Solidaritätszuschlag bleibt vorerst bestehen

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts zum Solidaritätszuschlag abgelehnt.

Gespannt haben Steu­er­zah­ler und Poli­tik auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zur Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des Soli­da­ri­täts­zu­schlags gewar­tet. Was das Gericht im Sep­tem­ber der Öffent­lich­keit prä­sen­tiert hat, ist daher eher ent­täu­schend. Denn anstatt die Fra­ge nach der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des Solis end­lich und end­gül­tig zu beant­wor­ten, haben es die Ver­fas­sungs­rich­ter vor­ge­zo­gen, ihren Kol­le­gen aus Nie­der­sach­sen einen Rüf­fel zu ertei­len.

Das Finanz­ge­richt Nie­der­sach­sen hat­te näm­lich Ende letz­ten Jah­res das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ange­ru­fen und dabei aus­führ­lich begrün­det, war­um es den Soli­da­ri­täts­zu­schlag zumin­dest ab 2007 für ver­fas­sungs­wid­rig hält. Den Ver­fas­sungs­rich­tern war die­se Begrün­dung trotz­dem nicht aus­führ­lich genug: Das Finanz­ge­richt müs­se sich mit allen nahe lie­gen­den tat­säch­li­chen Grün­den und recht­li­chen Gesichts­punk­ten befas­sen, gege­be­nen­falls die Erwä­gun­gen des Gesetz­ge­bers berück­sich­ti­gen und sich mit in Lite­ra­tur und Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Rechts­auf­fas­sun­gen aus­ein­an­der­set­zen.

Weil das hier nicht der Fall sei, ist die Vor­la­ge an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt unzu­läs­sig und wur­de daher zurück­ge­wie­sen. Die Ver­fas­sungs­rich­ter ver­wei­sen in ihrer Begrün­dung auf eine 40 Jah­re alte Ent­schei­dung, in der es bereits ein­mal um eine Ergän­zungs­ab­ga­be ging, und wider­spre­chen dem Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­richt in zwei Punk­ten:

  1. Eine zeit­li­che Befris­tung gehört nicht zwin­gend zum Wesen einer Ergän­zungs­ab­ga­be. Dass der Soli­da­ri­täts­zu­schlag seit 1995 unbe­fris­tet erho­ben wird und damit zu einer Dau­er­steu­er gewor­den ist, führt also nicht zu sei­ner Ver­fas­sungs­wid­rig­keit.

  2. Auch dass statt der Sen­kung des Steu­er­sat­zes zuerst der Soli hät­te ent­fal­len müs­sen, lässt das Ver­fas­sungs­ge­richt nicht gel­ten. Das Finanz­ge­richt hät­te beden­ken müs­sen, dass mit der Sen­kung der Steu­er­sät­ze eine Ver­brei­te­rung der Bemes­sungs­grund­la­ge ein­her­ging, die zu zahl­rei­chen Ein­schrän­kun­gen des Betriebs­aus­ga­ben- und Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs und somit zu einer Erhö­hung der Steu­er­last führ­te.

Schon in der Ver­gan­gen­heit hat sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt mehr­fach gewei­gert, zur Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des Solis klar Stel­lung zu bezie­hen, und auch die neue Ent­schei­dung ist unbe­frie­di­gend. For­mal­ju­ris­tisch mag sie kor­rekt sein, aber dem Rechts­frie­den dien­lich ist sie nicht wirk­lich, denn über kurz oder lang wird das The­ma wie­der beim Ver­fas­sungs­ge­richt lan­den.

Kurz­fris­tig hat die Ent­schei­dung noch kei­ne Aus­wir­kun­gen, denn auch beim Bun­des­fi­nanz­hof sind noch meh­re­re Ver­fah­ren anhän­gig, die sich auf den Soli­da­ri­täts­zu­schlag bezie­hen, sodass die Vor­aus­set­zun­gen für eine vor­läu­fi­ge Fest­set­zung bezie­hungs­wei­se eine Ver­fah­rens­ru­he wei­ter gege­ben sind. Doch der Bun­des­fi­nanz­hof wird mit Blick auf das Ver­fas­sungs­ge­richt die­se Kla­gen nun vor­aus­sicht­lich zurück­wei­sen, womit der Soli solan­ge bestehen bleibt, bis wie­der ein Finanz­ge­richt den Mut auf­bringt, einen neu­en Nor­men­kon­troll­an­trag beim Ver­fas­sungs­ge­richt zu stel­len.