Urteilsvorschau für das laufende Jahr

Der Bundesfinanzhof hat bekannt gegeben, in welchen Verfahren 2017 voraussichtlich ein Urteil fallen wird.

Mit­un­ter kann es Jah­re dau­ern, bis in einem Rechts­streit ein Ergeb­nis fest­steht, erst recht, wenn die höchs­ten Gerich­te in der Sache ent­schei­den müs­sen. Weil vie­le Ver­fah­ren nicht nur für die Betei­lig­ten von Bedeu­tung sind, ver­öf­fent­li­chen die Bun­des­ge­rich­te immer wie­der eine Lis­te der Ver­fah­ren, zu denen sie in den nächs­ten Mona­ten eine Ent­schei­dung fäl­len wol­len.

Das hilft den Steu­er­zah­lern vor allem bei der Ent­schei­dung, ob es sich loh­nen kann, den Steu­er­be­scheid in einem ver­gleich­ba­ren Fall durch einen Ein­spruch offen zu hal­ten. Für Unter­neh­mer und ande­re Steu­er­zah­ler sind vor allem fol­gen­de Ver­fah­ren inter­es­sant, die der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dungs­vor­schau genannt hat:

  • Bau­trä­ger­fäl­le: In vie­len Fäl­len sind Unter­neh­men und Finanz­äm­ter bei Bau­leis­tun­gen an Bau­trä­ger bis 2013 von einer Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft aus­ge­gan­gen. Für die Kor­rek­tur die­ser Fäl­le wur­de eine Vor­schrift geschaf­fen, die meh­re­re teils hoch umstrit­te­ne Rechts­fra­gen auf­wirft. Der Bun­des­fi­nanz­hof wird dazu eine ers­te höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung tref­fen.

  • Geschen­ke: Auf­wen­dun­gen für Geschen­ke von mehr als 35 Euro pro Per­son kön­nen nicht als Betriebs­aus­ga­ben abge­zo­gen wer­den. Trotz­dem muss der Emp­fän­ger den Vor­teil ver­steu­ern. Dafür ist eine Pau­scha­lie­rung der Ein­kom­men­steu­er mög­lich, die der Schen­ker über­neh­men kann. Ob zumin­dest die­se Pau­schal­steu­er als Betriebs­aus­ga­be abzieh­bar ist, wird nun geklärt.

  • Ener­gie­spar­lam­pen: Seit 2005 sind die Her­stel­ler gesetz­lich ver­pflich­tet, Elek­tro- und Elek­tro­nik­ge­rä­te abzu­ho­len und zu ent­sor­gen. Ob auf­grund die­ser Ver­pflich­tung eine Rück­stel­lung für zukünf­ti­ge Auf­wen­dun­gen zur Ent­sor­gung von Ener­gie­spar­lam­pen gebil­det wer­den kann, muss der Bun­des­fi­nanz­hof klä­ren.

  • Fir­men­wa­gen: Die Höhe des pau­scha­len Nut­zungs­werts für die Pri­vat­nut­zung eines Fir­men­wa­gens wird auf die Gesamt­kos­ten beschränkt. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss klä­ren, ob durch den Aus­schluss der 1 %-Rege­lung für Pkw im gewill­kür­ten Betriebs­ver­mö­gen ab 2006 auch eine sol­che Decke­lung auf 50 % der tat­säch­lich ange­fal­le­nen Kos­ten für die­se Pkw gebo­ten ist — ins­be­son­de­re bei Gebraucht­wa­gen.

  • Gewerb­li­che Ein­künf­te: Die Gewer­be­steu­er wird pau­scha­liert auf die Ein­kom­men­steu­er ange­rech­net, um die Dop­pel­be­las­tung gewerb­li­cher Ein­künf­te zu redu­zie­ren. Die Anrech­nung ist aller­dings auf die tat­säch­lich anfal­len­de Gewer­be­steu­er beschränkt. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss nun klä­ren, ob die­se Begren­zung bei Betei­li­gun­gen an meh­re­ren Gesell­schaf­ten und bei mehr­stö­cki­gen Gesell­schaf­ten für jede Betei­li­gung getrennt (betriebs­be­zo­gen) oder zusam­men (unter­neh­mer­be­zo­gen) zu ermit­teln ist. Außer­dem muss der Bun­des­fi­nanz­hof die Fra­ge beant­wor­ten, ob die Beschrän­kung der Steu­er­ermä­ßi­gung für gewerb­li­che Ein­künf­te bei der Ein­kom­men­steu­er gegen den Gleich­heits­satz ver­stößt.

  • Gesell­schaf­ter­dar­le­hen: Nach bis­he­ri­ger Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs zähl­ten zu den nach­träg­li­chen Anschaf­fungs­kos­ten einer Betei­li­gung auch eigen­ka­pi­ta­ler­set­zen­de Dar­le­hen des Gesell­schaf­ters. Mit dem Weg­fall des zivil­recht­li­chen Eigen­ka­pi­ta­ler­satz­rechts durch das MoMiG zum 1. Novem­ber 2008 ist der gesell­schafts­recht­li­che Anknüp­fungs­punkt die­ser Recht­spre­chung ent­fal­len. Das Gericht muss daher nun ent­schei­den, ob und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen auch künf­tig Ver­lus­te eines Gesell­schaf­ters aus einem der Gesell­schaft gewähr­ten Dar­le­hen steu­er­min­dernd zu berück­sich­ti­gen sind.

  • Ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung: Leis­tun­gen der GmbH an den Gesell­schaf­ter oder ihm nahe­ste­hen­de Per­so­nen kön­nen zumin­dest in gewis­sen Fäl­len gleich­zei­tig als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung als auch als Schen­kung durch die GmbH gel­ten. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss nun klä­ren, ob die Erfas­sung der ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung bei der Kör­per­schaft- und Ein­kom­men­steu­er aus­schließt, dass das Finanz­amt zusätz­lich Schen­kungsteu­er fest­set­zen kann.

  • Schäd­li­cher Anteils­er­werb: Die Über­tra­gung von Antei­len an einer Kapi­tal­ge­sell­schaft kann zum Weg­fall der steu­er­li­chen Ver­lus­te füh­ren, wenn ein Erwer­ber bestimm­te Schwel­len­wer­te über­schrei­tet, wobei eine “Grup­pe von Erwer­bern mit gleich­ge­rich­te­ten Inter­es­sen” als ein Erwer­ber gilt. Unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen eine sol­che Grup­pe anzu­neh­men ist, muss der Bun­des­fi­nanz­hof noch prä­zi­sie­ren.

  • Aus­län­di­sche Betriebs­stät­te: Erzielt ein Unter­neh­men Ver­lus­te mit einer aus­län­di­schen Betriebs­stät­te, sind die­se pri­mär im Aus­land abzu­zie­hen. Die Rich­ter müs­sen nun prü­fen, ob die Begren­zung der Ver­lust­ver­rech­nung mit EU-Recht ver­ein­bar ist.

  • Lohn­sum­men­re­ge­lung: Bei der Erb­schaft­steu­er­be­frei­ung für Betriebs­ver­mö­gen gilt die Lohn­sum­men­re­ge­lung dann nicht, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 (altes Recht) bzw. 5 (neu­es Recht) Beschäf­tig­te hat. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss sich mit der Ermitt­lung der Arbeit­neh­mer­zahl bei nach­ge­ord­ne­ten Gesell­schaf­ten befas­sen und ent­schei­den, ob auch Arbeit­neh­mer aus dem Zeit­raum vor dem 7. Juni 2013 ein­zu­be­zie­hen sind, als dies noch nicht gesetz­lich vor­ge­schrie­ben war.

  • Umstruk­tu­rie­rung: Meh­re­re Ver­fah­ren betref­fen die Rege­lung zur Nicht­er­he­bung der Grund­er­werb­steu­er bei einer Umstruk­tu­rie­rung im Kon­zern. Ins­be­son­de­re geht es um die Fra­ge, ob die Steu­er­ver­güns­ti­gung für eine Aus­glie­de­rung auf eine neu gegrün­de­te Gesell­schaft im Kon­zern auch dann gewährt wer­den kann, wenn wegen der Neu­grün­dung der Gesell­schaft die fünf­jäh­ri­ge Vor­be­hal­tens­frist nicht ein­ge­hal­ten wur­de.

  • Drei-Objek­te-Gren­ze: Der Bun­des­fi­nanz­hof muss prü­fen, ob ein gewerb­li­cher Grund­stücks­han­del vor­liegt, wenn ein Immo­bi­li­en­be­sit­zer über einen Mak­ler zunächst vier von fünf Eigen­tums­woh­nun­gen anbie­tet und davon drei inner­halb weni­ger Mona­te ver­kauft sowie die vier­te Woh­nung zwei Mona­te spä­ter sei­ner Ehe­frau schenkt. Eben­so ist unklar, ob der spä­te­re Ver­kauf die­ser Woh­nung durch die Ehe­frau zu berück­sich­ti­gen ist.

  • Pfle­ge­frei­be­trag: Hat der Erbe den Erb­las­ser vor des­sen Tod unent­gelt­lich oder nur gegen gerin­ges Ent­gelt gepflegt, so kann er bei der Erb­schaft­steu­er einen Pfle­ge­frei­be­trag von bis zu 20.000 Euro gel­tend machen. Der Streit beim Bun­des­fi­nanz­hof betrifft die Fra­ge, ob und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen die­ser Pfle­ge­frei­be­trag einem Erben zusteht, der dem Erb­las­ser gesetz­lich zum Unter­halt ver­pflich­tet war.

  • Zusätz­li­che Pfle­ge­kräf­te: Ein in einem Pfle­ge­heim unter­ge­brach­ter Steu­er­zah­ler beschäf­tigt zu sei­ner Ver­sor­gung und Betreu­ung zusätz­lich pri­va­te Pfle­ge­kräf­te. In dem Ver­fah­ren geht es um die Fra­ge, in wel­cher Höhe die Aus­ga­ben ange­mes­sen und als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung zu berück­sich­ti­gen sind.

  • Schei­dungs­kos­ten: Seit 2013 sind Pro­zess­kos­ten grund­sätz­lich vom Abzug als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung aus­ge­schlos­sen. Berück­sich­tigt wer­den nur noch sol­che Auf­wen­dun­gen, ohne die der Steu­er­zah­ler Gefahr lie­fe, sei­ne Exis­tenz­grund­la­ge zu ver­lie­ren. In meh­re­ren Ver­fah­ren wird der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schei­den, ob Pro­zess­kos­ten für eine Ehe­schei­dung auch nach der gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung noch abzieh­bar sind.

  • Künst­li­che Befruch­tung: Die künst­li­che Befruch­tung mit einer Eizell­spen­de einer frem­den Frau ist in Deutsch­land ver­bo­ten. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss nun ent­schei­den, ob die Auf­wen­dun­gen trotz­dem als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung zu berück­sich­ti­gen sind, wenn die Behand­lung rechts­kon­form in einem ande­ren EU-Staat erfolgt ist, der die Maß­nah­me erlaubt.

  • Ver­lust­ver­rech­nung: Dem Gericht wur­de die Fra­ge gestellt, ob Ver­lus­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen, die der Abgel­tungs­teu­er unter­lie­gen mit posi­ti­ven Kapi­tal­ein­künf­ten, die der tarif­li­chen Ein­kom­men­steu­er unter­lie­gen, ver­rech­net wer­den kön­nen.

  • Betei­li­gungs­gren­ze: Unter wel­chen Bedin­gun­gen für Zins­er­trä­ge aus einer Kapi­tal­ge­sell­schaft die tarif­li­che Ein­kom­men­steu­er oder die Abgel­tungs­teu­er zur Anwen­dung kommt, ist Gegen­stand meh­re­rer Ver­fah­ren. Es geht um die Fra­ge, ob auch mit­tel­ba­re Betei­li­gun­gen bei der Ermitt­lung der gesetz­li­chen Betei­li­gungs­gren­ze von 10 % zu berück­sich­ti­gen sind, die eine tarif­li­che Besteue­rung erzwingt. Außer­dem ist zu klä­ren, ob bereits eine mit­tel­ba­re Betei­li­gung von min­des­tens 1 % ein Wahl­recht zur Besteue­rung nach dem Steu­er­ta­rif und dem damit ver­bun­de­nen Abzug der tat­säch­li­chen Wer­bungs­kos­ten eröff­net.

  • Dar­le­hens­aus­fall: In einem Ver­fah­ren muss der Bun­des­fi­nanz­hof klä­ren, ob der Total­aus­fall einer pri­va­ten Dar­le­hens­for­de­rung wegen Insol­venz des Dar­le­hens­neh­mers nach der Ein­füh­rung der Abgel­tungs­teu­er zu steu­er­wirk­sa­men Ver­lus­ten führt.

  • Gold­fin­ger: Beim Gold­fin­ger-Steu­er­spar­mo­dell grün­de­ten Steu­er­zah­ler in Groß­bri­tan­ni­en eine Gesell­schaft und nah­men den kre­dit­fi­nan­zier­ten Han­del mit Gold auf. Nun wird dar­um gestrit­ten, ob es sich um einen Gewer­be­be­trieb han­del­te und die Anschaf­fungs­kos­ten für das Gold sich steu­er­min­dernd aus­wir­ken.

  • Übungs­lei­ter­pau­scha­le: Ein­nah­men aus einer neben­be­ruf­li­chen Tätig­keit sind bis zu 2.400 Euro steu­er­frei. Bei höhe­ren Ein­nah­men darf nur der Teil der mit der Tätig­keit ver­bun­de­nen Aus­ga­ben als Betriebs­aus­ga­ben abge­zo­gen wer­den, der die steu­er­frei­en Ein­nah­men über­steigt. Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren wird der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schei­den, ob die den Frei­be­trag über­stei­gen­den Aus­ga­ben als Betriebs­aus­ga­ben zuzu­las­sen sind, wenn die Ein­nah­men den Frei­be­trag unter­schrei­ten.

  • Pflicht­teils­an­spruch: Fol­ge­wir­kung für ande­re Erben haben könn­te ein Ver­fah­ren, in dem es um die Fra­ge geht, ob ein Pflicht­teils­an­spruch des Erb­las­sers Teil des steu­er­pflich­ti­gen Erbes ist, obwohl der Erb­las­ser zu sei­nen Leb­zei­ten den Pflicht­teils­an­spruch nicht gel­tend gemacht hat.