Stärkung und Reform der Betriebsrente

Mit einer Vielzahl von Detailverbesserungen und einem neuen Fördermodell wird die betriebliche Altersversorgung ab 2018 deutlich ausgebaut und in der Handhabung vereinfacht.

Die Betriebs­ren­te ist die ältes­te Zusatz­ver­sor­gung im Alter, aber gera­de in klei­nen Unter­neh­men nicht beson­ders ver­brei­tet. Das soll sich jetzt ändern: Der Bun­des­rat hat am 7. Juli dem Betriebs­ren­ten­stär­kungs­ge­setz zuge­stimmt. Die­ses “Gesetz zur Stär­kung der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung und zur Ände­rung ande­rer Geset­ze”, so der offi­zi­el­le Name, ent­hält ein umfas­sen­des Maß­nah­men­pa­ket, mit dem die betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung (BAV) aus­ge­baut wer­den soll.

Die Maß­nah­men rich­ten sich ins­be­son­de­re an klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men sowie Beschäf­tig­te mit gerin­gem Ein­kom­men und umfas­sen Ände­run­gen im Arbeits-, Sozi­al- und Steu­er­recht. Alle wesent­li­chen Ände­run­gen in dem Gesetz sind hier zusam­men­ge­fasst und tre­ten zum 1. Janu­ar 2018 in Kraft soweit nicht anders ange­ge­ben.

  • Bei­trags­zu­sa­gen: Im Betriebs­ren­ten­ge­setz wird eine Mög­lich­keit geschaf­fen, künf­tig auf der Grund­la­ge von Tarif­ver­trä­gen rei­ne Bei­trags­zu­sa­gen ein­zu­füh­ren und damit die Arbeit­ge­ber von bis­he­ri­gen Haf­tungs­ri­si­ken für Betriebs­ren­ten zu ent­las­ten. Statt einer bestimm­ten Leis­tung im Alter garan­tiert der Arbeit­ge­ber dabei nur eine bestimm­te Höhe des Bei­trags zur betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung. In die­sem Fall wer­den auch kei­ne Min­dest- bzw. Garan­tie­leis­tun­gen der durch­füh­ren­den Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen mehr vor­ge­se­hen. Die Beschrän­kung der Bei­trags­zu­sa­ge auf tarif­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen soll eine gewis­se Min­dest­qua­li­tät bei der Aus­ge­stal­tung und Pro­dukt­aus­wahl sicher­stel­len. Nicht­ta­rif­ge­bun­de­ne Arbeit­ge­ber und Beschäf­tig­te kön­nen ver­ein­ba­ren, dass die Rege­lun­gen aus einem der ein­schlä­gi­gen Tarif­ver­trä­ge auch für sie gel­ten sol­len. Dabei müs­sen aber sämt­li­che Rege­lun­gen zur Bei­trags­zu­sa­ge aus dem Tarif­ver­trag unver­än­dert über­nom­men wer­den. Außer­dem muss der im Tarif­ver­trag gere­gel­te Ver­sor­gungs­trä­ger einer Über­nah­me zustim­men.

  • Opti­ons­sys­tem: Im Betriebs­ren­ten­ge­setz gibt es jetzt eine recht­li­che Grund­la­ge für Opti­ons­sys­te­me, bei denen der Arbeit­ge­ber sei­nen Beschäf­tig­ten eine auto­ma­ti­sche Ent­gelt­um­wand­lung anbie­tet. Die­se Opti­on gilt als vom Arbeit­neh­mer ange­nom­men, wenn er nach einer schrift­li­chen Infor­ma­ti­on über das Ange­bot nicht inner­halb einer Frist von einem Monat aktiv dage­gen optiert. Auf­grund man­geln­der Rechts­si­cher­heit gab es sol­che Model­le in Deutsch­land bis­her nur ver­ein­zelt. Wie die rei­ne Bei­trags­zu­sa­ge setzt auch das Opti­ons­sys­tem eine tarif­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung vor­aus, die nicht tarif­ge­bun­de­ne Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer über­neh­men kön­nen.

  • Ent­gelt­um­wand­lung: Bei einer rei­nen Bei­trags­zu­sa­ge muss der Arbeit­ge­ber im Fall einer Ent­gelt­um­wand­lung die ein­ge­spar­ten Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge in Form eines Zuschus­ses zu den Bei­trä­gen an den Arbeit­neh­mer wei­ter­ge­ben. Kon­kret muss der Arbeit­ge­ber min­des­tens 15 Pro­zent des umge­wan­del­ten Ent­gelts zusätz­lich als Arbeit­ge­ber­zu­schuss an die Ver­sor­gungs­ein­rich­tung wei­ter­lei­ten, aller­dings nur sofern tat­säch­lich Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge in die­ser Höhe ein­ge­spart wur­den. Liegt die Erspar­nis dar­un­ter, muss auch nur die­ser Bei­trag wei­ter­ge­lei­tet wer­den, auch wenn es dem Arbeit­ge­ber frei­steht, der Ein­fach­heit hal­ber grund­sätz­lich 15 % Zuschuss zu zah­len. Details dazu soll der Tarif­ver­trag regeln. Für die Zuschuss­pflicht gibt es zudem eine Über­gangs­frist. Sie gilt ab 2019 für neue und ab 2022 auch für alle bereits bestehen­den Ver­ein­ba­run­gen.

  • Ries­ter-Grund­zu­la­ge: Im Gesetz­ent­wurf war ursprüng­lich vor­ge­se­hen, die jähr­li­che Grund­zu­la­ge bei der Ries­ter-Ren­te von der­zeit 154 Euro auf 165 Euro zu erhö­hen. Nach­dem das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren jetzt abge­schlos­sen ist, fällt die Anhe­bung der Grund­zu­la­ge noch höher aus, näm­lich auf 175 Euro. Dage­gen wur­de die ana­lo­ge Anhe­bung des maxi­ma­len Son­der­aus­ga­ben­ab­zugs von 2.100 Euro auf 2.250 Euro nicht umge­setzt.

  • Wohn-Ries­ter: Für eine über Wohn-Ries­ter geför­der­te Woh­nung muss die Auf­ga­be der Selbst­nut­zung gemel­det wer­den. Statt von einer Mit­tei­lungs­pflicht ist im Gesetz nun von einer Anzei­ge­pflicht die Rede, was in ers­ter Linie eine Klar­stel­lung ist. Nach der Auf­ga­be der Selbst­nut­zung muss das Wohn­för­der­kon­to auf­ge­löst wer­den, es sei denn, der Ries­ter-Spa­rer ent­schließt sich, in eine ande­re selbst­ge­nutz­te Woh­nung oder in einen ande­ren Alters­vor­sor­ge­ver­trag zu inves­tie­ren. Wenn die Auf­ga­be der Selbst­nut­zung aber von vorn­her­ein nur tem­po­rär ange­legt ist, gab es bis­her kei­ne Mög­lich­keit, die Auf­lö­sung des Wohn­för­der­kon­tos zu ver­hin­dern. Künf­tig bleibt das Wohn­för­der­kon­to bestehen, wenn der Spa­rer die Selbst­nut­zung inner­halb von fünf Jah­ren wie­der auf­nimmt und die­se Absicht sowie den vor­aus­sicht­li­chen Zeit­punkt der erneu­ten Selbst­nut­zung dem Anbie­ter oder der Zen­tra­len Zula­gen­stel­le mit­teilt.

  • Klein­be­trags­ab­fin­dun­gen: Eine fun­da­men­ta­le Eigen­schaft von Ries­ter-Ren­ten ist, dass die Aus­zah­lung des ange­spar­ten Kapi­tals in einer Sum­me grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen ist. Wenn in den Ries­ter-Ver­trag aller­dings nur wenig ein­ge­zahlt wur­de, fällt der monat­li­che Ren­ten­be­trag so nied­rig aus, dass die monat­li­che Aus­zah­lung für den Spa­rer kei­ne Vor­tei­le bringt und für den Anbie­ter einen unver­hält­nis­mä­ßi­gen Auf­wand bedeu­tet. Daher ist für Klein­be­trags­ren­ten von maxi­mal 1 % der Bezugs­grö­ße (für 2017 wären das Ren­ten von maxi­mal 29,75 Euro monat­lich) auch eine Aus­zah­lung in einem Ein­mal­be­trag zuläs­sig. Wenn der Anbie­ter eine sol­che Klein­be­trags­ab­fin­dung ankün­digt, kann der Spa­rer für alle ab 2018 neu abge­schlos­se­nen Ver­trä­ge die Aus­zah­lung auf den 1. Janu­ar des Fol­ge­jahrs ver­schie­ben, wenn sich dar­aus ein Steu­er­vor­teil ergibt. Außer­dem wird für eine sol­che Abfin­dung künf­tig grund­sätz­lich die Fünf­tel­re­ge­lung für außer­or­dent­li­che Ein­künf­te ange­wandt, was die Pro­gres­si­ons­wir­kung der Abfin­dung deut­lich abmil­dert.

  • Rück­for­de­run­gen: Wenn die Zen­tra­le Zula­gen­stel­le für Alters­ver­mö­gen erkennt, dass die Ries­ter-Zula­ge zu Unrecht gezahlt wur­de, wird die Zula­ge zurück­ge­for­dert. Bis­her konn­te die­ses Über­prü­fungs­ver­fah­ren der Zula­gen­stel­le bis zu sie­ben Jah­re dau­ern. Damit die Zula­gen­emp­fän­ger schnel­ler Rechts­si­cher­heit haben, muss die Über­prü­fung künf­tig inner­halb von zwei Jah­ren nach dem Jahr der Ermitt­lung der Zula­ge abge­schlos­sen sein. Außer­dem kann die Zula­gen­stel­le einen zu Unrecht gewähr­ten Zula­ge­be­trag künf­tig auch direkt vom Ries­ter-Spa­rer zurück­for­dern, wenn das Gut­ha­ben aus dem Ver­trag nicht aus­reicht, um die Rück­for­de­rung abzu­de­cken. Das kann bei­spiels­wei­se nach der Tei­lung des Ver­trags im Rah­men eines Ver­sor­gungs­aus­gleichs oder bei Wohn-Ries­ter in Form eines rei­nen Dar­le­hens­ver­trags der Fall sein.

  • Ries­ter-Zula­ge­ver­fah­ren: Beim Zula­ge­ver­fah­ren für Ries­ter-Ver­trä­ge wer­den noch wei­te­re Abläu­fe ver­bes­sert und eini­ge Details klar­ge­stellt. Das betrifft u.a. Mel­de­pflich­ten des Anbie­ters und die Aus­zah­lung der Kin­der­zu­la­ge.

  • SV-Bei­trags­pflicht: Anders als ande­re For­men der BAV setz­ten Ries­ter-Ver­trä­ge vor­aus, dass die Bei­trä­ge aus dem mit Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen belas­te­ten Arbeits­lohn gezahlt wer­den. In der Aus­zah­lungs­pha­se im Alter waren bei über den Arbeit­ge­ber orga­ni­sier­ten Ries­ter-Ren­ten dann erneut Bei­trä­ge zur Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung zu zah­len, was sol­che Ange­bo­te unat­trak­tiv gemacht hat. Das ändert sich nun, denn künf­tig wer­den sol­che Ver­trä­ge in der gesetz­li­chen Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung genau­so behan­delt wie zer­ti­fi­zier­te Ries­ter-Ver­trä­ge; sie blei­ben also in der Ver­ren­tungs­pha­se bei­trags­frei.

  • Über­tra­gung einer Anwart­schaft: Bei einem Arbeit­ge­ber­wech­sel besteht die Mög­lich­keit, einen bestehen­den Ver­trag für eine betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung zum neu­en Arbeit­ge­ber mit­zu­neh­men und dort fort­zu­füh­ren. Eine sol­che Über­tra­gung der BAV-Anwart­schaft soll grund­sätz­lich steu­er­frei sein, wenn die Anwart­schaft unver­fall­bar ist. Bis­her waren vom Gesetz aber nur Anwart­schaf­ten erfasst, die gesetz­lich unver­fall­bar sind. Mit einer Ände­rung wur­de nun fest­ge­schrie­ben, dass auch die Über­tra­gung von BAV-Anwart­schaf­ten steu­er­frei ist, die nur ver­trag­lich unver­fall­bar sind. Zudem wur­de eine neue Rege­lung geschaf­fen, nach der die Über­tra­gung einer Anwart­schaft auf einen ande­ren exter­nen Ver­sor­gungs­trä­ger (Pen­si­ons­fonds, Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft etc.) auch dann steu­er­frei ist, wenn kein Arbeit­ge­ber­wech­sel erfolgt. Ein­zi­ge Vor­aus­set­zung für die Steu­er­frei­heit ist, dass bei der Über­tra­gung kei­ne direk­te Zah­lung an den Arbeit­neh­mer erfolgt.

  • BAV-För­der­be­trag: Für Gering­ver­die­ner wird ein neu­es spe­zi­fi­sches Steu­er-För­der­mo­dell für zusätz­li­che Bei­trä­ge des Arbeit­ge­bers in eine betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung des Arbeit­neh­mers ein­ge­führt. Der För­der­be­trag beträgt 30 % des Gesamt­bei­trags zur BAV und wird an den Arbeit­ge­ber über eine Ver­rech­nung mit der vom Arbeit­ge­ber abzu­füh­ren­den Lohn­steu­er aus­ge­zahlt. Die För­de­rung rich­tet sich an Beschäf­tig­te mit einem Brut­to­ein­kom­men von bis zu 2.200 Euro pro Monat (73,34 Euro pro Tag, 513,34 Euro pro Woche bei kür­ze­ren Lohn­zah­lungs­zeit­räu­men). Maß­geb­lich ist immer der Brut­to­lohn zum Zeit­punkt der Bei­trags­zah­lung zur BAV. Spä­te­re Lohn­er­hö­hun­gen oder schwan­ken­de Arbeits­löh­ne füh­ren also nicht zu einer rück­wir­ken­den Dis­qua­li­fi­zie­rung. Steu­er­freie Lohn­be­stand­tei­le (Sach­be­zü­ge, Zuschlä­ge für Sonn­tags-, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit etc.) blei­ben eben­falls unbe­rück­sich­tigt. Vor­aus­set­zung ist aber, dass es sich um das ers­te Arbeits­ver­hält­nis han­delt (kei­ne För­de­rung bei Steu­er­klas­se VI) und dass die Bei­trä­ge vom Arbeit­ge­ber zusätz­lich zum nor­ma­len Arbeits­lohn gezahlt wer­den. Ent­gelt­um­wand­lun­gen sind somit nicht begüns­tigt. Für Arbeit­ge­ber­bei­trä­ge von min­des­tens 240 Euro bis zu 480 Euro im Kalen­der­jahr beträgt der För­der­be­trag somit 72 bis maxi­mal 144 Euro im Kalen­der­jahr. Schei­det der Arbeit­neh­mer wäh­rend des lau­fen­den Jah­res aus dem Unter­neh­men aus, bevor der jähr­li­che Min­dest­bei­trag von 240 Euro erreicht ist, wird die För­de­rung jedoch nicht rück­gän­gig gemacht.

  • BAV-Dotie­rungs­rah­men: Der steu­er­freie Dotie­rungs­rah­men für Zah­lun­gen des Arbeit­ge­bers an Pen­si­ons­kas­sen, Pen­si­ons­fonds oder Direkt­ver­si­che­run­gen wird zu einer ein­heit­li­chen pro­zen­tua­len Gren­ze zusam­men­ge­fasst und erhöht. Die­ser beträgt nun 8 % der Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze der all­ge­mei­nen Ren­ten­ver­si­che­rung. Die Mög­lich­keit der Pau­schal­be­steue­rung mit 20 % wird bei­be­hal­ten. Die tat­säch­lich pau­schal­be­steu­er­ten Beträ­ge im Kalen­der­jahr wer­den auf den neu­en steu­er­frei­en Dotie­rungs­rah­men ange­rech­net. Außer­dem wird der Dotie­rungs­rah­men bei Abfin­dungs­zah­lun­gen und gebro­che­nen Erwerbs­bio­gra­phi­en durch Ein­räu­mung einer zusätz­li­chen steu­er­frei­en Dotie­rungs­mög­lich­keit in Höhe von bis zum 10-fachen Jah­res­vo­lu­men fle­xi­bi­li­siert sowie ver­schie­de­ne Ver­ein­fa­chun­gen des steu­er­li­chen Ver­wal­tungs­ver­fah­rens umge­setzt.

  • Grund­si­che­rung: Im Sozi­al­recht wer­den neue Anrei­ze für den Auf­bau einer betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung ins­be­son­de­re bei Gering­ver­die­nern gesetzt. Frei­wil­li­ge Zusatz­ren­ten wie Betriebs- und Ries­ter-Ren­ten blei­ben künf­tig bei der Grund­si­che­rung bis zu 202 Euro pro Monat anrech­nungs­frei. Von den Zusatz­ren­ten sind 100 Euro pro Monat kom­plett anrech­nungs­frei. Die rest­li­che Zusatz­ren­te bleibt immer­hin zu 30 % unbe­rück­sich­tigt, aller­dings ins­ge­samt höchs­tens bis zu einem Betrag von 102 Euro, wor­aus sich die Sum­me von 202 Euro für anrech­nungs­freie Bezü­ge ergibt. Das gilt für die Grund­si­che­rung im Alter und bei Erwerbs­min­de­rung sowie bei der ergän­zen­den Hil­fe zum Lebens­un­ter­halt in der Kriegs­op­fer­für­sor­ge.