Umsatzsteuer bei Miet- und Leasingverträgen

Das Bundesfinanzministerium hat die Kriterien für die umsatzsteuerliche Behandlung eines Miet- oder Leasingvertrags als Lieferung oder sonstige Leistung neu geregelt.

Von der umsatz­steu­er­li­chen Zuord­nung eines Miet- oder Lea­sing­ver­trags hängt ab, wann die Umsatz­steu­er aus dem Ver­trag ent­steht. Han­delt es sich umsatz­steu­er­lich um eine Lie­fe­rung, fällt die Umsatz­steu­er sofort in vol­ler Höhe an, bei einer sons­ti­gen Leis­tung dage­gen sind die ein­zel­nen Raten umsatz­steu­er­pflich­tig, sodass sich die Umsatz­steu­er über die Lauf­zeit ver­teilt.

Bis­her galt für Lea­sing­ver­trä­ge, dass eine Lie­fe­rung dann vor­liegt, wenn der Lea­sing­neh­mer wie ein Eigen­tü­mer über den Gegen­stand ver­fü­gen kann. Ent­schei­dend dafür war die ertrag­steu­er­li­che Zurech­nung des Lea­sing­ge­gen­stands, die ins­be­son­de­re vom Ver­hält­nis der unkünd­ba­ren Grund­miet­zeit zur betriebs­ge­wöhn­li­chen Nut­zungs­dau­er, einer wirt­schaft­lich sinn­vol­len Ver­wend­bar­keit nach Ablauf der Miet­zeit beim Lea­sing­ge­ber und dem Ver­hält­nis des Kauf­prei­ses zum Buch­wert zum Zeit­punkt des Ablaufs der Miet­zeit abhängt.

Bei Miet­ver­trä­gen mit einer Kauf­op­ti­on wie­der­um lag eine Lie­fe­rung bis­her erst dann vor, wenn bei­de Ver­trags­par­tei­en eine ent­spre­chen­de über­ein­stim­men­de Wil­lens­er­klä­rung abge­ben. Auf­grund eines Urteils des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH) von 2017 sind die deut­schen Rege­lun­gen so jedoch nicht mehr halt­bar, denn der EuGH ver­tritt die Auf­fas­sung, dass sich die Fra­ge, ob es sich um eine Lie­fe­rung oder sons­ti­ge Leis­tung han­delt, im Sin­ne der Rechts­si­cher­heit bereits zum Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses ein­deu­tig klä­ren las­sen muss.

Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat daher ein Schrei­ben zur umsatz­steu­er­li­chen Behand­lung von Miet- und Lea­sing­ver­trä­gen ver­öf­fent­licht, mit dem der Umsatz­steu­er­an­wen­dungs­er­lass an die Recht­spre­chung des EuGH ange­passt wur­de. Nun müs­sen für die Annah­me einer Lie­fe­rung zwei Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein:

  1. Der Ver­trag, auf­grund des­sen die Über­ga­be des Gegen­stands erfolgt, muss aus­drück­lich eine Klau­sel zum Über­gang des Eigen­tums an die­sem Gegen­stand vom Lea­sing­ge­ber auf den Lea­sing­neh­mer ent­hal­ten. Die­se Vor­aus­set­zung sieht der EuGH als erfüllt an, wenn der Ver­trag eine Kauf­op­ti­on für den Lea­sing­ge­gen­stand vor­sieht.

  2. Dane­ben muss aus den — zum Zeit­punkt der Ver­trags­un­ter­zeich­nung objek­tiv zu beur­tei­len­den — Ver­trags­be­din­gun­gen deut­lich her­vor­ge­hen, dass das Eigen­tum am Gegen­stand auto­ma­tisch auf den Lea­sing­neh­mer über­ge­hen soll, wenn der Ver­trag bis zum Ver­trags­ab­lauf plan­mä­ßig aus­ge­führt wird.

Ent­hält der Ver­trag eine for­mal völ­lig unver­bind­li­che Kauf­op­ti­on, dann ist die zwei­te Vor­aus­set­zung erfüllt, wenn ange­sichts der finan­zi­el­len Ver­trags­be­din­gun­gen die Opti­ons­aus­übung als ein­zig wirt­schaft­lich ratio­na­le Mög­lich­keit für den Lea­sing­neh­mer erscheint. Der Ver­trag darf dem Lea­sing­neh­mer also kei­ne ech­te wirt­schaft­li­che Alter­na­ti­ve in dem Sin­ne bie­ten, dass er zu dem Zeit­punkt, an dem er eine Wahl zu tref­fen hat, je nach Inter­es­sen­la­ge den Gegen­stand erwer­ben, zurück­ge­ben oder wei­ter mie­ten kann. Für die Über­las­sung eines Gegen­stands außer­halb eines typi­schen Lea­sing­ver­fah­rens, bei­spiels­wei­se bei Miet­ver­trä­gen mit Recht zum Kauf, gel­ten die Rege­lun­gen sinn­ge­mäß.

Die neu­en Rege­lun­gen für die umsatz­steu­er­li­che Beur­tei­lung sind in allen offe­nen Fäl­len anzu­wen­den. Aller­dings wird es für vor dem 18. März 2020 abge­schlos­se­ne Lea­sing- und Miet­ver­trä­ge — auch für Zwe­cke des Vor­steu­er­ab­zugs — nicht bean­stan­det, wenn die Betei­lig­ten über­ein­stim­mend von den alten Beur­tei­lungs­maß­stä­ben aus­ge­hen.