Neues Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen

Das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz enthält anders als sein Vorgänger gleich mehrere Maßnahmen, die fast alle Unternehmen betreffen.

Über­flüs­si­ge Büro­kra­tie bedeu­tet unnö­ti­gen Auf­wand für alle Fir­men, belas­tet aber über­pro­por­tio­nal klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men. Mit dem ers­ten Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz wur­de das Steu­er- und Wirt­schafts­recht vor zwei Jah­ren an ver­schie­de­nen Stel­len ent­rüm­pelt und ver­ein­facht. Die Ände­run­gen damals waren zwar erfreu­lich, hat­ten aber nur in weni­gen Fäl­len eine wirk­lich spür­ba­re Ent­las­tung zur Fol­ge, denn es konn­te jeweils nur eine klei­ne­re Zahl von Unter­neh­mern von der Ent­las­tung pro­fi­tie­ren.

Anders sieht das mit dem Zwei­ten Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz aus: Die dar­in ent­hal­te­nen Maß­nah­men haben eine deut­lich grö­ße­re Brei­ten­wir­kung als die des ers­ten Geset­zes, denn fast jeder Unter­neh­mer und Frei­be­ruf­ler kann aus min­des­tens einer der Maß­nah­men Nut­zen zie­hen. Ins­ge­samt mehr als 350 Mio. Euro soll­te das Gesetz laut dem ers­ten Ent­wurf der deut­schen Wirt­schaft an Büro­kra­tie­kos­ten spa­ren. Seit die­ser Betrag berech­net wur­de, sind meh­re­re wei­te­re Maß­nah­men in das Gesetz auf­ge­nom­men wor­den, sodass die Ent­las­tung jetzt noch höher aus­fällt.

Ursprüng­lich soll­te das im letz­ten Som­mer ange­sto­ße­ne Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren inner­halb weni­ger Mona­te abge­schlos­sen wer­den. Am Ende hat es sechs Mona­te län­ger gedau­ert als geplant, doch jetzt haben Bun­des­tag und Bun­des­rat das Gesetz ver­ab­schie­det. Die meis­ten der dar­in ent­hal­te­nen Maß­nah­men tre­ten nun rück­wir­kend zum 1. Janu­ar 2017 in Kraft. Und das sind die Maß­nah­men, die in dem Gesetz ent­hal­ten sind:

  • Lie­fer­schei­ne: Lie­fer­schei­ne sind als Han­dels- oder Geschäfts­brie­fe auf­be­wah­rungs­pflich­tig, und zwar auch dann, wenn sich die Anga­ben aus den Rech­nun­gen erge­ben. Die Lie­fer­schei­ne müs­sen min­des­tens sechs Jah­re lang auf­be­wahrt wer­den, und sogar zehn Jah­re lang, wenn sie als Buchungs­be­leg ver­wen­det wer­den. Weil eine Rech­nung ohne­hin stets Anga­ben zu Men­ge und Art der gelie­fer­ten Ware ent­hal­ten muss und es kei­ne gesetz­li­che Pflicht zur Erstel­lung von Lie­fer­schei­nen gibt, wur­de die Auf­be­wah­rungs­pflicht für Lie­fer­schei­ne nun weit­ge­hend gestri­chen. Bei emp­fan­ge­nen Lie­fer­schei­nen endet die Auf­be­wah­rungs­frist jetzt mit dem Erhalt der Rech­nung und bei abge­sand­ten Lie­fer­schei­nen mit dem Ver­sand der Rech­nung. Davon aus­ge­nom­men sind ledig­lich Lie­fer­schei­ne, die auch als Buchungs­be­leg ver­wen­det wer­den — die­se sind wie bis­her auf­zu­be­wah­ren. Die ver­kürz­te Auf­be­wah­rungs­pflicht gilt für alle Lie­fer­schei­ne, deren Auf­be­wah­rungs­pflicht nach der alten Vor­schrift noch nicht abge­lau­fen ist. Da die­se Rege­lung rück­wir­kend zum 1. Janu­ar 2017 in Kraft getre­ten ist, kön­nen somit alle Lie­fer­schei­ne ent­sorgt wer­den, die nicht als Buchungs­be­leg die­nen oder auf­grund ande­rer Vor­schrif­ten auf­be­wahrt wer­den müs­sen.

  • Klein­be­trags­rech­nun­gen: In Rech­nun­gen über Klein­be­trä­ge bis zu 150 Euro müs­sen nicht sämt­li­che Pflicht­an­ga­ben für eine Rech­nung ent­hal­ten sein. Es genü­gen das Datum, die Adres­se des Rech­nungs­aus­stel­lers, die Auf­stel­lung der Waren oder Leis­tun­gen und der Rech­nungs­be­trag sowie der Umsatz­steu­er­satz oder Steu­er­be­trag. Die bis­he­ri­ge Gren­ze von 150 Euro wur­de nun rück­wir­kend zum 1. Janu­ar 2017 auf 250 Euro ange­ho­ben. Gegen die Anhe­bung auf 250 Euro gab es zunächst Wider­stand, und so war im ers­ten Ent­wurf nur eine Erhö­hung auf 200 Euro vor­ge­se­hen. Im end­gül­ti­gen Gesetz hat sich aber die Anhe­bung auf 250 Euro durch­ge­setzt, die bereits vor zwei Jah­ren schon ein­mal im Gespräch war.

  • GWG-Gren­ze: Gering­wer­ti­ge Wirt­schafts­gü­ter, die sofort voll abge­schrie­ben wer­den, müs­sen ab einem Wert von 150 Euro unter Anga­be des Tages der Anschaf­fung, Her­stel­lung oder Ein­la­ge und der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten in ein lau­fend zu füh­ren­des Ver­zeich­nis auf­ge­nom­men wer­den, sofern sich die­se Anga­ben nicht ohne­hin aus der Buch­füh­rung erge­ben. Die­se Wert­gren­ze wird ab 2018 auf 250 Euro erhöht. Am Grenz­be­trag von 410 Euro, bis zu dem Wirt­schafts­gü­ter sofort voll abge­schrie­ben wer­den kön­nen, erfolgt durch das Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz kei­ne Ände­rung. Zwar wird die GWG-Gren­ze ab 2018 eben­falls ange­ho­ben auf dann 800 Euro, aller­dings ist die­se Ände­rung in einem ande­ren Gesetz ent­hal­ten, dem der Bun­des­rat erst noch zustim­men muss.

  • Lohn­steu­er­an­mel­dung: Ein Arbeit­ge­ber, der im Jahr nicht mehr als 4.000 Euro Lohn­steu­er ans Finanz­amt abführt, muss die Lohn­steu­er­an­mel­dung nur ein­mal im Quar­tal statt jeden Monat abge­ben. Ab 2017 gilt nun ein jähr­li­cher Grenz­be­trag von 5.000 Euro, sodass künf­tig Kleinst­be­trie­be nur noch vier statt zwölf Anmel­dun­gen im Jahr abge­ben müs­sen. Die Gren­ze für die jähr­li­che Abga­be der Lohn­steu­er­an­mel­dung ist bereits vor eini­gen Jah­ren von 1.000 auf 1.080 Euro ange­ho­ben wor­den.

  • Lohn­steu­er­pau­scha­lie­rung: Die Lohn­steu­er­pau­scha­lie­rung bei einer kurz­fris­ti­gen Beschäf­ti­gung ist nur zuläs­sig, wenn der durch­schnitt­li­che Tages­lohn unter­halb einer bestimm­ten Gren­ze liegt. Die­se Gren­ze steigt ab 2017 von 68 Euro auf 72 Euro, was die Anhe­bung des gesetz­li­chen Min­dest­lohns auf 8,84 Euro zum 1. Janu­ar 2017 aus­glei­chen soll.

  • SV-Bei­trä­ge: Wenn bei der Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge der end­gül­ti­ge Arbeits­lohn noch nicht bekannt ist, muss­te bis­her die vor­aus­sicht­li­che Höhe der Bei­trä­ge geschätzt und abge­führt wer­den. Die Dif­fe­renz zwi­schen Schät­zung und end­gül­ti­gem Betrag ist dann im Fol­ge­mo­nat mit zu berück­sich­ti­gen. Künf­tig steht das ver­ein­fach­te Ver­fah­ren allen Arbeit­ge­bern offen. Dabei wer­den ein­fach die Bei­trä­ge des Vor­mo­nats als Grund­la­ge genom­men und wie bis­her die Dif­fe­renz im Fol­ge­mo­nat aus­ge­gli­chen. Eine auf­wen­di­ge Schät­zung ist damit nicht mehr not­wen­dig.

  • Fac­to­ring: Beim ech­ten Fac­to­ring wur­de jetzt ein Haf­tungs­aus­schluss des Fac­tors für die Umsatz­steu­er gesetz­lich fest­ge­schrie­ben. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat­te näm­lich eine Haf­tung des Fac­tors nicht aus­ge­schlos­sen, wenn er dem Unter­neh­mer liqui­de Mit­tel zur Ver­fü­gung gestellt hat, aus denen die­ser sei­ne Umsatz­steu­er­schuld hät­te beglei­chen kön­nen. Die­ses Urteil wider­sprach der Ver­wal­tungs­auf­fas­sung.

  • Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung: Nicht in das end­gül­ti­ge Gesetz geschafft hat es eine ursprüng­lich vor­ge­se­he­ne Anhe­bung der Umsatz­gren­ze für Klein­un­ter­neh­mer. Es bleibt somit wei­ter­hin dabei, dass ein Unter­neh­mer nur dann kei­ne Umsatz­steu­er aus­wei­sen und abfüh­ren muss, wenn der Umsatz im letz­ten Jahr nicht über 17.500 Euro lag und im lau­fen­den Jahr vor­aus­sicht­lich nicht mehr als 50.000 Euro beträgt. Wer die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung nutzt, darf dann im Gegen­zug auch kei­nen Vor­steu­er­ab­zug gel­tend machen. Obwohl die Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze schon län­ger nicht mehr ange­ho­ben wur­de, ist auch auf abseh­ba­re Zeit nicht mit einer Anhe­bung zu rech­nen, da im Lauf des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens auch die Wirt­schafts­ver­bän­de eine deut­li­che Ableh­nung der Anhe­bung signa­li­siert haben.

  • Pfle­ge­ver­si­che­rung: Für die Abrech­nung von Pfle­ge­leis­tun­gen im Rah­men der Pfle­ge­ver­si­che­rung sol­len bis 2018 die Details für eine kom­plett elek­tro­ni­sche Abrech­nung samt Bestä­ti­gung der Leis­tungs­er­brin­gung durch den Leis­tungs­emp­fän­ger fest­ge­legt wer­den. Bele­ge in Papier­form sind dann über­flüs­sig.

  • Hand­werks­kam­mern: Die Hand­werks­kam­mern bekom­men eine ein­deu­ti­ge Rechts­grund­la­ge, um mit ihren Mit­glie­dern elek­tro­nisch kom­mu­ni­zie­ren zu kön­nen. Dazu kön­nen sie nun von ihren Mit­glie­dern auch die Web­sei­te und E-Mail-Adres­se erfra­gen und in die Hand­werks­rol­le auf­neh­men.

  • Hand­werks­ord­nung: In der Hand­werks­ord­nung erfol­gen noch ver­schie­de­ne wei­te­re Ände­run­gen, bei­spiels­wei­se zur Aus­stel­lung des Euro­päi­schen Berufs­aus­wei­ses und zur Ver­öf­fent­li­chung von Bekannt­ma­chun­gen in digi­ta­len Medi­en.

  • Leis­tungs­in­for­ma­tio­nen: Eine zen­tra­le Bun­des­re­dak­ti­on soll künf­tig zu leis­tungs­be­grün­den­den Geset­zen und Ver­ord­nun­gen des Bun­des Leis­tungs­in­for­ma­tio­nen in stan­dar­di­sier­ter Form bereit­stel­len. Leis­tungs­in­for­ma­tio­nen sol­len ins­be­son­de­re für unter­neh­mens- und bür­ger­rele­van­te Rege­lun­gen erstellt wer­den, bei denen ein hoher Infor­ma­ti­ons­be­darf zu erwar­ten ist.