Bundesrat will weitere Gesetzesänderungen

Der Bundesrat verlangt in seiner Stellungnahme zum inoffiziellen Jahressteuergesetz 2016 viele Ergänzungen und Korrekturen zum bisherigen Gesetzesentwurf.

Schon län­ger wird das Gesetz mit der unaus­sprech­li­chen Abkür­zung GzUdPe-Zoll­ko­de­xAn­pG (“Gesetz zur Umset­zung der Pro­to­koll­erklä­rung zum Zoll­ko­dex-Anpass­sungs­ge­setz”) als inof­fi­zi­el­les Jah­res­steu­er­ge­setz 2016 gehan­delt. Mit die­ser lan­gen Lis­te an Ergän­zun­gen und Ände­run­gen, die der Bun­des­rat in sei­ner Sit­zung am 8. Mai 2015 für das Gesetz beschlos­sen hat, ver­dient es die­se Ein­stu­fung nun defi­ni­tiv.

Ob alle der vom Bun­des­rat gewünsch­ten Ände­run­gen tat­säch­lich in das end­gül­ti­ge Gesetz ein­flie­ßen wer­den, das steht noch nicht fest. Fest steht aber, dass mit die­sem Ände­rungs­ka­ta­log der Bera­tungs­be­darf zwi­schen Bun­des­tag und Bun­des­rat für das Gesetz deut­lich gestie­gen ist und damit der Zeit­plan nicht mehr zu hal­ten ist, nach dem das Gesetz noch vor der par­la­men­ta­ri­schen Som­mer­pau­se ver­ab­schie­det wer­den soll­te. Hier ist ein Über­blick über die wei­te­ren Ände­run­gen, die die Län­der am Gesetz vor­neh­men wol­len:

  • Kin­der­be­treu­ung: In meh­re­ren Punk­ten will der Bun­des­rat die Steu­er­frei­heit von Arbeit­ge­ber­leis­tun­gen zur Kin­der­be­treu­ung modi­fi­zie­ren und teil­wei­se nach­bes­sern. Die bei­den Steu­er­frei­stel­lun­gen für die kurz­fris­tig erfor­der­lich wer­den­de Betreu­ung von Kin­dern unter 14 Jah­ren sowie für die gene­rel­le Betreu­ung von nicht schul­pflich­ti­gen Kin­dern sol­len dazu zu einer neu­en Rege­lung zusam­men­ge­fasst wer­den. Von die­ser Rege­lung wer­den alle zusätz­lich zum ohne­hin geschul­de­ten Arbeits­lohn erbrach­ten Arbeit­ge­ber­leis­tun­gen für die Betreu­ung von Kin­dern unter 14 Jah­ren erfasst. Gleich­zei­tig wird die Steu­er­frei­heit auf die Beträ­ge begrenzt, die auch als Son­der­aus­ga­ben abzieh­bar wären, wenn der Arbeit­neh­mer selbst die Kin­der­be­treu­ung bezah­len wür­de. Die Beschrän­kung gilt aller­dings nicht für die Unter­brin­gung in einem Betriebs­kin­der­gar­ten.

  • Sach­be­zü­ge: Die Län­der wol­len die alte Ver­wal­tungs­an­sicht gesetz­lich fest­schrei­ben, nach der Gut­schei­ne, die auf einen Geld­be­trag lau­ten und Geld­leis­tun­gen mit Ver­wen­dungs­auf­la­ge als Arbeits­lohn gel­ten und nicht unter die 44 Euro-Frei­gren­ze für Sach­be­zü­ge fal­len. Auch Bei­trä­ge zu einer Ver­si­che­rung zuguns­ten des Arbeit­neh­mers sol­len von der Sach­be­zugs­frei­gren­ze aus­ge­schlos­sen wer­den. Die­se Ände­rungs­wün­sche des Bun­des­rats sind nicht neu, das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat­te sie in sei­nem ursprüng­li­chen Gesetz­ent­wurf aller­dings bewusst aus­ge­las­sen. Ob die Ände­rung tat­säch­lich noch in das Gesetz auf­ge­nom­men wird oder nicht ist daher noch nicht abseh­bar.

  • Ver­lust­fest­stel­lung: Nach dem Wil­len des Bun­des­rats soll ein Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid, für den noch kei­ne Fest­stel­lungs­ver­jäh­rung ein­ge­tre­ten ist, nicht mehr erge­hen kön­nen, wenn für das Ent­ste­hungs­jahr kein Ein­kom­men­steu­er­be­scheid exis­tiert und wegen einer Fest­set­zungs­ver­jäh­rung auch nicht mehr erlas­sen wer­den kann. Damit sol­len Steu­er­zah­ler nicht mehr nach einer für sie güns­ti­gen Recht­spre­chungs­än­de­rung noch einen Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid bean­tra­gen kön­nen.

  • Unter­halt: Als Vor­aus­set­zung für den Son­der­aus­ga­ben­ab­zug von Unter­halts­zah­lun­gen und Aus­gleichs­zah­lun­gen zur Ver­mei­dung des Ver­sor­gungs­aus­gleichs muss der Steu­er­zah­ler künf­tig die Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Unter­halts­emp­fän­gers ange­ben. Wei­gert sich der Emp­fän­ger, die Ident­num­mer mit­zu­tei­len, darf die Num­mer beim zustän­di­gen Finanz­amt erfragt wer­den.

  • Krank­heits­kos­ten: Nicht zum ers­ten Mal möch­ten die Län­der eine kon­kre­te­re Nach­weis­re­ge­lung für die medi­zi­ni­sche Not­wen­dig­keit von Krank­heits­kos­ten durch­set­zen. Das betrifft in ers­ter Linie medi­zi­ni­sche Maß­nah­men, die ihrer Art nach nicht ein­deu­tig nur der Hei­lung oder Lin­de­rung einer Krank­heit die­nen kön­nen (plas­ti­sche Chir­ur­gie, wis­sen­schaft­lich nicht aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­den etc.). Hier soll wie­der wie frü­her ein vor­he­ri­ges amts­ärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine Beschei­ni­gung des Medi­zi­ni­schen Diens­tes vor­ge­schrie­ben wer­den.

  • Damnum/Disagio: Bis­her kann ein markt­üb­li­ches Dis­agio sofort in vol­ler Höhe steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den, wäh­rend es andern­falls gleich­mä­ßig über die Ver­trags­lauf­zeit zu ver­tei­len ist. Wegen des dau­er­haft nied­ri­gen Zins­ni­veaus wird ein Dis­agio von den Ban­ken aller­dings nur noch dann ver­ein­bart, wenn es vom Dar­le­hens­neh­mer aus­drück­lich zu Steu­er­spar­zwe­cken ver­langt wird. Weil die Finanz­ver­wal­tung damit kaum noch die Markt­üb­lich­keit eines Dis­agi­os fest­stel­len kann, das von Steu­er­spar­zwe­cken unbe­ein­flusst ist, sol­len sol­che Zins­vor­aus­zah­lun­gen künf­tig grund­sätz­lich über die Ver­trags­lauf­zeit ver­teilt abge­zo­gen wer­den.

  • Durch­schnitts­satz-Gewinn­ermitt­lung: Der Bun­des­rat möch­te, dass die Gewinn­ermitt­lung nach Durch­schnitts­sät­zen künf­tig nicht erst dann weg­fällt, wenn das Finanz­amt den Land- oder Forst­wirt auf den Weg­fall einer der Vor­aus­set­zun­gen hin­ge­wie­sen hat, son­dern schon ab dem Ein­tritt der Vor­aus­set­zun­gen für eine Buch­füh­rungs­pflicht. Damit soll die Anwend­bar­keit der Gewinn­ermitt­lung nach Durch­schnitts­sät­zen nicht mehr wie bis­her um meh­re­re Jah­re ver­län­gert wer­den kön­nen.

  • Gewer­be­steuer­or­gan­schaft: Nach einem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom Dezem­ber 2014 sind die Gewinn­aus­schüt­tun­gen an eine Organ­ge­sell­schaft im Rah­men des gewer­be­steu­er­li­chen Schach­tel­pri­vi­legs in vol­ler Höhe steu­er­frei statt nur zu 95 %, wie es bei einer Betei­li­gung ohne Organ­schaft der Fall wäre. Der Bun­des­rat möch­te hier eine Geset­zes­än­de­rung, die das Urteil aus­he­belt und wie­der eine gleich­mä­ßi­ge Besteue­rung von Gewinn­aus­schüt­tun­gen her­stellt.

  • Gewer­be­steu­er­zer­le­gung: Die bis­he­ri­ge Son­der­re­ge­lung für die Gewer­be­steu­er­zer­le­gung von Betrie­ben, die Wind- oder Solar­ener­gie­an­la­gen betrei­ben, hält der Bun­des­rat für unge­eig­net, weil sie die Stand­ort­ge­mein­den nicht ange­mes­sen an der Gewer­be­steu­er betei­ligt. Statt dem Anla­ge­ver­mö­gen soll die instal­lier­te Leis­tung als Maß­stab gel­ten. Außer­dem soll die Rege­lung auf Betrie­be erwei­tert wer­den, die auch in gerin­gem Umfang (max. 10 % der Gesamt­erträ­ge) ande­re Tätig­kei­ten neben dem Betrieb von Wind- und Solar­an­la­gen aus­üben.

  • Rei­hen­ge­schäf­te: Um nach den jüngs­ten Urtei­len des Bun­des­fi­nanz­hofs bei Rei­hen­ge­schäf­ten wie­der eine rechts­si­che­re und prak­ti­ka­ble Zuord­nungs­re­ge­lung für die Waren­be­we­gung zu schaf­fen, möch­te der Bun­des­rat eine gesetz­li­che Klar­stel­lung, hat aber noch kei­nen kon­kre­ten Vor­schlag prä­sen­tiert.

  • Unrich­ti­ger Steu­er­aus­weis: Die bis­he­ri­ge Rege­lung zur Umsatz­steu­er­ent­ste­hung bei unrich­ti­gem Steu­er­aus­weis hält der Bun­des­fi­nanz­hof für nicht mit EU-Recht ver­ein­bar. Daher soll künf­tig allein der Zeit­punkt der Aus­ga­be der Rech­nung für die Steu­er­ent­ste­hung maß­geb­lich sein.

  • Bau­leis­tun­gen: Der Bun­des­rat bit­tet um eine Klar­stel­lung bei der Steu­er­schuld­ner­schaft von Bau­leis­tun­gen, die es ermög­licht, den bis­he­ri­gen Umfang der Steu­er­schuld­ver­la­ge­rung bei bau­werks­be­zo­ge­nen Leis­tun­gen in Bezug auf Betriebs­vor­rich­tun­gen wei­test­ge­hend bei­zu­be­hal­ten, soweit die Betriebs­vor­rich­tung ein Grund­stücks­be­stand­teil ist. Auch hier ist ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs Aus­lö­ser des Ände­rungs­wun­sches, das in vie­len Fäl­len zum Aus­schluss der Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft oder zu Abgren­zungs­schwie­rig­kei­ten füh­ren wür­de.

  • Metall­han­del: Erneut gibt es Pro­ble­me mit der Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft im Metall­han­del. Die ers­te Kor­rek­tur mit dem Zoll­ko­dex-Anpas­sungs­ge­setz wur­de erfor­der­lich, weil nach der ursprüng­li­chen Rege­lung schon der Kauf einer Rol­le Alu­fo­lie für die Betriebs­kü­che die Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft aus­ge­löst hät­te. Die neue Rege­lung, die erst ab einem Betrag von 5.000 Euro eine Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft vor­sieht, lässt sich aber in der Pra­xis eben­falls kaum hand­ha­ben, weil vie­le IT-Sys­te­me kei­ne preis­ab­hän­gi­ge Umsatz­steu­er­hand­ha­bung zulas­sen. Die Rege­lung soll daher nun so geän­dert wer­den, dass der Lie­fe­rant unter­halb von 5.000 Euro selbst ent­schei­den kann, ob er die Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft anwen­det.

  • Lie­fe­run­gen an Behör­den: Schon bis­her sieht der Umsatz­steu­er-Anwen­dungs­er­lass vor, dass bestimm­te Lie­fe­run­gen an juris­ti­sche Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts von der Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft aus­ge­nom­men sind. Die­se Rege­lung soll auf Metall­lie­fe­run­gen sowie Lie­fe­run­gen von Han­dys und Tablet-Com­pu­tern aus­ge­dehnt und im Gesetz ver­an­kert wer­den.

  • Spe­di­teurs­be­schei­ni­gung: Für Aus­fuhr­lie­fe­run­gen und inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­run­gen soll künf­tig ein­heit­lich der Fracht­füh­rer in der Spe­di­teurs­be­schei­ni­gung ange­ge­ben wer­den. Bei Aus­fuhr­lie­fe­run­gen wird aktu­ell noch nach dem Aus­stel­ler (Spe­di­teur) gefragt, der aber nicht zwin­gend mit dem Fracht­füh­rer iden­tisch sein muss.

  • Son­der­vor­aus­zah­lung: Führt die Anrech­nung der Umsatz­steu­er-Son­der­vor­aus­zah­lung in der jeweils letz­ten Vor­anmel­dung des Jah­res zu einem Über­schuss, wird die­ser nach der bis­he­ri­gen Ver­wal­tungs­pra­xis an den Unter­neh­mer erstat­tet. Die­se Ver­fah­rens­wei­se soll gesetz­lich ver­an­kert wer­den, nach­dem der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schie­den hat­te, dass die Erstat­tung eines Gut­ha­bens erst nach der Ver­rech­nung in der Umsatz­steu­er­jah­res­er­klä­rung mög­lich ist.

  • Invest­ment­steu­er­ge­setz: Das Invest­ment­steu­er­ge­setz soll in eini­gen Punk­ten geän­dert wer­den, die der Bun­des­rat in ers­ter Linie als Klar­stel­lun­gen bezeich­net. So ist künf­tig statt der “Invest­ment­kom­man­dit­ge­sell­schaft” von einer “Per­so­nen­ge­sell­schaft” die Rede, um bestimm­te Invest­ment­fonds von der Kör­per­schaft­steu­er­pflicht aus­zu­neh­men. Außer­dem wird nach der Ände­rung bei der Anrech­nung aus­län­di­scher Steu­ern die bis­he­ri­ge Berech­nungs­me­tho­de für köper­schaft­steu­er­pflich­ti­ge Anle­ger fest­ge­schrie­ben.

Neben all die­sen Ände­run­gen weist der Bun­des­rat wie­der ein­mal ener­gisch auf die immer noch aus­ste­hen­de Bera­tung des Steu­er­ver­ein­fa­chungs­ge­set­zes 2013 im Bun­des­tag hin und drängt auf eine Umset­zung in Ver­bin­dung mit dem aktu­el­len Gesetz. Die dar­in vor­ge­se­he­nen Ände­run­gen hat die Bun­des­re­gie­rung aber über­wie­gend kri­tisch beur­teilt, sodass völ­lig offen ist, ob und wann die­se Punk­te vom Bun­des­tag auf­ge­grif­fen wer­den.

Auch bei den oben beschrie­be­nen Ände­rungs­wün­schen des Bun­des­rats ist nicht sicher, wel­chen Wün­schen der Bun­des­tag letzt­lich ent­spre­chen wird. Bei vie­len Punk­ten ist der Ände­rungs­be­darf offen­sicht­lich, und so wird es allen­falls Detail­kor­rek­tu­ren geben. Ande­re Wün­sche dürf­ten aber auf mehr Wider­stand bei Bun­des­re­gie­rung und Bun­des­tag sto­ßen, bei­spiels­wei­se was den Aus­schluss von Geld­be­trags-Gut­schei­nen als Sach­be­zug angeht.