Weitergabe von Betriebsvermögen nach der Erbschaftsteuerreform

Mit der Erbschaftsteuerreform haben sich sowohl die Bewertung von als auch die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen geändert.

Zunächst ver­ein­heit­licht die Erb­schaft­steu­er­re­form die Bewer­tung des Betriebs­ver­mö­gens. Bis­her hat­ten meist Ein­zel­un­ter­neh­mer und Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten einen steu­er­li­chen Vor­teil, weil bei ihnen die Bewer­tung nach den Steu­er­bi­lanz­wer­ten erfolg­te. Bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten war dage­gen deren rea­ler Wert zu ermit­teln.

Im neu­en Bewer­tungs­recht ori­en­tiert sich die Bewer­tung dage­gen am bis­he­ri­gen Ver­fah­ren für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten: Ziel ist immer der rea­le (gemei­ne) Wert des Unter­neh­mens- unab­hän­gig von der Rechts­form. Ist das Unter­neh­men bör­sen­no­tiert — was eher die Aus­nah­me als die Regel sein dürf­te — gilt auch wei­ter­hin der Bör­sen­kurs als Grund­la­ge für die Wert­ermitt­lung. In allen ande­ren Fäl­len soll der Wert aus dem Ver­kaufs­preis ver­gleich­ba­rer Unter­neh­men abge­lei­tet wer­den, die inner­halb eines Jah­res vor dem Besteue­rungs­zeit­punkt an frem­de Drit­te ver­kauft wor­den sind.

Wenn die­ser Ver­gleich nicht mög­lich ist, weil kei­ne Ver­gleichs­da­ten ver­füg­bar sind, muss der Wert des Betriebs­ver­mö­gens mit einer aner­kann­ten Bewer­tungs­me­tho­de bestimmt wer­den. Die Metho­de kann der Steu­er­pflich­ti­ge wäh­len, sofern sie für den jewei­li­gen Unter­neh­mens­typ üblich und geeig­net ist. Das Gesetz sieht als vor­ran­gi­ge Bewer­tungs­me­tho­de das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren vor.

Die­sem Ver­fah­ren liegt die Über­le­gung zugrun­de, wel­ches Kapi­tal ein Inves­tor ein­set­zen müss­te, um aus sei­nem Invest­ment eine dem Unter­neh­mens­er­trag ver­gleich­ba­re Ren­di­te zu erzie­len. Dazu wird zunächst der nach­hal­tig erziel­ba­re Jah­res­er­trag aus dem Durch­schnitt der um Son­der­ef­fek­te berei­nig­ten Betriebs­er­geb­nis­se in den letz­ten drei Jah­ren berech­net. Das Ergeb­nis ist dann mit einem Kapi­ta­li­sie­rungs­fak­tor zu mul­ti­pli­zie­ren, der sich aus einem jähr­lich neu fest­ge­leg­ten Basis­zins­satz und einem fes­ten Risi­ko­zu­schlag von 4,5 % ablei­tet. Für das Jahr 2009 wur­de der Basis­zins­satz auf 3,61 % fest­ge­legt. Der Kapi­ta­li­sie­rungs­fak­tor beträgt damit in die­sem Jahr 1 : (3,61 % + 4,5 %) = 12,33. Aus einem nach die­ser Metho­de bestimm­ten Jah­res­er­geb­nis von bei­spiels­wei­se 100.000 Euro wür­de also ein zu ver­steu­ern­der Unter­neh­mens­wert von 1.233.000 Euro fol­gen.

Der fes­te Risi­ko­zu­schlag von 4,5 % ist wäh­rend des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens immer wie­der kri­ti­siert wor­den. Damit ist das Ertrags­wert­ver­fah­ren aber ten­den­zi­ell für wenig risi­ko­be­haf­te­te Unter­neh­men von Vor­teil, weil sich für sie ein nied­ri­ge­rer Wert ergibt, als das bei einer Bewer­tungs­me­tho­de mit ange­mes­se­ner Risi­ko­be­wer­tung der Fall ist. Außer­dem pro­fi­tie­ren Unter­neh­men mit hohen Wachs­tums­ra­ten, weil nur Jah­res­er­trä­ge aus der Ver­gan­gen­heit für die Bewer­tung her­an­ge­zo­gen wer­den.

Bestimm­te Tei­le des Betriebs­ver­mö­gens sind aber sepa­rat zu bewer­ten und damit nicht in dem Wert ent­hal­ten, der sich aus dem Ertrags­wert­ver­fah­ren ergibt. Dazu zäh­len vor allem Unter­be­tei­li­gun­gen, Ein­la­gen in den letz­ten bei­den Jah­ren vor dem Ver­mö­gens­über­gang und nicht betriebs­not­wen­di­ges Ver­mö­gen. Als nicht betriebs­not­wen­dig defi­niert das Gesetz die Wirt­schafts­gü­ter, die aus dem Unter­neh­men her­aus­ge­löst wer­den kön­nen, ohne die Unter­neh­mens­tä­tig­keit zu beein­träch­ti­gen. Auf die­se Ver­mö­gens­tei­le ent­fal­len­de Erträ­ge und Auf­wen­dun­gen wer­den natür­lich vor­her aus dem Jah­res­er­geb­nis her­aus­ge­rech­net.

Unab­hän­gig davon, wel­che Bewer­tungs­me­tho­de letzt­lich zur Anwen­dung kommt, legt das Gesetz den Sub­stanz­wert des Unter­neh­mens, also die Dif­fe­renz zwi­schen dem gemei­nen Wert der Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de und den Schul­den, als Unter­gren­ze für den Wert des Betriebs­ver­mö­gens fest. Für das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren gilt außer­dem die Ein­schrän­kung, dass es nur dann zur Anwen­dung kom­men darf, wenn es nicht zu offen­sicht­lich unzu­tref­fen­den Ergeb­nis­sen führt. Wann das der Fall ist, erklärt das Gesetz aller­dings nicht, und damit ist für reich­lich Dis­kus­si­ons­stoff zwi­schen Steu­er­zah­lern und Finanz­ver­wal­tung gesorgt.

Ist die Bewer­tung abge­schlos­sen, dann kom­men die Begüns­ti­gungs­re­ge­lun­gen für das Betriebs­ver­mö­gen zum Tra­gen. Für Klein­be­trie­be gibt es zunächst einen Abzugs­be­trag von 150.000 Euro. Dies ist kein Frei­be­trag wie bis­her, son­dern eine Art Frei­gren­ze, die sich aller­dings um die Hälf­te des Betrags redu­ziert, um den der Wert den Abzugs­be­trag über­steigt. Betriebs­ver­mö­gen bis 150.000 Euro ist also kom­plett steu­er­frei. Bei 300.000 Euro Betriebs­ver­mö­gen ist noch ein Anteil von 75.000 Euro steu­er­frei. Und bei 450.000 Euro fällt der Abzugs­be­trag kom­plett weg, denn der Abzugs­be­trag wird um 300.000 Euro über­schrit­ten, wovon die Hälf­te, also 150.000 Euro, wie­der­um den Abzugs­be­trag redu­ziert.

Hin­zu kom­men die Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen für Betriebs­ver­mö­gen, die aller­dings an bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen gebun­den sind. Der Erbe hat die Wahl zwi­schen der Regel­ver­scho­nung von 85 % und einer Ver­scho­nungs­op­ti­on von 100 % des Betriebs­ver­mö­gens. Die Ent­schei­dung für die mit stren­ge­ren Restrik­tio­nen ver­bun­de­ne Opti­ons­re­ge­lung muss der Erbe zu Beginn tref­fen. Die­se Ent­schei­dung ist unwi­der­ruf­lich. Damit Antei­le an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten begüns­tigt wer­den, muss die Betei­li­gungs­quo­te mehr als 25 % betra­gen.

Vor­aus­set­zung für die Ver­scho­nung ist bei bei­den Model­len, dass die Arbeits­plät­ze im Betrieb über meh­re­re Jah­re fast unver­än­dert erhal­ten blei­ben. Das bedeu­tet, dass die Lohn­sum­me am Ende der Frist nicht unter einem Viel­fa­chen der Aus­gangs­lohn­sum­me lie­gen darf. Die Aus­gangs­lohn­sum­me berech­net sich aus dem Durch­schnitt der Lohn­sum­men der letz­ten fünf Jah­re vor dem Besteue­rungs­zeit­punkt. Außer­dem gilt die Lohn­sum­men­re­ge­lung nicht für Betrie­be mit bis zu zehn Arbeit­neh­mern.

Dass nur eine Lohn­sum­me für den Gesamt­zeit­raum gefor­dert wird, ermög­licht zwar, wäh­rend einer Kon­junk­tur­flau­te Per­so­nal abzu­bau­en. Aller­dings erzwin­gen die recht hohen Lohn­quo­ten dann eine Über­kom­pen­sa­ti­on zu einem spä­te­ren Zeit­punkt. Immer­hin ist für die Aus­gangs­lohn­sum­me kei­ne Tarif­lohn­in­de­xie­rung vor­ge­se­hen, sodass Lohn­er­hö­hun­gen bei zunächst unver­än­der­ter Arbeit­neh­mer­zahl ein gewis­ses Pols­ter für schlech­te Zei­ten auf­bau­en.

Wird die gefor­der­te Lohn­sum­me am Ende der jewei­li­gen Bin­dungs­frist unter­schrit­ten, dann redu­ziert sich die Ver­scho­nung im sel­ben Ver­hält­nis, in dem die Lohn­sum­me unter­schrit­ten wur­de. Ein Unter­schrei­ten der Lohn­sum­me um bei­spiels­wei­se 20 % führt also dazu, dass sich der Ver­scho­nungs­ab­schlag auf 68 % (0,8 x 85 %) bzw. 80 % (0,8 x 100 %) redu­ziert.

Eine wei­te­re Ein­schrän­kung ist die Behal­tens­frist von sie­ben (Regel­ver­scho­nung) oder zehn Jah­ren (Opti­ons­mo­dell). Steu­er­schäd­lich sind inner­halb die­ser Frist der teil­wei­se oder voll­stän­di­ge Ver­kauf oder die Auf­ga­be des Betriebs, Über­ent­nah­men (Ent­nah­men, die die Gewin­ne und Ein­la­gen um mehr als 150.000 Euro über­stei­gen) und die Über­füh­rung wesent­li­cher Betriebs­grund­la­gen ins Pri­vat­ver­mö­gen. Die Steu­er wird dann zeit­an­tei­lig berech­net: Bei einem steu­er­schäd­li­chen Ereig­nis nach der Hälf­te der Frist blei­ben also 36,43 % bzw. 50 % steu­er­frei. Der Ver­kauf wirkt sich nicht steu­er­schäd­lich aus, wenn der Ver­kaufs­er­lös inner­halb von sechs Mona­ten in neu­es Betriebs­ver­mö­gen inves­tiert wird.

Und noch eine Ein­schrän­kung ist vor­ge­se­hen: Das Betriebs­ver­mö­gen muss seit min­des­tens zwei Jah­ren im Betrieb sein, und der Anteil an Ver­wal­tungs­ver­mö­gen dar­an darf einen bestimm­ten Pro­zent­satz nicht über­stei­gen. Die Opti­on, Geld­ver­mö­gen, Wert­pa­pie­re und Immo­bi­li­en im Betriebs­ver­mö­gen zu par­ken, um von der güns­ti­ge­ren steu­er­li­chen Behand­lung zu pro­fi­tie­ren, ist also nur noch sehr ein­ge­schränkt mög­lich. Hier sind noch ein­mal die bei­den Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen im Über­blick:

  • Regel­ver­scho­nung: Behal­tens­frist von 7 Jah­ren mit Ver­scho­nung von 85 %, wenn die Lohn­sum­me 650 % der Aus­gangs­sum­me erreicht und das Ver­wal­tungs­ver­mö­gen maxi­mal 50 % beträgt.

  • Opti­ons­mo­dell: Behal­tens­frist von 10 Jah­ren mit Ver­scho­nung von 100 %, wenn die Lohn­sum­me 1.000 % der Aus­gangs­sum­me erreicht und das Ver­wal­tungs­ver­mö­gen maxi­mal 10 % beträgt.

Da die Ver­scho­nungs­re­ge­lung noch vor dem Abzugs­be­trag zur Anwen­dung kommt, ist auch bei der Regel­ver­scho­nung von nur 85 % Betriebs­ver­mö­gen bis zu einem Betrag von 1.000.000 Euro kom­plett steu­er­frei (850.000 Euro durch die Regel­ver­scho­nung, wei­te­re 150.000 Euro durch den Abzugs­be­trag). Der Abzugs­be­trag wirkt sich somit bei der Regel­ver­scho­nung bis zu einem Betriebs­ver­mö­gen von 3.000.000 Euro aus. Hin­zu kom­men die per­sön­li­chen Frei­be­trä­ge, sodass bei­spiels­wei­se ein Kind nach der Regel­ver­scho­nung Betriebs­ver­mö­gen im Wert von rund 2.775.000 Euro kom­plett steu­er­frei erben kann, wenn der per­sön­li­che Frei­be­trag nicht durch ande­re Ver­mö­gens­wer­te auf­ge­braucht wird (Ver­scho­nung von 85 % = 2.358.750, Abzugs­be­trag von 16.875 Euro, per­sön­li­cher Frei­be­trag 400.000 Euro).