Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen

Die Finanzverwaltung hat im Streit um die Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen eingelenkt und verlangt nicht mehr, dass Abschlagszahlungen auf Werkleistungen sofort ergebniswirksam erfasst werden.

Ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs über die Gewinn­rea­li­sie­rung von Abschlags­zah­lun­gen sorg­te letz­tes Jahr für eini­gen Wir­bel. In dem Urteil ging es um Abschlags­zah­lun­gen nach der Hono­rar­ord­nung für Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tun­gen (HOAI). Der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schied dazu ent­ge­gen sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung, dass erhal­te­ne Anzah­lun­gen für ein­zel­ne Leis­tungs­pha­sen der HOAI, für die eine nach­prüf­ba­re Rech­nung vor­liegt, end­gül­tig ver­dient sind. Damit wäre eine Bilan­zie­rung einer teil­fer­ti­gen Arbeit für ein­zel­ne abge­schlos­se­ne Leis­tungs­pha­sen der HOAI nicht mehr mög­lich.

Die Finanz­ver­wal­tung woll­te das Urteil all­ge­mein anwen­den, schoss dabei aber übers Ziel hin­aus. In einem Schrei­ben an die Bun­des­ar­chi­tek­ten­kam­mer hat­te das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um näm­lich erklärt, das Urteil nicht nur auf Abschlags­zah­lun­gen auf Grund­la­ge der HOAI anwen­den zu wol­len, son­dern auf alle Abschlags­zah­lun­gen auf Werk­leis­tun­gen. Das hät­te zur Fol­ge gehabt, dass alle bilan­zie­ren­den Unter­neh­men, die Abschlags­zah­lun­gen in Rech­nung stel­len, von dem Urteil betrof­fen wären.

In dem Fall hät­te sich zwar der Staat über deut­li­che Steu­er­mehr­ein­nah­men freu­en kön­nen, aber auf Kos­ten der Rechts­si­cher­heit und um den Preis zahl­rei­cher neu­er Finanz­ge­richts­ver­fah­ren. Nach dem Rea­li­sa­ti­ons­prin­zip sind Gewin­ne näm­lich nur dann zu berück­sich­ti­gen, wenn sie am Abschluss­stich­tag bereits ent­stan­den sind. Bei Werk­ver­trä­gen tritt die Rea­li­sa­ti­on erst im Zeit­punkt des Gefah­ren­über­gan­ges, also im Zeit­punkt der Abnah­me des Wer­kes ein. Eine davon abwei­chen­de Akti­vie­rung von For­de­run­gen wür­de also han­dels­recht­li­chen Grund­sät­zen zuwi­der­lau­fen.

Dar­über hin­aus war die Ansicht des Fis­kus auch vom Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs nicht abge­deckt. Der hat­te näm­lich in der Begrün­dung für sein Urteil aus­drück­lich fest­ge­stellt, dass es bei Werk­ver­trä­gen grund­sätz­lich der Über­ga­be und der Abnah­me des Werks durch den Bestel­ler bedarf, um die han­dels- und steu­er­recht­li­che Gewinn­rea­li­sie­rung her­bei­zu­füh­ren. Eine Aus­nah­me gel­te nur, wenn die Wir­kun­gen der Abnah­me für das Ent­ste­hen der For­de­rung nicht durch Son­der­re­ge­lun­gen, wie etwa eine Gebüh­ren­ord­nung, modi­fi­ziert wer­den, wie es bei der HOAI der Fall sei. Damit wären nur bestimm­te Bran­chen und Leis­tun­gen betrof­fen.

Nach dem vehe­men­ten Pro­test ver­schie­de­ner Ver­bän­de, dar­un­ter die Bun­des­steu­er­be­ra­ter­kam­mer und der Deut­sche Steu­er­be­ra­ter­ver­band, hat die Finanz­ver­wal­tung jetzt ein Ein­se­hen gehabt und einen Rück­zie­her gemacht. Im Ein­ver­neh­men mit den obers­ten Finanz­be­hör­den der Län­der hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um sein Schrei­ben wie­der auf­ge­ho­ben und will das Urteil jetzt nur noch auf ganz bestimm­te Leis­tun­gen anwen­den, die vom Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs abge­deckt sind.

Dem­nach gilt die vor­ge­zo­ge­ne Gewinn­rea­li­sie­rung nur noch für Abschlags­zah­lun­gen auf Leis­tun­gen nach der HOAI, die bis zum 17. August 2009 ver­trag­lich ver­ein­bart wur­den. Außer­dem ist das Urteil erst ab 2015, also nicht rück­wir­kend anzu­wen­den. Die Betrof­fe­nen kön­nen den durch die neue Bilan­zie­rung von Abschlags­zah­lun­gen im Jahr 2015 ent­stan­de­ne Gewinn gleich­mä­ßig auf 2015 und 2016 oder auf 2015, 2016 und 2017 ver­tei­len. Somit herrscht wie­der Rechts­si­cher­heit, und für die meis­ten Unter­neh­men ändert sich Nichts bei der Bilan­zie­rung von Abschlags­zah­lun­gen.