Erwerbstätigkeitsprüfung volljähriger Kinder

Das Bundesfinanzministerium akzeptiert in einer aktualisierten Verwaltungsanweisung zum Kindergeld mehr Ausbildungen als unschädliche Erstausbildung oder unschädliches Erststudium.

Ein voll­jäh­ri­ges Kind wird beim Kin­der­geld oder Kin­der­frei­be­trag grund­sätz­lich bis zum Abschluss der ers­ten Berufs­aus­bil­dung oder des Erst­stu­di­ums berück­sich­tigt. Danach kommt es dar­auf an, ob das Kind wäh­rend der wei­te­ren Aus­bil­dung eine Erwerbs­tä­tig­keit von mehr als 20 Wochen­stun­den aus­übt. Im Hin­blick auf ver­schie­de­ne Urtei­le des Bun­des­fi­nanz­hofs hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um nun sei­ne Rege­lun­gen zur Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung aktua­li­siert.

In ers­ter Linie betref­fen die Ände­run­gen die Fra­ge, wann die ers­te Berufs­aus­bil­dung oder das Erst­stu­di­um abge­schlos­sen ist und somit eine Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung durch­zu­füh­ren ist. An der eigent­li­chen Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung hat sich außer einer ver­schlank­ten Rege­lung zu Mini­jobs nichts geän­dert. Die Ände­run­gen sind im Sinn der Fami­li­en, ins­be­son­de­re wenn es um wei­ter­füh­ren­de Aus­bil­dun­gen mit engem zeit­li­chem und sach­li­chem Bezug zur Erst­aus­bil­dung geht. Daher lässt das Minis­te­ri­um die Ände­run­gen auch in allen noch offe­nen Fäl­len anwen­den.

  • Eigen­stän­di­ge Defi­ni­ti­on: Für die Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung hängt der Abschluss einer erst­ma­li­gen Berufs­aus­bil­dung oder des Erst­stu­di­ums nicht davon ab, ob die Aus­bil­dung oder das Stu­di­um die Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, die das Ein­kom­men­steu­er­ge­setz an eine Erst­aus­bil­dung stellt, um aus­bil­dungs­be­ding­te Aus­ga­ben für eine Zweit­aus­bil­dung als Wer­bungs­kos­ten abzie­hen zu kön­nen. Dort wird näm­lich unter ande­rem eine geord­ne­te Voll­zeit­aus­bil­dung mit einer Min­dest­dau­er von 12 Mona­ten und einer Abschluss­prü­fung gefor­dert.

  • Erst­stu­di­um: Das Minis­te­ri­um weist jetzt dar­auf hin, dass ein Erst­stu­di­um in der Regel erst mit Bekannt­ga­be des Prü­fungs­er­geb­nis­ses abge­schlos­sen ist. Wenn zwi­schen der Prü­fung und der Bekannt­ga­be des Prü­fungs­er­geb­nis­ses daher noch kei­ne Voll­zeit­tä­tig­keit im ange­streb­ten Beruf aus­ge­übt wird, erfolgt so lan­ge auch kei­ne Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung. Ande­re Jobs zur Über­brü­ckung sind somit grund­sätz­lich unschäd­lich.

  • Wei­ter­füh­ren­de Aus­bil­dung: Die ers­te Berufs­aus­bil­dung ist abge­schlos­sen, wenn sie zur Auf­nah­me eines Berufs befä­higt. Nimmt das Kind daher erst nach einer län­ge­ren Berufs­tä­tig­keit eine wei­ter­füh­ren­de Aus­bil­dung für den aus­ge­üb­ten Beruf auf (Meis­ter­aus­bil­dung, Mas­ter­stu­di­um etc.), liegt eine Zweit­aus­bil­dung vor, bei der die Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung greift.

  • Mehr­tei­li­ge Aus­bil­dung: Ist objek­tiv erkenn­bar, dass das Kind sein ange­streb­tes Berufs­ziel noch nicht erreicht hat, kann auch eine wei­ter­füh­ren­de Aus­bil­dung noch Teil der Erst­aus­bil­dung sein. Ent­schei­dend ist, dass die wei­ter­füh­ren­de Aus­bil­dung in engem sach­li­chem und zeit­li­chem Zusam­men­hang mit der Erst­aus­bil­dung oder dem Erst­stu­di­um steht. Das gilt auch für ein dua­les Stu­di­um mit stu­di­en­in­te­grier­ter prak­ti­scher Aus­bil­dung, die vor Ende des Stu­di­ums abge­schlos­sen wird. Ein enger zeit­li­cher Zusam­men­hang liegt vor, wenn das Kind die wei­te­re Aus­bil­dung zum nächst­mög­li­chen Zeit­punkt auf­nimmt. Unschäd­lich sind Ver­zö­ge­run­gen durch einen feh­len­den oder auf Grund äuße­rer Umstän­de erst spä­ter ver­füg­ba­ren Aus­bil­dungs­platz. Auch wenn das Kind durch eine Erkran­kung oder wegen eines Beschäf­ti­gungs­ver­bots nach dem Mut­ter­schutz­ge­setz dar­an gehin­dert ist, die wei­te­re Aus­bil­dung auf­zu­neh­men, ist das unschäd­lich. Erst wenn die für das von Kind und Eltern bestimm­te Berufs­ziel geeig­ne­ten Grund­la­gen erreicht sind, stellt eine wei­te­re Aus­bil­dung eine Wei­ter­bil­dung oder eine Zweit­aus­bil­dung dar.

  • Wei­ter­bil­dung: Setzt das ange­streb­te Berufs­ziel kei­nen wei­ter­füh­ren­den Abschluss vor­aus, ist eine zusätz­li­che Aus­bil­dungs­maß­nah­me nach der erst­ma­li­gen Berufs­aus­bil­dung eine Wei­ter­bil­dung oder Zweit­aus­bil­dung. Eine Berück­sich­ti­gung des Kin­des ist dann nur bei nega­ti­ver Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung mög­lich, oder wenn es sich um ein Aus­bil­dungs­dienst­ver­hält­nis han­delt.

  • Auf­ge­sat­tel­ter Abschluss: Ein auf­ge­sat­tel­tes Uni­ver­si­täts­stu­di­um im Anschluss an ein Fach­hoch­schul­stu­di­um ist kein Erst­stu­di­um mehr, sofern das Uni­ver­si­täts­stu­di­um nicht Teil einer mehr­ak­ti­gen Aus­bil­dung ist.

  • Bache­lor- und Mas­ter­stu­di­en­gän­ge: Die Finanz­ver­wal­tung folgt jetzt der Recht­spre­chung, dass ein Mas­ter­stu­di­um, das zeit­lich und inhalt­lich auf das vor­an­ge­gan­ge­ne Bache­lor­stu­di­um abge­stimmt ist, Teil der Erst­aus­bil­dung ist. Bei kon­se­ku­ti­ven Mas­ter­stu­di­en­gän­gen an einer inlän­di­schen Hoch­schu­le unter­stellt die Finanz­ver­wal­tung zudem auto­ma­tisch einen engen sach­li­chen Zusam­men­hang. Ansons­ten gilt aber, dass der Bache­lor­ab­schluss ein berufs­qua­li­fi­zie­ren­der Abschluss ist und damit das Ende des Erst­stu­di­ums dar­stellt.

  • Ergän­zungs- und Auf­bau­stu­di­en: Post­gra­dua­le Zusatz-, Ergän­zungs- und Auf­bau­stu­di­en set­zen einen Stu­di­en­ab­schluss vor­aus und sind daher nor­ma­ler­wei­se kein Erst­stu­di­um. Anders sieht es aber aus, wenn das Zusatz-, Ergän­zungs- oder Auf­bau­stu­di­um auf dem ers­ten Stu­di­en­ab­schluss auf­baut und in einem engen zeit­li­chen Zusam­men­hang auf­ge­nom­men wird. Dann ist von einem ein­heit­li­chen Erst­stu­di­um aus­zu­ge­hen.

  • Pro­mo­ti­on: Weil eine Pro­mo­ti­on ein abge­schlos­se­nes Stu­di­um vor­aus­setzt, ist in der Regel eine Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung durch­zu­füh­ren. Das gilt aber nicht, wenn die Vor­be­rei­tung auf die Pro­mo­ti­on in engem zeit­li­chem Zusam­men­hang mit dem Erst­stu­di­um durch­ge­führt wird, sodass trotz einer mög­li­cher­wei­se gut bezahl­ten Voll­zeit­dok­to­ran­den­stel­le noch ein Kin­der­geld­an­spruch bestehen kann.

  • Refe­ren­da­ri­at: Mit dem ers­ten juris­ti­schen Staats­ex­amen ist die erst­ma­li­ge Berufs­aus­bil­dung grund­sätz­lich abge­schlos­sen. Ein direkt nach dem ers­ten Staats­ex­amen begon­ne­nes Refe­ren­da­ri­at zur Vor­be­rei­tung auf das zwei­te Staats­ex­amen ist jedoch Teil der erst­ma­li­gen Berufs­aus­bil­dung.

  • Par­al­lel­stu­di­um: Stu­diert das Kind meh­re­re Stu­di­en­gän­ge par­al­lel, ist das Erst­stu­di­um mit dem berufs­qua­li­fi­zie­ren­den Abschluss eines die­ser Stu­di­en­gän­ge abge­schlos­sen. Die Fort­füh­rung des ande­ren Stu­di­en­gangs ist nur dann eben­falls Teil des Erst­stu­di­ums, wenn die Stu­di­en­gän­ge in einem engen sach­li­chen Zusam­men­hang ste­hen. In so einem Fall spielt also eine Erwerbs­tä­tig­keit egal wel­chen Umfangs so lan­ge kei­ne Rol­le, bis auch das zwei­te Stu­di­um erfolg­reich abge­schlos­sen ist.

  • Stu­di­ums­wech­sel oder -unter­bre­chung: Beim Wech­sel des Stu­di­ums ohne Abschluss des ursprüng­li­chen Stu­di­ums oder bei Unter­bre­chung eines Stu­di­en­gangs vor dem Abschluss und spä­te­rer Fort­set­zung ist der jeweils ers­te Stu­di­en­teil kein abge­schlos­se­nes Erst­stu­di­um.

  • Fach­schu­len: Der Besuch einer Fach­schu­le setzt in der Regel eine abge­schlos­se­ne Erst­aus­bil­dung vor­aus und ist damit eben­so wie ein nach dem Besuch einer Fach­schu­le auf­ge­nom­me­nes Stu­di­um grund­sätz­lich kei­ne Erst­aus­bil­dung mehr, sofern der Fach­schul­be­such nicht Teil einer mehr­ak­ti­gen Aus­bil­dung ist.

  • Anpas­sungs­lehr­gän­ge: Als Berufs­aus­bil­dung gel­ten auch Anpas­sungs­lehr­gän­ge und ande­re Maß­nah­men zur Behe­bung von amt­lich fest­ge­stell­ten Unter­schie­den zwi­schen einem im Aus­land erwor­be­nen Berufs­ab­schluss und einem ent­spre­chen­den im Inland gere­gel­ten Berufs­ab­schluss. Wenn der aus­län­di­sche Berufs­ab­schluss die erst­ma­li­ge Berufs­aus­bil­dung abschließt, ist die­se Aus­bil­dung für die Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung erst mit dem Ende der inlän­di­schen Anpas­sungs­qua­li­fi­zie­rung abge­schlos­sen.

  • Mini­jobs: Ein Mini­job gilt grund­sätz­lich nicht als kin­der­geld­schäd­li­che Erwerbs­tä­tig­keit. Statt wie bis­her detail­liert zu regeln, wann genau ein Mini­job vor­liegt, gibt es nun eine sehr viel ein­fa­che­re Rege­lung. Bei der Beur­tei­lung, ob ein Mini­job vor­liegt, dür­fen die Finanz­äm­ter jetzt näm­lich ein­fach der Ein­stu­fung des Arbeit­ge­bers fol­gen. Dazu kann eine Beschei­ni­gung des Arbeit­ge­bers oder ein ande­rer Nach­weis vor­ge­legt wer­den.

  • Aus­nah­men: Kei­ne Erwerbs­tä­tig­keits­prü­fung erfolgt für Kin­der unter 21 Jah­ren, die kein Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis haben und bei der Arbeits­agen­tur als arbeits­su­chend gemel­det sind. Eben­falls aus­ge­nom­men von der Prü­fung sind Kin­der, die sich wegen einer Behin­de­rung nicht selbst unter­hal­ten kön­nen, wenn die Behin­de­rung vor dem 25. Geburts­tag ein­ge­tre­ten ist.