, dass die Anhe­bung der AfA-Sät­ze für neue Wohn­ge­bäu­de bereits zu einem deut­li­chen Rück­gang der ent­spre­chen­den Fäl­le füh­ren wird. Für die ver­blie­be­nen Fäl­le hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um jetzt Richt­li­ni­en her­aus­ge­ge­ben, unter wel­chen Umstän­den eine kür­ze­re Nut­zungs­dau­er in Fra­ge kommt und wie der Nach­weis zu füh­ren ist.

  • All­ge­mei­ne AfA-Sät­ze: Der für ein Gebäu­de gel­ten­de typi­sier­te AfA-Satz ist unab­hän­gig von der tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er des Gebäu­des und auch unab­hän­gig vom tat­säch­li­chen Alter des Gebäu­des anzu­wen­den. Er gilt daher auch für die Abschrei­bung einer erwor­be­nen Bestands­im­mo­bi­lie. Die AfA-Zeit­räu­me für die ein­zel­nen AfA-Sät­ze sind nicht gleich­be­deu­tend mit der Gesamt­nut­zungs­dau­er im Sin­ne des Bewer­tungs­ge­set­zes. In der Regel ist die tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er eines Gebäu­des län­ger als der AfA-Zeit­raum.

  • Kür­ze­re Nut­zungs­dau­er: Ist die tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er bei einem Gebäu­de kür­zer als die sich aus der Anwen­dung des AfA-Sat­zes erge­ben­de Nut­zungs­dau­er, kann in begrün­de­ten Aus­nah­me­fäl­len auch die der tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er ent­spre­chen­de AfA vor­ge­nom­men wer­den. Als Nut­zungs­dau­er gilt der Zeit­raum, in dem ein Gebäu­de vor­aus­sicht­lich sei­ner Zweck­be­stim­mung ent­spre­chend genutzt wer­den kann. Ob eine kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er zugrun­de gelegt wer­den kann, beur­teilt sich nach den Ver­hält­nis­sen des Ein­zel­falls.

  • Recht­fer­ti­gungs­grün­de: Für die Bemes­sung der Gebäu­de-AfA nach der kür­ze­ren tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er bedarf es einer kon­kre­ten Recht­fer­ti­gung auf Grund der objek­ti­ven Gege­ben­hei­ten. Ent­schei­dend ist, ob das Gebäu­de vor Ablauf des regu­lä­ren AfA-Zeit­raums objek­tiv betrach­tet tech­nisch oder wirt­schaft­lich ver­braucht ist. Der Bestim­mung der kür­ze­ren tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er ist eine an der größt­mög­li­chen Wahr­schein­lich­keit ori­en­tier­te Schät­zung zu Grun­de zu legen. Dabei fin­den alle vom Eigen­tü­mer dar­zu­le­gen­den tech­ni­schen und wirt­schaft­li­chen Umstän­de des betref­fen­den Gebäu­des Berück­sich­ti­gung.

  • Mit­wir­kungs­pflicht: Bei der Glaub­haft­ma­chung der kür­ze­ren tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er sind die Eigen­tü­mer in erhöh­tem Maße zur Mit­wir­kung ver­pflich­tet, weil die bei der Schät­zung zu berück­sich­ti­gen­den Fak­to­ren im Ein­fluss- und Wis­sens­be­reich des Eigen­tü­mers lie­gen.

  • Maß­geb­li­che Kri­te­ri­en: Die zu schät­zen­de kür­ze­re Nut­zungs­dau­er wird durch bestimm­te Ein­fluss­fak­to­ren bestimmt. Dazu gehö­ren der tech­ni­sche Ver­schleiß, die wirt­schaft­li­che Ent­wer­tung sowie recht­li­che Gege­ben­hei­ten, wel­che die Nut­zungs­dau­er eines Gegen­stands begren­zen kön­nen.

  • Tech­ni­scher Ver­schleiß: Aus­gangs­punkt für die Beur­tei­lung des tech­ni­schen Ver­schlei­ßes ist die Nut­zungs­dau­er der Trag­struk­tur des Bau­werks (Dach­kon­struk­ti­on, tra­gen­de Wän­de, Geschoss­de­cken und Fun­da­ment) als Haupt­be­stand­teil des Gebäu­des. Für die Annah­me einer kür­ze­ren tech­ni­schen Nut­zungs­dau­er genügt es nicht, dass ledig­lich ein­zel­ne Tei­le des Gebäu­des zur Erneue­rung anste­hen. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Auf­wand zu einer wesent­li­chen Ver­bes­se­rung des Gebäu­des führt und steu­er­lich den Her­stel­lungs­kos­ten zuzu­rech­nen ist. Erfor­der­lich ist statt­des­sen, dass durch tech­ni­schen Ver­schleiß der tra­gen­den Tei­le das Gebäu­de in sei­ner Gesamt­heit beein­träch­tigt ist.

  • Wirt­schaft­li­che Ent­wer­tung: Eine mit wirt­schaft­li­cher Ent­wer­tung begrün­de­te kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er kann der AfA nur zugrun­de gelegt wer­den, wenn das Gebäu­de vor Ablauf der tech­ni­schen Nut­zungs­dau­er objek­tiv wirt­schaft­lich ver­braucht ist, wenn also die Mög­lich­keit einer wirt­schaft­lich sinn­vol­len ander­wei­ti­gen Nut­zung oder Ver­wer­tung end­gül­tig ent­fal­len ist.

  • Abbruch­ab­sicht: Die Absicht, ein noch genutz­tes Gebäu­de abzu­bre­chen oder zu ver­äu­ßern, recht­fer­tigt für sich genom­men kei­ne kür­ze­re Nut­zungs­dau­er des Gebäu­des. Eine Ver­kür­zung der Nut­zungs­dau­er kommt erst dann in Fra­ge, wenn die Abbruch­vor­be­rei­tun­gen soweit gedie­hen sind, dass die wei­te­re Nut­zung in der bis­he­ri­gen oder einer ande­ren Wei­se so gut wie aus­ge­schlos­sen ist. Die der tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er ent­spre­chen­de AfA kann erst vor­ge­nom­men wer­den, wenn der Zeit­punkt der Nut­zungs­be­en­di­gung des Gebäu­des fest steht.

  • Betriebs­ge­bäu­de: Für bestimm­te betrieb­lich genutz­te Gebäu­de kann eine kür­ze­re Nut­zungs­dau­er ange­nom­men wer­den, ohne dass hier­für eine geson­der­te Nach­weis­pflicht besteht. Aus der amt­li­chen AfA-Tabel­le kann sich bei­spiels­wei­se für Hal­len in Leicht­bau­wei­se, Stäl­le und Schup­pen je nach Bau­wei­se und Nut­zung eine kür­ze­re Nut­zungs­dau­er erge­ben. Nur wer eine von den AfA-Tabel­len abwei­chen­de Nut­zungs­dau­er gel­tend macht, muss sub­stan­ti­ier­te Grün­de vor­brin­gen.

  • Mus­ter- und Fer­tig­häu­ser: Auch die Abschrei­bung von Mus­ter­häu­sern erfolgt in der Regel nach den regu­lä­ren gesetz­li­chen Vor­ga­ben. Für eine kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er ist auch der Zeit­raum einer vor­aus­sicht­li­chen Anschluss­nut­zung als Wohn­ge­bäu­de nach dem Aus­schei­den aus dem Betrieb ein­zu­be­zie­hen. Das gilt auch für auf frem­dem Grund und Boden errich­te­te Fer­tig­häu­ser, die zum Zwe­cke der Ver­äu­ße­rung demon­tiert und andern­orts wie­der­auf­ge­baut wer­den müs­sen.

  • Nach­weis­me­tho­den: Der Nach­weis einer kür­ze­ren tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er ist durch Vor­la­ge eines Gut­ach­tens eines öffent­lich bestell­ten und ver­ei­dig­ten Sach­ver­stän­di­gen für die Bewer­tung von Grund­stü­cken oder eines zer­ti­fi­zier­ten Sach­ver­stän­di­gen oder Gut­ach­ters für die Wert­ermitt­lung von Grund­stü­cken zu erbrin­gen. Im Rah­men des Nach­wei­ses ist der Zustand des Gebäu­des (Trag­struk­tur des Bau­werks) dar­zu­stel­len und begrün­det dar­zu­le­gen, wes­halb am Ende der gel­tend gemach­ten Nut­zungs­dau­er vor­aus­sicht­lich kei­ne wirt­schaft­lich sinn­vol­le Nach­fol­ge­nut­zung mehr mög­lich ist und kein Rest­wert mehr vor­han­den ist. Ein Bau­sub­stanz­gut­ach­ten ist nicht zwin­gend erfor­der­lich, kann aber hilf­rei­che Anhalts­punk­te zur Beur­tei­lung des Ein­zel­falls ent­hal­ten. Die blo­ße Über­nah­me der Rest­nut­zungs­dau­er aus einem Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten ist nicht als Nach­weis geeig­net. Der Gut­ach­ten­zweck muss sich aus­drück­lich auf den Nach­weis einer kür­ze­ren tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er rich­ten und zwin­gend die maß­geb­li­chen Fak­to­ren hier­für berück­sich­ti­gen. Dabei ist auch eine mög­li­che Nach­fol­ge­nut­zung des Gebäu­des und deren Aus­wir­kung auf die Nut­zungs­dau­er zu berück­sich­ti­gen.