Jahressteuergesetz 2010 ist verabschiedet

Das Jahressteuergesetz 2010 enthält neben reinen Korrektur- und Reparaturmaßnahmen der Gesetzestexte auch eine ganze Reihe von Änderungen, die praktische Bedeutung haben.

Am 28. Okto­ber 2010 hat der Bun­des­tag das Jah­res­steu­er­ge­setz 2010 beschlos­sen, einen knap­pen Monat spä­ter, näm­lich am 26. Novem­ber, hat auch der Bun­des­rat zuge­stimmt. Gegen­über dem Regie­rungs­ent­wurf vom Som­mer hat es dabei knapp 40 Ände­run­gen gege­ben. Es sind unter ande­rem unlieb­sa­me Ent­schei­dun­gen des Bun­des­fi­nanz­hofs, die die Finanz­ver­wal­tung nun per Geset­zes­än­de­rung wie­der aus­he­beln will. Mit der Ver­kün­dung des Geset­zes und damit mit dem Inkraft­tre­ten des Geset­zes ist Mit­te Dezem­ber zu rech­nen.

Die Jah­res­steu­er­ge­set­ze sind Omni­bus­ge­set­ze, die eine Viel­zahl ver­schie­de­ner Geset­zes­än­de­run­gen zusam­men­fas­sen, und mit 51 Sei­ten rei­nem Geset­zes­text — mit Begrün­dung sind es sogar mehr als 200 Sei­ten — gehört der Gesetz­ent­wurf für das Jah­res­steu­er­ge­setz 2010 zu den umfang­reichs­ten Steu­er­ge­set­zen der letz­ten Jah­re. Ein Groß­teil des Geset­zes ent­fällt dabei auf Klar­stel­lun­gen, Kor­rek­tu­ren feh­ler­haf­ter Ver­wei­se und Repa­ra­tu­ren an den Vor­schrif­ten zur Abgel­tungs­teu­er, steu­er­lich geför­der­ter Alters­vor­sor­ge und dem Lohn­steu­er­ab­zug.

In den rund 180 Ver­än­de­run­gen an ver­schie­de­nen Steu­er­ge­set­zen fin­den sich jedoch auch durch­aus bedeut­sa­me Ände­run­gen. Eini­ge beson­ders wich­ti­ge Ände­run­gen, die auch für die Steu­er­pla­nung zum Jah­res­en­de noch rele­vant sind, haben wir hier für Sie zusam­men­ge­stellt. Eine umfas­sen­de­re Dar­stel­lung folgt in der Ände­rungs­über­sicht zum Jah­res­wech­sel.

  • Hand­wer­k­erleis­tun­gen: Von der Steu­er­ermä­ßi­gung für Hand­wer­k­erleis­tun­gen sol­len ab 2011 öffent­lich geför­der­te Maß­nah­men aus­ge­nom­men wer­den. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se auch zins­ver­bil­lig­te Dar­le­hen im Rah­men eines KfW-För­der­pro­gramms. Der Aus­schluss gilt jedoch nur, wenn die För­de­rung auch tat­säch­lich in Anspruch genom­men wird.

  • Anti-See­ling-Rege­lung: Das See­ling-Modell ermög­licht es Unter­neh­mern, ein gemischt genutz­tes Gebäu­de kom­plett dem Betriebs­ver­mö­gen zuzu­ord­nen, den vol­len Vor­steu­er­ab­zug gel­tend zu machen und dann nur den Eigen­ver­brauch für den pri­vat genutz­ten Anteil zu ver­steu­ern. Geschaf­fen wur­de es durch ein Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs, das den Finanz­mi­nis­tern ver­ständ­li­cher­wei­se nicht behagt hat. Noch ist das See­ling-Modell anwend­bar, aller­dings nur für Immo­bi­li­en, für die bis zum 31. Dezem­ber 2010 der Bau­an­trag gestellt oder der Kauf­ver­trag abge­schlos­sen wur­de. Denn danach wird mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz die Anti-See­ling-Rege­lung in deut­sches Recht umge­setzt, auf die sich die EU-Finanz­mi­nis­ter geei­nigt haben. Ab 2011 ist dann nur noch ein antei­li­ger Vor­steu­er­ab­zug mög­lich. Dafür wird die Mög­lich­keit einer Vor­steu­er­be­rich­ti­gung geschaf­fen, falls spä­ter eine Ände­rung der Nut­zungs­an­tei­le erfolgt.

  • Arbeits­zim­mer: Das Gesetz erfüllt die Vor­ga­be des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, nach der die Kos­ten für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer zumin­dest dann wie­der steu­er­lich abzugs­fä­hig sein müs­sen, wenn kein ande­rer Arbeits­platz zur Ver­fü­gung steht. Es bleibt bei der frü­he­ren Abzugs­gren­ze von 1.250 Euro pro Jahr. Wie erwar­tet wur­de der Fall, dass die Nut­zung des Arbeits­zim­mers mehr als 50 % der beruf­li­chen Tätig­keit aus­macht, jedoch nicht wie­der zum Steu­er­ab­zug zuge­las­sen. Noch anhän­gi­ge Ein­sprü­che, die sich auf die­se Begrün­dung stüt­zen, wird das Finanz­amt daher bald zurück­wei­sen. Wer also Nach­zah­lungs­zin­sen spa­ren will, nimmt den Ein­spruch schon jetzt zurück.

  • Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te: Um ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs aus­zu­he­beln, will das Minis­te­ri­um gesetz­lich fest­schrei­ben, dass die Ver­äu­ße­rung von Gegen­stän­den des täg­li­chen Gebrauchs nicht steu­er­bar ist. Bis­her war es näm­lich mög­lich, Ver­lus­te aus sol­chen Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­ten — zum Bei­spiel der Kauf eines Neu­wa­gens und der anschlie­ßen­de Ver­kauf mit Ver­lust als Gebraucht­wa­gen — mit ande­ren Kapi­tal­erträ­gen zu ver­rech­nen. Betrof­fen sind alle Gebrauchs­gü­ter, die ab dem Tag der Ver­kün­dung des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2010 ange­schafft wer­den.

  • Erstat­tungs­zin­sen: Lei­der will sich die Finanz­ver­wal­tung mit einer erfreu­li­chen Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs, die die Steu­er­pflicht auf Erstat­tungs­zin­sen größ­ten­teils auf­hebt, nicht abfin­den. Mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz 2010 soll die Steu­er­pflicht von Erstat­tungs­zin­sen aus­drück­lich fest­ge­schrie­ben wer­den, wäh­rend Nach­zah­lungs­zin­sen wei­ter­hin nicht abzieh­bar sind. Die­se Ände­rung soll dann rück­wir­kend für alle noch offe­nen Fäl­le gel­ten. Die Finanz­ver­wal­tung bezeich­net die­se Ände­rung ledig­lich als “gesetz­li­che Klar­stel­lung”.

  • Ver­wal­tungs­ver­mö­gen: Im Regie­rungs­ent­wurf des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2010 war noch vor­ge­se­hen, den stren­gen Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­test (maxi­mal 10 % des Betriebs­ver­mö­gens) bei der Befrei­ung des Betriebs­ver­mö­gens von der Erb­schaft­steu­er aus­zu­wei­ten und auch auf Toch­ter­un­ter­neh­men anzu­wen­den. Damit wäre die Steu­er­be­frei­ung für den gan­zen Kon­zern weg­ge­fal­len, wenn auch nur eines der Unter­neh­men, an denen Betei­li­gun­gen gehal­ten wer­den, den Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­test nicht besteht. Die­se Ände­rung ist nun nicht mehr im Gesetz ent­hal­ten.

  • Lebens­part­ner: Neben einer Gleich­stel­lung von ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­nern mit Ehe­part­nern bei der Erb­schaft­steu­er gibt es auch bei der Grund­er­werb­steu­er eine Anglei­chung, denn auch hier wird der Lebens­part­ner wie der Ehe­part­ner von der Steu­er befreit, sofern der Immo­bi­li­en­kauf nach der Ver­kün­dung des Jah­res­steu­er­ge­set­zes erfolgt.

  • Fina­le Betriebs­auf­ga­be: Die Theo­rie der fina­len Betriebs­auf­ga­be, die der Bun­des­fi­nanz­hof vor zwei Jah­ren ver­wor­fen hat­te, wird nun rück­wir­kend im Gesetz fest­ge­schrie­ben. Dem­nach muss ein Unter­neh­mer, der sei­nen inlän­di­schen Betrieb ins Aus­land ver­legt und dort fort­führt, die im Betriebs­ver­mö­gen ange­sam­mel­ten stil­len Reser­ven — wie bei einer Betriebs­auf­ga­be — sofort auf­de­cken und ver­steu­ern.

  • Ver­sor­gungs­aus­gleich: Zur Bekämp­fung miss­bräuch­li­cher Gestal­tun­gen sind Aus­gleichs­zah­lun­gen im Rah­men des Ver­sor­gungs­aus­gleichs zukünf­tig nur noch dann als Son­der­aus­ga­ben abzugs­fä­hig, wenn der Emp­fän­ger unbe­schränkt steu­er­pflich­tig ist. Dafür kann dann auch ein Aus­gleich in Form von Kapi­tal­zah­lun­gen als Son­der­aus­ga­ben gel­tend gemacht wer­den und nicht nur eine Aus­gleichs­ren­te. Wei­te­re Ände­run­gen betref­fen die Anpas­sung an das Ver­sor­gungs­aus­gleichs­ge­setz.

  • Halb-/Teil­ab­zugs­ver­bot: Ein­künf­te aus Betei­li­gun­gen unter­lie­gen dem Halb- bzw. Teil­ein­kunfts­prin­zip, ent­spre­chen­de Ver­lus­te dem Halb- bzw. Teil­ab­zugs­ver­bot. Kommt es aller­dings gar nicht erst zu Ein­nah­men und die Betei­li­gung wird mit Ver­lust liqui­diert, sah der Bun­des­fi­nanz­hof kei­nen Grund für ein antei­li­ges Abzugs­ver­bot. Mehr­fach haben die Rich­ter zuguns­ten der Steu­er­zah­ler den vol­len Steu­er­ab­zug der Liqui­da­ti­ons­ver­lus­te zuge­las­sen. Einen Nicht­an­wen­dungs­er­lass für die­se Ent­schei­dun­gen vom Anfang des Jah­res hat die Finanz­ver­wal­tung im Som­mer wie­der auf­ge­ho­ben. Nun soll die Ver­wal­tungs­auf­fas­sung aber gesetz­lich ver­an­kert wer­den, wonach für die Anwen­dung des Halb- oder Teil­ab­zugs­ver­bots die Absicht zur Erzie­lung von Ein­nah­men bereits aus­reicht. Die­se Ände­rung gilt ab 2011, sodass ein Ver­kauf ertrag­lo­ser Antei­le in die­sem Jahr noch in vol­ler Höhe gel­tend gemacht wer­den kann.

  • Ver­lust­vor­trag: Der Bun­des­fi­nanz­hof hat­te in einem Urteil die Fest­stel­lung eines vor­trags­fä­hi­gen Ver­lus­tes von der Ände­rungs­mög­lich­keit der Steu­er­fest­set­zung im Ver­lust­jahr ent­kop­pelt. Die­ses Urteil ist der Finanz­ver­wal­tung ein Dorn im Auge. Daher soll der Erlass oder die Ände­rung eines Ver­lust­fest­stel­lungs­be­schei­des zukünf­tig nur noch dann wegen nach­träg­lich bekannt gewor­de­ner Tat­sa­chen mög­lich sein, wenn das Finanz­amt bei recht­zei­ti­ger Kennt­nis der Tat­sa­chen oder Beweis­mit­tel schon bei der ursprüng­li­chen Ver­an­la­gung mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit zur ent­spre­chen­den Fest­stel­lung eines vor­trags­fä­hi­gen Ver­lus­tes gelangt wäre. Die­se Ein­schrän­kung gilt erst­mals für Ver­lus­te, für die nach der Ver­kün­dung des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2010 eine Erklä­rung zur Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags abge­ge­ben wird. Eine ana­lo­ge Rege­lung gilt dann bei der Fest­stel­lung des Gewer­be­ver­lus­tes.