Neuordnung der Umsatzsteuerorganschaft

Mit fünf Urteilen hat der Bundesfinanzhof mehrere Zweifelsfragen zur Konzernbesteuerung im Umsatzsteuerrecht geklärt.

Eine Umsatz­steuer­or­gan­schaft führt steu­er­recht­lich zu einer Zusam­men­fas­sung des Organ­trä­gers mit den von ihm abhän­gi­gen Organ­ge­sell­schaf­ten. Der Organ­trä­ger ist dann allein für den gesam­ten Organ­kreis steu­er­pflich­tig. Die Umsatz­steuer­or­gan­schaft ist vor allem für Unter­neh­mens­grup­pen ohne Recht auf Vor­steu­er­ab­zug von gro­ßer Bedeu­tung, bei­spiels­wei­se im Finanz-, Heil- und Pfle­ge­be­reich. Durch die Organ­schaft kön­nen ver­bun­de­ne Unter­neh­men in die­sen Bran­chen unter­ein­an­der umsatz­steu­er­frei Leis­tun­gen erbrin­gen und ver­mei­den damit die Ent­ste­hung von Vor­steu­er­be­trä­gen, die wegen des feh­len­den Rechts auf Vor­steu­er­ab­zug nicht abzieh­bar wären. Mit ins­ge­samt fünf Urtei­len hat der Bun­des­fi­nanz­hof nun Zwei­fels­fra­gen zur Umsatz­steuer­or­gan­schaft geklärt und dabei teil­wei­se sei­ne Recht­spre­chung geän­dert.

  • Vor­aus­set­zun­gen: Der Bun­des­fi­nanz­hof hält wei­ter dar­an fest, dass die Umsatz­steuer­or­gan­schaft eine eige­ne Mehr­heits­be­tei­li­gung des Organ­trä­gers an der Toch­ter­ge­sell­schaft vor­aus­setzt, und dass außer­dem im Regel­fall eine per­so­nel­le Ver­flech­tung über die Geschäfts­füh­rung bestehen muss. Er lehnt es aus­drück­lich ab, die Organ­schaft aus Grün­den des EU-Rechts auf eng mit­ein­an­der ver­bun­de­ne Per­so­nen zu erwei­tern. Eine Organ­schaft zwi­schen Schwes­ter­ge­sell­schaf­ten bleibt also wei­ter­hin aus­ge­schlos­sen. Damit bleibt es beim Erfor­der­nis einer Beherr­schung der Toch­ter­ge­sell­schaft durch den Organ­trä­ger.

  • Toch­ter­per­so­nen­ge­sell­schaft: Ent­ge­gen der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung lässt der Bun­des­fi­nanz­hof jetzt auch eine Organ­schaft mit einer Per­so­nen­ge­sell­schaft zu. Vor­aus­set­zung ist aber, dass die Gesell­schaf­ter der Per­so­nen­ge­sell­schaft nur der Organ­trä­ger und ande­re vom Organ­trä­ger finan­zi­ell beherrsch­te Gesell­schaf­ten sind. Die bis­he­ri­ge Ein­schrän­kung der Organ­schaft auf abhän­gi­ge juris­ti­sche Per­so­nen war gerecht­fer­tigt, weil nur so ein­fach und rechts­si­cher über die Beherr­schungs­vor­aus­set­zun­gen der Organ­schaft ent­schie­den wer­den kann. Bei einer juris­ti­schen Per­son ist dies durch die recht­li­che Aus­ge­stal­tung von Gesell­schafts­grün­dung und Anteils­über­tra­gung gewähr­leis­tet. Dem­ge­gen­über las­sen sich Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ohne Form­zwang grün­den und Gesell­schafts­an­tei­le eben­so form­frei über­tra­gen. Nach dem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs recht­fer­ti­gen die­se Unter­schie­de aber nicht den Aus­schluss auch von Toch­ter­per­so­nen­ge­sell­schaf­ten, an denen nur der Organ­trä­ger und ande­re von ihm finan­zi­ell beherrsch­te Gesell­schaf­ten betei­ligt sind. Die Beherr­schung kann dann nicht in Fra­ge gestellt wer­den. Damit erwei­tert sich der Kreis der in die Organ­schaft ein­zu­be­zie­hen­den Toch­ter­ge­sell­schaf­ten. Die neue Recht­spre­chung, dass auch eine Per­so­nen­ge­sell­schaft (GmbH & Co. KG) eine Organ­ge­sell­schaft sein kann, hat der Bun­des­fi­nanz­hof in einem wei­te­ren Urteil noch ein­mal bestä­tigt.

  • Nicht­un­ter­neh­mer (Hoheits­trä­ger): Ent­ge­gen einer aus dem EU-Recht abge­lei­te­ten Sicht­wei­se hält der Bun­des­fi­nanz­hof dar­an fest, dass der Organ­trä­ger Unter­neh­mer sein muss. Die Organ­schaft ist eine Ver­ein­fa­chungs­maß­nah­me, die eine eige­ne Unter­neh­merstel­lung des Organ­trä­gers vor­aus­setzt. Dies ist zur Ver­hin­de­rung miss­bräuch­li­cher Prak­ti­ken uni­ons­recht­lich gebo­ten. Eine juris­ti­sche Per­son des öffent­li­chen Rechts, die nicht unter­neh­me­risch tätig ist, kann daher die Vor­tei­le der Organ­schaft in Form einer Nicht­be­steue­rung der von Toch­ter­ge­sell­schaf­ten bezo­ge­nen Leis­tun­gen nicht in Anspruch neh­men.

  • Unter­neh­mens­über­tra­gun­gen: Eine Umsatz­steuer­or­gan­schaft kann auch bei einer Unter­neh­mens­über­tra­gung von Bedeu­tung sein. Eine Unter­neh­mens­über­tra­gung ist als Geschäfts­ver­äu­ße­rung nicht steu­er­bar. Das setzt aber die Über­tra­gung des gesam­ten Betriebs auf einen Erwer­ber vor­aus. Eine Auf­spal­tung des ein­heit­li­chen Unter­neh­mens auf zwei Erwer­ber ist bei einer blo­ßen Über­tra­gung von Ein­zel­wirt­schafts­gü­tern dem­ge­gen­über nicht begüns­tigt. Im Streit­fall hat­te ein Unter­neh­mer im Wege der Genera­tio­nen­nach­fol­ge sein Unter­neh­men auf eine Betriebs- und eine Besitz­per­so­nen­ge­sell­schaft über­tra­gen, deren Gesell­schaf­ter der Unter­neh­mer und sei­ne bei­den Söh­ne waren. Nach der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs ist nur die Über­tra­gung auf die Betriebs­ge­sell­schaft als Geschäfts­ver­äu­ße­rung anzu­se­hen, nicht aber die Über­tra­gung auf die Besitz­ge­sell­schaft. Bei Annah­me einer Organ­schaft wäre steu­er­recht­lich von einer Über­tra­gung auf einen Erwer­ber aus­zu­ge­hen gewe­sen, so dass auch die Über­tra­gung auf die Besitz­ge­sell­schaft steu­er­frei gewe­sen wäre. Zwi­schen Betriebs- und Besitz­ge­sell­schaft lag aber kei­ne Organ­schaft vor. Die­se schei­ter­te schon an der Not­wen­dig­keit einer eige­nen Mehr­heits­be­tei­li­gung.