Splittingtarif für eingetragene Lebenspartner?

Mehrere Finanzgerichte und Finanzämter gewähren wegen verfassungsrechtlicher Bedenken auch eingetragenen Lebenspartnern zumindest vorläufig den Splittingtarif.

Seit der Ein­füh­rung der ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­ner­schaft kommt immer wie­der die Fra­ge auf, ob den gleich­ge­schlecht­li­chen Lebens­part­nern nicht die glei­che steu­er­li­che Behand­lung zusteht wie Ehe­part­nern. Neue Nah­rung haben die Ver­fech­ter einer steu­er­li­chen Gleich­stel­lung in den letz­ten bei­den Jah­ren durch Urtei­le des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts und des Euro­päi­schen Gerichts­hofs erhal­ten. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt bei­spiels­wei­se hat­te fest­ge­stellt, dass die Schlech­ter­stel­lung ein­ge­tra­ge­ner Lebens­part­ner gegen­über Ehe­gat­ten bei der Erb­schaft- und Schen­kungsteu­er mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz nicht ver­ein­bar ist, was schon zu einer rück­wir­ken­den Geset­zes­än­de­rung geführt hat.

Mit die­sen Ent­schei­dun­gen im Rücken haben nun eini­ge Steu­er­zah­ler beim Finanz­amt den Split­ting­ta­rif auch für eine ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaft bean­tragt und sind natür­lich abge­wie­sen wor­den. Die dar­auf­hin geführ­ten Ver­fah­ren bei den Finanz­ge­rich­ten sind bis jetzt sehr unter­schied­lich aus­ge­gan­gen. Eini­ge Finanz­ge­rich­te sehen kla­re Anhalts­punk­te für eine Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der Schlech­ter­stel­lung eines Lebens­part­ners bei der Ein­kom­men­steu­er, ande­re Finanz­ge­rich­te haben kei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken. Die gan­ze Band­brei­te an Sicht­wei­sen hat momen­tan Baden-Würt­tem­berg zu bie­ten:

  • Der 12. Senat des Finanz­ge­richts meint, die ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaft sei nicht zwin­gend in das Split­ting­ver­fah­ren ein­zu­be­zie­hen. Weil er die Rege­lung für ver­fas­sungs­kon­form hält, wei­gert er sich auch, die Fra­ge dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt vor­zu­le­gen.

  • Der 9. Senat des Finanz­ge­richts dage­gen drückt sich ganz ein­fach um eine kla­re Posi­tio­nie­rung, indem er argu­men­tiert, dass ernst­li­che Zwei­fel an der Recht­mä­ßig­keit der gel­ten­den Rege­lung kei­ne Aus­set­zung der Voll­zie­hung recht­fer­ti­gen, weil das Inter­es­se des Fis­kus an einer geord­ne­ten Haus­halts­füh­rung und damit der Anwen­dung des for­mell bestehen­den Geset­zes schwe­rer wiegt.

  • Das Finanz­mi­nis­te­ri­um wie­der­um hat sei­ne Finanz­äm­ter ange­wie­sen, ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­nern vor­läu­fig auf Antrag den Split­ting­ta­rif zu gewäh­ren. Das Minis­te­ri­um weist aller­dings auch dar­auf hin, dass die Finanz­äm­ter den Anträ­gen der Lebens­part­ner auf Zusam­men­ver­an­la­gung zur Ein­kom­men­steu­er oder die Berück­sich­ti­gung der Steu­er­klas­sen­kom­bi­na­ti­on III/V oder IV/IV bei der Lohn­steu­er aus ver­fah­rens­recht­li­chen Grün­den zunächst nicht statt­ge­ben kön­nen. Erst auf­grund des gegen die­se Ent­schei­dung ein­ge­leg­ten Ein­spruchs kann dann das Finanz­amt den Lebens­part­nern die Vor­tei­le des Split­ting-Ver­fah­rens ein­räu­men.

Die vor­läu­fi­ge Rege­lung in Baden-Würt­tem­berg hat aller­dings kei­ne Aus­wir­kun­gen auf ande­re Bun­des­län­der, in denen es ent­we­der kei­ne ein­heit­li­che oder eine gegen­tei­li­ge Vor­ga­be für die Finanz­äm­ter gibt. In der Ant­wort auf eine Klei­ne Anfra­ge des Bun­des­tags hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um bereits fest­ge­stellt, dass es kei­nen Grund sehe, gene­rell und bun­des­weit vor­läu­fi­gen Rechts­schutz zu gewäh­ren. Statt­des­sen will man die Ent­schei­dun­gen des Bun­des­fi­nanz­hofs in den anhän­gi­gen Beschwer­de­ver­fah­ren zum vor­läu­fi­gen Rechts­schutz abwar­ten.

Auch dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt liegt die Fra­ge bereits vor. Bis­her wur­de die Ungleich­be­hand­lung von Ehe und ein­ge­tra­ge­ner Lebens­part­ner­schaft mit dem Ver­weis auf den beson­de­ren staat­li­chen Schutz von Ehe und Fami­lie gerecht­fer­tigt. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt muss nun prü­fen, inwie­weit die­ses Argu­ment noch gerecht­fer­tigt ist, nach­dem die ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaft der Ehe mitt­ler­wei­le nahe­zu ange­gli­chen ist. Außer­dem hän­gen weder die Mög­lich­keit zur Lohn­steu­er­klas­sen­wahl für Ehe­gat­ten noch die Rege­lun­gen zum Split­ting­ta­rif vom Vor­han­den­sein einer Fami­lie mit Kin­dern ab.