Fallbeilregelung beim Kindergeld

Die Fallbeilregelung beim Jahresgrenzbetrag für die Einkünfte des Kindes ist verfassungsgemäß.

Für ein voll­jäh­ri­ges Kind gibt es nur dann Kin­der­geld, wenn die Ein­künf­te des Kin­des einen bestimm­ten Betrag nicht über­schrei­ten. Bis 2009 lag die­ser Jah­res­grenz­be­trag bei 7.680 Euro, seit 2010 sind es 8.004 Euro. Wird der Grenz­be­trag auch nur um einen Euro über­schrit­ten, ent­fällt der kom­plet­te Kin­der­geld­an­spruch. Die­se Fall­beil­re­ge­lung war immer wie­der Gegen­stand gericht­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Fami­li­en­kas­sen und dem Finanz­amt.

Nun hat sich end­lich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt der Fra­ge ange­nom­men, nach­dem es die letz­te Ver­fas­sungs­be­schwer­de zu die­sem The­ma noch ohne Begrün­dung zurück­ge­wie­sen hat­te. Geklagt hat­te der Vater eines Soh­nes, des­sen Ein­künf­te den Jah­res­grenz­be­trag um 4,34 Euro über­schrit­ten. Lei­der ist auch die neu­es­te Ent­schei­dung nicht im Sin­ne der Fami­li­en aus­ge­fal­len: Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wegen man­geln­der Erfolgs­aus­sich­ten nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men. Anders als bis­her haben die Ver­fas­sungs­rich­ter ihren Beschluss dies­mal aber immer­hin begrün­det.

Die­se Begrün­dung ist aber zugleich über­ra­schend und ent­täu­schend, denn es sind nicht etwa eher­ne Ver­fas­sungs­grund­sät­ze, die die Rich­ter zur Begrün­dung her­an­zie­hen, son­dern schnö­de Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung. Zwin­gend steu­er­frei blei­ben müs­se nur das Exis­tenz­mi­ni­mum. Es sei daher nicht zu bean­stan­den, wenn der Gesetz­ge­ber die Gewäh­rung des Kin­der­gelds davon abhän­gig macht, dass das Exis­tenz­mi­ni­mum des Kin­des nicht durch eige­ne Ein­künf­te und Bezü­ge gedeckt ist. Jen­seits des Exis­tenz­mi­ni­mums darf der Gesetz­ge­ber dann von sei­ner Typi­sie­rungs- und Pau­scha­lie­rungs­be­fug­nis Gebrauch machen.

Wört­lich heißt es in dem Beschluss: “Die­se Rege­lung ver­ein­facht den Voll­zug der betrof­fe­nen Norm durch die Finanz­ver­wal­tung erheb­lich. Bei einer glei­ten­den Über­gangs­re­ge­lung durch einen Frei­be­trag ergä­be sich näm­lich ein erheb­li­cher Ver­wal­tungs­mehr­auf­wand, da bei Ein­künf­ten und Bezü­gen des Kin­des über dem Grenz­be­trag jeweils deren genaue Höhe fest­ge­stellt und bei der Berech­nung des ver­blei­ben­den Kin­der­geld­an­spruchs der Eltern mit deren indi­vi­du­el­len Steu­er­satz umge­rech­net wer­den müss­te.”

Über­zeu­gend ist die­se Begrün­dung nicht, denn die Höhe der Ein­künf­te des Kin­des muss die Finanz­ver­wal­tung ohne­hin ermit­teln, wenn sie prüft, ob der Jah­res­grenz­be­trag über­schrit­ten wur­de. Die Berech­nung des ver­blei­ben­den Kin­der­geld­an­spruchs wür­de ohne­hin auto­ma­ti­siert erfol­gen. Dass man aus­ge­rech­net beim Kin­der­geld anfängt, das Steu­er­recht zu ver­ein­fa­chen, und dann noch in einer Form, die gar kei­ne ech­te Ver­ein­fa­chung bedeu­tet, ist betrüb­lich.

Ent­spre­chen­de Ein­sprü­che gegen Ableh­nungs­be­schei­de, die bis­her auf­grund des Ver­fah­rens beim Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ruh­ten, wird die Finanz­ver­wal­tung sicher bald per All­ge­mein­ver­fü­gung zurück­wei­sen. So lan­ge haben die betrof­fe­nen Fami­li­en noch Zeit, zu prü­fen, ob even­tu­ell auf ande­rem Wege ein Unter­schrei­ten des Grenz­be­trags erreicht wer­den kann, zum Bei­spiel durch den Nach­weis wei­te­rer Wer­bungs­kos­ten.