Mehrwertsteuerpaket: Ort einer Dienstleistung

Durch das Mehrwertsteuerpaket der EU erfolgen ab 2010 mehrere Umstellungen im deutschen Umsatzsteuerrecht.

Rund vier Jah­re hat die EU an wesent­li­chen Ände­run­gen im Mehr­wert­steu­er­sys­tem gebas­telt. Der deut­sche Gesetz­ge­ber hat die­se Ände­run­gen mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz 2009 in natio­na­les Recht umge­setzt. Wirk­sam wer­den die Ände­run­gen zwar erst zum 1. Janu­ar 2010, doch recht­zei­ti­ge Vor­be­rei­tung auf die Umstel­lung erspart spä­ter viel Ärger.

Die wei­test rei­chen­de Ände­rung im Mehr­wert­steu­er­pa­ket betrifft den Ort einer Dienst­leis­tung. Mit Aus­nah­men galt bis­her in der Regel der Sitz des leis­ten­den Unter­neh­mers als Ort der Leis­tungs­er­brin­gung. Nach der Umstel­lung gilt eine Zwei­tei­lung der Sys­te­ma­tik: Dienst­leis­tun­gen, die das Unter­neh­men für ein ande­res Unter­neh­men erbringt, wer­den dort besteu­ert, wo der Kun­de ansäs­sig ist — oder am Ort sei­ner vom Sitz abwei­chen­den Betriebs­stät­te, falls die Leis­tung an die­se erbracht wird. Dienst­leis­tun­gen an Ver­brau­cher wer­den nach wie vor an dem Ort besteu­ert, an dem der Dienst­leis­tungs­er­brin­ger ansäs­sig ist.

Wie bis­her wird die­se Sys­te­ma­tik aber wie­der von Aus­nah­men durch­lö­chert. Ger­ne bera­ten wir Sie, wenn Sie unsi­cher sind, wie die von Ihnen ange­bo­te­nen Leis­tun­gen zu behan­deln sind. Die wich­tigs­ten Aus­nah­men haben wir hier für Sie zusam­men­ge­stellt:

  • Grund­stücks­be­zo­ge­ne Leis­tun­gen: Es bleibt dabei, dass der Leis­tungs­ort der Ort des Grund­stücks ist. In die­se Kate­go­rie fal­len neben Beher­ber­gungs­leis­tun­gen und Ver­mie­tung auch Leis­tun­gen zur Errich­tung, Reno­vie­rung, Erhal­tung oder Rei­ni­gung von Gebäu­den.

  • Restau­rant- und Ver­pfle­gungs­dienst­leis­tun­gen: Unab­hän­gig davon, ob sie an Unter­neh­mer oder Ver­brau­cher erbracht wer­den, sind die­se Leis­tun­gen dort zu besteu­ern, wo sie tat­säch­lich erbracht wer­den. Für Leis­tun­gen an Bord eines Schiffs, Flug­zeugs oder Zugs ist der Ort der Abfahrt oder des Abflugs der Leis­tungs­ort.

  • Ver­mie­tung von Beför­de­rungs­mit­teln: Bei einer kurz­fris­ti­gen Ver­mie­tung (Was­ser­fahr­zeu­ge bis zu 90 Tage, alle ande­ren Fahr­zeu­ge bis zu 30 Tage) gilt der Ort, an dem das Fahr­zeug über­ge­ben wird, als Leis­tungs­ort, und zwar unab­hä­nig vom Unter­neh­mer- oder Ver­brau­cher­sta­tus des Kun­den. Die lang­fris­ti­ge Ver­mie­tung wird wie ande­re Dienst­leis­tun­gen besteu­ert, also in Abhän­gig­keit vom Sta­tus des Leis­tungs­emp­fän­gers.

  • Ver­an­stal­tun­gen: Ver­an­stal­tun­gen und damit zusam­men­hän­gen­de Dienst­leis­tun­gen in den Berei­chen Kul­tur, Sport, Unter­hal­tung, Wis­sen­schaft und Unter­richt wer­den 2010 am Tätig­keits­ort besteu­ert. Ab 2011 gel­ten wie­der ande­re Regeln. Unter das Prin­zip “Tätig­keits­ort = Leis­tungs­ort” fal­len auch Arbei­ten an beweg­li­chen Gegen­stän­den sowie deren Begut­ach­tung, soweit die Leis­tung an einen Nicht­un­ter­neh­mer erfolgt.

  • Per­so­nen­be­för­de­rung: Der Sta­tus des Kun­den ist uner­heb­lich, ent­schei­dend ist wie bis­her die Beför­de­rungs­stre­cke.

  • Güter­be­för­de­rung: Beför­de­run­gen für Unter­neh­men unter­lie­gen ohne Beson­der­hei­ten dem neu­en Recht. Bei einer inner­ge­mein­schaft­li­chen Beför­de­rung im Auf­trag eines Ver­brau­chers gilt der Aus­gangs­ort als Leis­tungs­ort. Erfolgt die Beför­de­rung in einen Nicht-EU-Staat, gilt der Stre­cken­tei­lungs­grund­satz.

  • Ver­mitt­lung: Ver­mitt­lungs­leis­tun­gen an Nicht­un­ter­neh­mer wer­den dort erbracht, wo der ver­mit­tel­te Umsatz erfolgt.

  • Kata­log­leis­tun­gen: Die soge­nann­ten Kata­log­leis­tun­gen an einen Ver­brau­cher außer­halb der EU gel­ten wei­ter als am Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halts­ort des Emp­fän­gers als bewirkt.

  • Elek­tro­ni­sche Leis­tun­gen: Der Leis­tungs­ort für auf elek­tro­ni­schem Weg erbrach­te Dienst­leis­tun­gen aus einem Nicht-EU-Staat an einen Ver­brau­cher in der EU ist wei­ter­hin der Wohn­sitz oder gewöhn­li­che Auf­ent­halts­ort des Emp­fän­gers.

Damit die Ver­la­ge­rung des Leis­tungs­orts greift, muss der Emp­fän­ger Unter­neh­mer sein. Auf der siche­ren Sei­te ist der Leis­tungs­er­brin­ger immer dann, wenn der Kun­de eine USt­IdNr ver­wen­det. Um vor Steu­er­nach­for­de­run­gen geschützt zu sein, soll­te der Leis­tungs­er­brin­ger die USt­IdNr. nicht nur doku­men­tie­ren, son­dern auch beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern veri­fi­zie­ren las­sen.

Schwie­ri­ger wird der Nach­weis bei Unter­neh­men aus Nicht-EU-Staa­ten. Hier muss die Finanz­ver­wal­tung noch erklä­ren, wie in der Pra­xis zu ver­fah­ren ist. Wie bei gro­ßen Ände­run­gen üblich wird sich das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um in einem Ein­füh­rungs­schrei­ben zu den Vor­stel­lun­gen der Finanz­ver­wal­tung äußern. Bis­her liegt die­ses Schrei­ben noch nicht vor. Klar ist nur, dass noch die­ses Jahr damit zu rech­nen ist. Auch klei­ne­re Kor­rek­tu­ren im Gesetzt sind nicht aus­ge­schlos­sen. Wir infor­mie­ren Sie, sobald es Neu­es gibt.

Ein ande­res Bei­spiel für die noch unge­klär­ten Fra­gen sind Leis­tun­gen an einen Unter­neh­mer für des­sen nicht­un­ter­neh­me­ri­schen Bereich: Dem Euro­päi­schen Gerichts­hof genügt es, dass der Leis­tungs­emp­fän­ger als Unter­neh­mer auf­tritt. Schon aus Prak­ti­ka­bi­li­täts­grün­den kann man dem Leis­tungs­er­brin­ger kaum zumu­ten, her­aus­zu­fin­den, zu wel­chem Zweck der Leis­tungs­emp­fän­ger die Leis­tung bezieht. In der deut­schen Geset­zes­for­mu­lie­rung fin­det sich das so aber nicht wie­der. Es gilt also: Fort­set­zung folgt!