Reform der Investmentbesteuerung kommt 2018

Das Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung vereinfacht radikal die Besteuerung von Investmentfonds für die Anleger und soll bei den Fonds europarechtliche Risiken und Steuergestaltungsmöglichkeiten eliminieren.

Im Koali­ti­ons­ver­trag hat­te die Gro­ße Koali­ti­on unter ande­rem eine grund­le­gen­de Reform der Invest­ment­be­steue­rung ver­ein­bart. Mit dem “Gesetz zur Reform der Invest­ment­be­steue­rung” haben Bun­des­tag und Bun­des­rat die­ses Vor­ha­ben nun umge­setzt. Für Klein­an­le­ger bedeu­tet das Gesetz eine dras­ti­sche Ver­ein­fa­chung bei der Steu­er­erklä­rung, was aber nicht bedeu­tet, dass die Mate­rie ins­ge­samt ein­fach wäre. Wie kom­plex die Reform zumin­dest für die Invest­ment­fonds ist, zeigt der Umfang des Geset­zes von 40 Sei­ten rei­nem Geset­zes­text und wei­te­ren rund 100 Sei­ten Geset­zes­be­grün­dung.

Nach dem gel­ten­den Recht wer­den Gewin­ne nicht auf der Ebe­ne der Invest­ment­fonds besteu­ert. Die Fonds sind also gewis­ser­ma­ßen steu­er­lich trans­pa­rent. Kern­stück der Reform ist die Ablö­sung die­ses trans­pa­ren­ten durch ein intrans­pa­ren­tes Besteue­rungs­sys­tems für Publi­kums-Invest­ment­fonds, bei dem Gewin­ne schon auf Ebe­ne des Fonds pau­schal besteu­ert wer­den. Ein durch­schnitt­li­cher Anle­ger muss sich daher künf­tig nicht mehr mit den ver­schie­dens­ten Fonds­da­ten her­um­schla­gen.

Die Reform wird im Wesent­li­chen zum 1. Janu­ar 2018 in Kraft tre­ten. Eine Aus­nah­me gilt ledig­lich für die Ände­rung zur Ver­hin­de­rung von Cum/­Cum-Geschäf­ten; die­se soll schon ab 2016 gel­ten, um sol­chen Steu­er­ge­stal­tun­gen sofort den Boden zu ent­zie­hen. Hier ist ein Über­blick über die Ände­run­gen, die in der End­fas­sung des Geset­zes ent­hal­ten sind.

  • Ver­ein­fa­chung für Anle­ger: Wäh­rend Anle­ger bis­her bis zu 33 ver­schie­de­ne Besteue­rungs­grund­la­gen berück­sich­ti­gen müs­sen, rei­chen künf­tig 4 Kenn­zah­len für die Steu­er­erklä­rung aus, näm­lich die Höhe der Aus­schüt­tung, der Wert des Fonds­an­teils am Jah­res­an­fang und am Jah­res­en­de sowie die Art des Fonds (Akti­en­fonds, Misch­fonds, Immo­bi­li­en­fonds oder sons­ti­ger Fonds).

  • Besteue­rungs­sys­tem: Bis­her erhal­ten inlän­di­sche Fonds Divi­den­den steu­er­frei. Divi­den­den­zah­lun­gen an aus­län­di­sche Fonds lösen dage­gen Kapi­tal­ertrag­steu­er aus, was eine kom­ple­xe Besteue­rung aus Anle­ger­sicht zur Fol­ge hat und gleich­zei­tig zu einer Wett­be­werbs­ver­zer­rung und damit auch zu einem erheb­li­chen EU-recht­li­chen Risi­ko für den deut­schen Fis­kus führt. Für Publi­kums-Invest­ment­fonds, die Pri­vat­an­le­gern offen­ste­hen, führt das Gesetz daher ein neu­es Besteue­rungs­sys­tem ein. Das bis­he­ri­ge trans­pa­ren­te Besteue­rungs­sys­tem wird nur noch für Spe­zi­al-Invest­ment­fonds fort­ge­führt, in die aus­schließ­lich insti­tu­tio­nel­le Anle­ger inves­tie­ren dür­fen.

  • Publi­kums­fonds: Künf­tig gilt für inlän­di­sche und aus­län­di­sche Invest­ment­fonds unter­schieds­los auf Fonds­ebe­ne eine Kör­per­schaft­steu­er von 15 % inklu­si­ve Soli­da­ri­täts­zu­schlag, soweit Deutsch­land für die jewei­li­gen Ein­künf­te ein Besteue­rungs­recht zusteht. Der Grund für die­sen Steu­er­satz ist, dass vie­le Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men den Quel­len­steu­er­ab­zug auf 15 % beschrän­ken, wodurch ein höhe­rer Steu­er­satz inlän­di­sche Fonds benach­tei­li­gen wür­de. Um eine Mehr­be­las­tung von Anle­gern zu ver­mei­den, die steu­er­lich begüns­tigt sind, ent­fällt die­se Besteue­rung auf Fonds­ebe­ne in dem Umfang, in dem am Fonds gemein­nüt­zi­ge Anle­ger (Stif­tun­gen und Kir­chen) betei­ligt sind. Steu­er­be­freit sind außer­dem Fonds, die Antei­le für zer­ti­fi­zier­te Alters­vor­sor­ge­ver­trä­ge hal­ten (Ries­ter- und Rürup-Ren­te).

  • Anle­ger-Besteue­rung: Damit es beim Anle­ger zu kei­ner Dop­pel­be­steue­rung kommt, wird die steu­er­li­che Vor­be­las­tung auf Fonds­ebe­ne sowie die feh­len­de Anrech­nungs­mög­lich­keit für aus­län­di­sche Steu­ern durch eine Teil­frei­stel­lung von Aus­schüt­tun­gen kom­pen­siert. Eine sol­che Teil­frei­stel­lung gibt es aller­dings nur für Akti­en-, Immo­bi­li­en- und Misch­fonds. Erträ­ge aus ande­ren Fonds­ty­pen sind beim Anle­ger voll steu­er­pflich­tig. Die Teil­frei­stel­lung erfolgt pau­schal und unab­hän­gig davon, ob und in wel­cher Höhe der Fonds besteu­ert wur­de. Im Gegen­zug dür­fen Wer­bungs­kos­ten und Betriebs­aus­ga­ben auch nur antei­lig gel­tend gemacht wer­den. Für Fonds­an­tei­le im Betriebs­ver­mö­gen gibt es teil­wei­se deut­lich höhe­re Frei­stel­lungs­sät­ze. Aller­dings wer­den Antei­le im Betriebs­ver­mö­gen beim Kapi­tal­ertrag­steu­er­ab­zug zunächst wie Antei­le von Pri­vat­an­le­gern behan­delt. Die höhe­ren Teil­frei­stel­lun­gen wer­den erst bei der Steu­er­ver­an­la­gung berück­sich­tigt.

  • Akti­en­fonds: Als Akti­en­fonds gel­ten Invest­ment­fonds, die durch­ge­hend min­des­tens 51 % ihres Wer­tes in Akti­en oder Antei­len an ande­ren Akti­en­fonds hal­ten. Antei­le an ande­ren Fonds wer­den dabei aber nur teil­wei­se gewer­tet, was schnell dazu füh­ren kann, dass ein Dach­fonds nicht mehr als Akti­en­fonds son­dern nur noch als Misch­fonds gilt. Für Pri­vat­an­le­ger wer­den bei Akti­en­fonds 30 % der Aus­schüt­tun­gen steu­er­frei sein. Betrieb­li­che Anle­ger erhal­ten eine Teil­frei­stel­lung von 60 % und Anle­ger, die der Kör­per­schaft­steu­er unter­lie­gen, sogar von 80 %.

  • Misch­fonds: Misch­fonds sind sol­che Fonds, die zumin­dest 25 % ihres Kapi­tals durch­ge­hend in Akti­en oder Akti­en­fonds inves­tie­ren. Für Misch­fonds gel­ten die hal­ben Sät­ze für die Teil­frei­stel­lung wie für Akti­en­fonds, also 15 % für Pri­vat­an­le­ger.

  • Immo­bi­li­en­fonds: Ana­log zur Defi­ni­ti­on des Akti­en­fonds sind Immo­bi­li­en­fonds sol­che Fonds, die min­des­tens 51 % ihres Werts in Immo­bi­li­en und Immo­bi­li­en-Gesell­schaf­ten anle­gen. Hält der Fonds Antei­le an ande­ren Immo­bi­li­en­fonds, dann gel­ten die­se mit 51 % ihres Werts als Immo­bi­li­en. Bei Immo­bi­li­en­fonds hängt die Höhe der Teil­frei­stel­lung nicht vom Anle­ger­typ ab, aber von der Immo­bi­li­en­art. Im Regel­fall sind 60 % der Erträ­ge steu­er­frei. Für Immo­bi­li­en­fonds, die fort­lau­fend zu min­des­tens 51 % ihres Werts in aus­län­di­sche Immo­bi­li­en inves­tie­ren, erhöht sich die Frei­stel­lung jedoch auf 80 %, um die Vor­be­las­tung mit aus­län­di­scher Quel­len­steu­er zu kom­pen­sie­ren.

  • Fonds­än­de­rung: Ändert sich die Fonds­art und damit die Höhe der Teil­frei­stel­lung oder wer­den die Vor­aus­set­zun­gen für die Teil­frei­stel­lung vom Fonds nicht mehr erfüllt, gel­ten die gehal­te­nen Fonds­an­tei­le am letz­ten Tag der ursprüng­li­chen Teil­frei­stel­lung als ver­kauft und am Fol­ge­tag wie­der neu ange­schafft. Der Gewinn aus die­sem fik­ti­ven Ver­kauf gilt aller­dings erst dann als zuge­flos­sen, wenn die Fonds­an­tei­le tat­säch­lich ver­kauft wer­den und wird somit auch erst dann besteu­ert.

  • Gewer­be­er­trä­ge: Für die Berech­nung des Gewer­be­er­trags wer­den die Teil­frei­stel­lungs­sät­ze, die bei der Ein­kom­men- oder Kör­per­schaft­steu­er gel­ten, nur zur Hälf­te berück­sich­tigt. Dabei spielt es kei­ne Rol­le, ob der Fonds gewer­be­steu­er­be­freit ist.

  • Nach­weis: Nor­ma­ler­wei­se ergibt sich die Fonds­art und damit die Höhe der Teil­frei­stel­lung aus den Anla­ge­be­din­gun­gen des Fonds. Ist das aus­nahms­wei­se nicht der Fall, kann der Anle­ger auch im Rah­men der Steu­er­erklä­rung nach­wei­sen, dass der Fonds durch­ge­hend in aus­rei­chen­dem Umfang Akti­en oder Immo­bi­li­en gehal­ten hat.

  • The­sau­rie­rung: Bis­her wur­den Erträ­ge, die nicht an die Anle­ger aus­ge­schüt­tet, son­dern the­sau­ri­ert wur­den, trotz­dem zeit­nah als aus­schüt­tungs­glei­che Erträ­ge besteu­ert. Das soll auch künf­tig grund­sätz­lich so blei­ben, aller­dings ändert sich die Metho­de. Die the­sau­ri­er­ten Erträ­ge wer­den nun nicht mehr exakt, son­dern aus Ver­ein­fa­chungs­grün­den pau­schal ermit­telt. Dazu wird eine Vor­ab­pau­scha­le aus dem Rück­nah­me­preis des Fonds am Jah­res­be­ginn und dem Basis­zins­satz, redu­ziert um die tat­säch­lich erfolg­ten Aus­schüt­tun­gen, ermit­telt. Zusätz­li­che Rege­lun­gen sol­len eine Über­be­steue­rung ver­mei­den. Beim Ver­kauf von Fonds­an­tei­len wer­den dann die wäh­rend der Besitz­zeit auf­ge­lau­fe­nen und ver­steu­er­ten Vor­ab­pau­scha­len in vol­ler Höhe vom Ver­äu­ße­rungs­ge­winn abge­zo­gen, auch wenn sie auf­grund der Teil­frei­stel­lung nur antei­lig ver­steu­ert wer­den muss­ten.

  • Bestands­schutz: Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne aus Fonds­an­tei­le, die vor 2009 erwor­ben wur­den, waren bis­her grund­sätz­lich steu­er­frei. Die­se Steu­er­frei­heit wird nun zeit­lich so ein­ge­schränkt, dass nur noch Wert­ver­än­de­run­gen unbe­schränkt steu­er­frei sind, die bis zum 31. Dezem­ber 2017 ent­ste­hen. Wert­ver­än­de­run­gen, die ab dem 1. Janu­ar 2018 ent­ste­hen, sind dage­gen steu­er­pflich­tig, soweit der Gewinn aus dem Ver­kauf von Alt­an­tei­len einen Frei­be­trag von 100.000 Euro über­steigt. Der ver­blei­ben­de Frei­be­trag wird jedes Jahr geson­dert fest­ge­stellt, bis er auf­ge­braucht ist. Ver­lus­te aus dem Ver­kauf von Alt­an­tei­len erhö­hen den Frei­be­trag wie­der, wenn er bereits teil­wei­se ver­braucht wur­de. Für Klein­an­le­ger bedeu­tet das fak­tisch wei­ter­hin einen zeit­lich unbe­grenz­ten Bestands­schutz.

  • Gel­tungs­be­reich: Nach der Reform fal­len deut­lich mehr Invest­ment­fonds unter die Invest­ment­be­steue­rung. Ins­be­son­de­re gilt das neue Sys­tem künf­tig neben offe­nen auch für geschlos­se­ne Invest­ment­fonds und für fonds­ähn­li­che Vehi­kel, z.B. Kapi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten, die nur einen Anle­ger haben. Aus­ge­nom­men von der Invest­ment­be­steue­rung sind aber Invest­ment­ver­mö­gen in der Rechts­form einer Per­so­nen­ge­sell­schaft.

  • Cum/­Cum-Geschäf­te: Zu den Steu­er­ge­stal­tun­gen, die unter­bun­den wer­den sol­len, gehö­ren die Cum/­Cum-Geschäf­te (nicht zu ver­wech­seln mit dem auch als Cum/Ex-Geschäft bekann­ten Divi­den­den­strip­ping). Damit kön­nen Steu­er­aus­län­der und inlän­di­sche Kör­per­schaf­ten durch den Ver­kauf von Akti­en vor dem Divi­den­den­stich­tag die Besteue­rung ver­mei­den. Zwar wer­den die Divi­den­den beim Käu­fer besteu­ert, der Ver­lust aus dem Ver­kauf der Aktie nach dem aus­schüt­tungs­be­ding­ten Kurs­rück­gang kann aber mit der erziel­ten Divi­den­de ver­rech­net wer­den, sodass die ein­be­hal­te­ne Kapi­tal­ertrag­steu­er an den Käu­fer erstat­tet wer­den muss. Der Käu­fer ver­kauft die Akti­en nach dem Kurs­rück­gang wie­der an den ursprüng­li­chen Eigen­tü­mer und bei­de tei­len sich die Steu­er­erspar­nis. Die­ses Steu­er­spar­mo­dell wird durch einen Min­dest­hal­te­zeit­raum von 45 Tagen inner­halb von 91 Tagen rund um den Divi­den­den­ter­min aus­ge­he­belt. Inner­halb die­ser Zeit muss der Anle­ger das Kurs­ri­si­ko zu min­des­tens 70 % tra­gen und darf nicht ver­pflich­tet sein, Divi­den­den ganz oder teil­wei­se an ande­re Per­so­nen abzu­füh­ren. Die neue Rege­lung ist recht kom­plex und im Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren zum Teil hef­tig kri­ti­siert wor­den. Sie wur­de daher etwas ent­schärft, bleibt aber im Grund­satz bestehen. Klein­an­le­ger immer­hin blei­ben ver­schont, denn die Min­dest­hal­te­dau­er gilt nur bei Divi­den­den­er­trä­gen von mehr als 20.000 Euro jähr­lich. Die Ände­rung gilt rück­wir­kend ab dem 1. Janu­ar 2016.

  • Streu­be­sitz-Ver­käu­fe: Es ist eine alte For­de­rung der Län­der, neben der bereits ein­ge­führ­ten Steu­er­pflicht für Streu­be­sitz­di­vi­den­den auch Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne aus Streu­be­sitz zu besteu­ern. Ursprüng­lich soll­te mit dem Gesetz daher für Unter­neh­men eine Steu­er­pflicht für Gewin­ne aus dem Ver­kauf von Streu­be­sitz­an­tei­len (Betei­li­gun­gen unter 10 %) ein­ge­führt wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung hat sich aber gegen eine sol­che Besteue­rung gestellt, um die Finan­zie­rung von Exis­tenz­grün­dern und jun­gen Fir­men nicht zu gefähr­den. Das Vor­ha­ben ist des­halb wie­der aus dem Gesetz gestri­chen wor­den.