Abzug von Ausbildungskosten auf Umwegen

Ein teures Studium oder eine kostspielige Ausbildung zum Pilot lässt sich dank neuer Urteile zumindest auf Umwegen in voller Höhe steuerlich geltend machen.

Letz­tes Jahr hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof mit einer grund­le­gen­den Ände­rung sei­ner Recht­spre­chung vie­len Berufs­an­fän­gern die Hoff­nung auf den vol­len Steu­er­ab­zug ihrer Aus­bil­dungs­kos­ten gege­ben. Die­ses Urteil hat das Finanz­mi­nis­te­ri­um jedoch schnell wie­der durch eine Geset­zes­än­de­rung aus­ge­he­belt. Zumin­dest ab 2011 ist der Abzug eines Erst­stu­di­ums oder einer sons­ti­gen erst­ma­li­gen Berufs­aus­bil­dung damit eigent­lich aus­ge­schlos­sen.

Eigent­lich — denn sowohl der Bun­des­fi­nanz­hof als auch das Finanz­ge­richt Köln haben nun in zwei Urtei­len einen Weg auf­ge­zeigt, wie sich Berufs­an­fän­ger mit etwas zusätz­li­chem Auf­wand doch den steu­er­li­chen Abzug der teu­ren Aus­bil­dung für ihren Traum­be­ruf sichern kön­nen. Kurz gesagt tei­len die Gerich­te nicht die Auf­fas­sung der Finanz­äm­ter, dass die Erst­aus­bil­dung recht hoch gesteck­ten Min­dest­an­for­de­run­gen an die Dau­er oder eine Abschluss­prü­fung genü­gen soll.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat­te den Fall eines Berufs­pi­lo­ten vor­lie­gen, der die Kos­ten für sei­ne Aus­bil­dung in Höhe von rund 31.500 Euro als vor­weg­ge­nom­me­ne Wer­bungs­kos­ten gel­tend machen woll­te. Nach sei­nem Abitur hat­te der jun­ge Pilot zunächst den Zivil­dienst abge­leis­tet und dabei eine Aus­bil­dung zum Ret­tungs­sa­ni­tä­ter gemacht. Die­se Aus­bil­dung sah der Pilot als ers­te Berufs­aus­bil­dung an, womit die Pilo­ten­aus­bil­dung dann eine voll steu­er­lich berück­sich­ti­gungs­fä­hi­ge Zweit­aus­bil­dung wäre.

Die­ser Ansicht hat sich der Bun­des­fi­nanz­hof ange­schlos­sen: Im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz sei der Begriff der Berufs­aus­bil­dung nicht näher defi­niert. Damit setzt die ers­te Berufs­aus­bil­dung weder eine Leh­re noch ein Stu­di­um vor­aus. Eben­so wenig setzt die Berufs­aus­bil­dung ein Berufs­aus­bil­dungs­ver­hält­nis nach dem Berufs­bil­dungs­ge­setz oder eine Aus­bil­dungs­dau­er von min­des­tens zwei Jah­ren vor­aus, wie das Finanz­amt mein­te. Ent­schei­dend ist allein, ob die Aus­bil­dung den Berufs­an­fän­ger befä­higt, aus der ange­streb­ten Tätig­keit Ein­künf­te zu erzie­len.

Das trifft auf jeden Fall bei der Aus­bil­dung zum Ret­tungs­sa­ni­tä­ter zu, meint der Bun­des­fi­nanz­hof, denn schließ­lich wird die­ser Beruf regel­mä­ßig als Voll­erwerbs­tä­tig­keit aus­ge­übt und setzt eine mehr­mo­na­ti­ge, lan­des­recht­lich gere­gel­te Aus­bil­dung vor­aus. Auch spielt es ent­ge­gen der Mei­nung des Finanz­amts kei­ne Rol­le, dass in die­sem Fall die Aus­bil­dung wäh­rend der Zivil­dienst­zeit absol­viert und der Beruf auch nur wäh­rend die­ser Zeit aus­ge­übt wur­de.

Ähn­lich äußert sich das Finanz­ge­richt Köln, das über die Kla­ge einer Ste­war­dess und spä­te­ren Berufs­pi­lo­tin ent­schei­den muss­te. Die jun­ge Pilo­tin hat­te außer der betriebs­in­ter­nen Schu­lung für Flug­be­glei­ter bei einer Flug­ge­sell­schaft kei­nen staat­lich aner­kann­ten Aus­bil­dungs­be­ruf erlernt. Das Gericht meint aber anders als das Finanz­amt, dass eine Berufs­aus­bil­dung kei­ne Aus­bil­dung im Rah­men eines öffent­lich-recht­lich gere­gel­ten Aus­bil­dungs­gangs erfor­dert. Es genügt, dass eine Aus­bil­dung berufs­be­zo­gen ist und eine Vor­aus­set­zung für die spä­te­re Berufs­aus­übung ist.

Die­se Vor­aus­set­zung sieht das Gericht bei der Schu­lung zur Flug­be­glei­te­rin als erfüllt an, womit die Pilo­ten­aus­bil­dung als Zweit­aus­bil­dung gilt und voll abzugs­fä­hig ist. Die Revi­si­on des Urteils ist jetzt beim Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig, der sich ange­sichts des bereits ergan­ge­nen Prä­ze­denz­ur­teils im Fall des ehe­ma­li­gen Ret­tungs­sa­ni­tä­ters mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit der Sicht des Finanz­ge­richts anschlie­ßen wird.

Wer also bereit ist, vor sei­ner eigent­li­chen Berufs­aus­bil­dung zum Traum­be­ruf etwas Zeit in eine ver­gleichs­wei­se ein­fa­che Erst­aus­bil­dung zu inves­tie­ren, kann — soweit die­se Recht­spre­chung Bestand hat — sei­ne eigent­li­chen Aus­bil­dungs­kos­ten dann in vol­ler Höhe gel­tend machen. Ohne­hin sind die Erst­aus­bil­dun­gen aus die­sen bei­den Fäl­len sicher kei­ne schlech­te Vor­be­rei­tung auf zwei beson­ders teu­re Aus­bil­dungs­gän­ge, näm­lich ein Medi­zin­stu­di­um oder eben wie hier eine Pilo­ten­aus­bil­dung.

Lei­der haben die bei­den Urtei­le auch ihre Schat­ten­sei­te, denn die nied­ri­gen Anfor­de­run­gen an eine ers­te Berufs­aus­bil­dung wird die Finanz­ver­wal­tung dann natür­lich auch beim Fami­li­en­leis­tungs­aus­gleich anwen­den. Ab die­sem Jahr gibt es näm­lich für ein Kind nach dem Abschluss der ers­ten Berufs­aus­bil­dung für die wei­te­re Aus­bil­dungs­dau­er nur noch dann Kin­der­geld oder den Kin­der­frei­be­trag, wenn es kei­ner Erwerbs­tä­tig­keit nach­geht. Ein Mini­job, ein Aus­bil­dungs­dienst­ver­hält­nis oder ein Teil­zeit­job mit maxi­mal 20 Wochen­stun­den sind aller­dings unschäd­lich.

Unter­des­sen hat sich das Finanz­ge­richt Müns­ter als ers­tes Finanz­ge­richt mit der Geset­zes­än­de­rung aus dem letz­ten Jahr aus­ein­an­der­ge­setzt, die bereits rück­wir­kend ab dem Jahr 2004 gilt. Es ist aller­dings zwei­fel­haft, ob die rück­wir­ken­de Ände­rung über­haupt ver­fas­sungs­ge­mäß ist, weil hier eine eigent­lich unzu­läs­si­ge ech­te Rück­wir­kung vor­liegt. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts liegt eine ech­te Rück­wir­kung näm­lich dann vor, wenn sie auch für Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me gilt, die vor der Ver­kün­dung der Ände­rung bereits abge­schlos­sen sind.

Dass hier eine ech­te Rück­wir­kung vor­liegt, stellt auch das Finanz­ge­richt Müns­ter fest, aller­dings hält es die Rück­wir­kung in die­sem Fall aus­nahms­wei­se für ver­fas­sungs­ge­mäß. Das Gericht beruft sich dabei auf eine Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, nach der auch der Ver­trau­ens­schutz der Bür­ger den Gesetz­ge­ber nicht dar­an hin­dern kann, eine Rechts­la­ge rück­wir­kend fest­zu­schrei­ben, die vor einer Recht­spre­chungs­än­de­rung einer gefes­tig­ten Recht­spre­chung und ein­heit­li­chen Rechts­pra­xis ent­sprach. Auch die wei­te­ren Argu­men­te des Klä­gers — zum Bei­spiel der Hin­weis auf das objek­ti­ve Net­to­prin­zip — lie­ßen das Gericht unbe­ein­druckt.

Aller­dings hat das Gericht erwar­tungs­ge­mäß auch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen, der sich nun in der nächs­ten Instanz mit der rück­wir­ken­den Ände­rung befas­sen muss. Damit haben ande­re Berufs­an­fän­ger nun zumin­dest die Mög­lich­keit, für die Jah­re vor 2011 noch nach­träg­lich eine Steu­er­erklä­rung mit ihren Aus­bil­dungs­kos­ten beim Finanz­amt abzu­ge­ben und gegen die zu erwar­ten­de Ableh­nung der Ver­lust­fest­stel­lung Ein­spruch mit Hin­weis auf die­ses Ver­fah­ren ein­zu­le­gen. Das Ein­spruchs­ver­fah­ren ruht dann bis zu einer end­gül­ti­gen Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs oder sogar des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts.