Steuerpläne der neuen Regierungskoalition

In ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampelkoalition viele geplante Änderungen im Steuer- und Sozialrecht festgeschrieben.

Bemer­kens­wert geräusch- und rei­bungs­los hat sich die ers­te Ampel­ko­ali­ti­on auf Bun­des­ebe­ne zusam­men­ge­fun­den und mit der Arbeit begon­nen. Im Koali­ti­ons­ver­trag haben die drei Regie­rungs­par­tei­en auch eine gan­ze Rei­he von Maß­nah­men im Steu­er- und Sozi­al­recht ver­ein­bart, die in den nächs­ten vier Jah­ren umge­setzt wer­den sol­len. Zwangs­läu­fig sind die Maß­nah­men in vie­len Fäl­len nur grob umris­sen. Trotz­dem gibt der Koali­ti­ons­ver­trag einen guten ers­ten Ein­druck davon, mit wel­chen steu­er­li­chen Neu­re­ge­lun­gen wir in den kom­men­den Mona­ten und Jah­ren rech­nen dür­fen. Hier ist ein Über­blick der wich­tigs­ten Maß­nah­men, für die bereits kon­kre­te­re Plä­ne exis­tie­ren:

  • Min­dest­lohn: Ein zen­tra­les Wahl­kampf­the­ma des größ­ten Koali­ti­ons­part­ners war eine deut­li­che Anhe­bung des Min­dest­lohns. Der gesetz­li­che Min­dest­lohn soll daher in einer ein­ma­li­gen Anpas­sung auf zwölf Euro pro Stun­de stei­gen, auch wenn dafür noch kein genau­er Ter­min fest­steht. Ver­mut­lich dürf­te die­se Maß­nah­me Mit­te oder Ende 2022 kom­men. Im Anschluss dar­an soll wie­der die unab­hän­gi­ge Min­dest­lohn­kom­mis­si­on über etwai­ge wei­te­re Erhö­hungs­schrit­te ent­schei­den.

  • Mini- und Midi­jobs: Künf­tig ori­en­tiert sich die Mini­job-Gren­ze an einer Wochen­ar­beits­zeit von 10 Stun­den zu Min­dest­lohn­be­din­gun­gen und steigt daher mit der Anhe­bung des Min­dest­lohns auf 520 Euro. Die Ein­hal­tung des gel­ten­den Arbeits­rechts bei Mini­jobs soll stär­ker kon­trol­liert und Hür­den zur Auf­nah­me einer voll ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Beschäf­ti­gung abge­baut wer­den. Die Midi­job-Gren­ze steigt auf 1.600 Euro.

  • Büro­kra­tie­ab­bau: Die Ampel­ko­ali­ti­on hat sich den Büro­kra­tie­ab­bau auf die Fah­nen geschrie­ben und plant ein wei­te­res Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz. Das bereits beschlos­se­ne Unter­neh­mens-Basis­da­ten­re­gis­ter soll schnell umge­setzt und des­sen Finan­zie­rung gesi­chert wer­den. Außer­dem will die Koali­ti­on prü­fen, inwie­fern sie den Auf­wand für und durch die rein elek­tro­ni­sche Auf­be­wah­rung von Bele­gen und Geschäfts­un­ter­la­gen ver­rin­gern kann. Auch der Auf­wand bei A1-Beschei­ni­gun­gen für grenz­über­schrei­ten­de Tätig­kei­ten soll durch ein euro­päi­sches elek­tro­ni­sches Echt­zeit­re­gis­ter redu­ziert wer­den.

  • Kli­ma-Son­der­ab­schrei­bung: Es soll eine Super­ab­schrei­bung für Kli­ma­schutz und digi­ta­le Wirt­schafts­gü­ter geben, mit der ein Kos­ten­an­teil von in den Jah­ren 2022 und 2023 ange­schaff­ten oder her­ge­stell­ten Wirt­schafts­gü­tern, die in beson­de­rer Wei­se die­sen Zwe­cken die­nen, vom steu­er­li­chen Gewinn abge­zo­gen wer­den kann.

  • Ver­lust­ver­rech­nung: Die im Zuge der Coro­na-Pan­de­mie erwei­ter­te Ver­lust­ver­rech­nung soll bis Ende 2023 ver­län­gert und der Ver­lust­vor­trag auf die zwei unmit­tel­bar vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me aus­ge­wei­tet wer­den.

  • Spa­rer­frei­be­trag: Ab 2023 soll der Spa­rer­pausch­be­trag auf 1.000 Euro (2.000 Euro bei Zusam­men­ver­an­la­gung) stei­gen.

  • Home Office-Pau­scha­le: Die bis­her bis Ende 2021 befris­te­te Home Office-Pau­scha­le soll bis zum 31. Dezem­ber 2022 ver­län­gert und eva­lu­iert wer­den, was auf eine mög­li­che wei­te­re Ver­län­ge­rung hof­fen lässt.

  • Dienst­wa­gen: Die Bes­ser­stel­lung von Plug-In-Hybrid­fahr­zeu­gen bei der Dienst­wa­gen­be­steue­rung wird für neu zuge­las­se­ne Fahr­zeu­ge stär­ker auf die rein elek­tri­sche Fahr­leis­tung aus­ge­rich­tet. Hybrid­fahr­zeu­ge sol­len zukünf­tig nur noch mit dem hal­ben Ent­nah­me­wert (0,5 % statt 1 %) pri­vi­le­giert wer­den, wenn das Fahr­zeug mehr als 50 % im rein elek­tri­schen Fahr­an­trieb betrie­ben wird. Wird das Fahr­zeug nicht über­wie­gend im elek­tri­schen Fahr­be­trieb genutzt oder der rein elek­tri­sche Fahr­an­teil nicht nach­ge­wie­sen, greift die Regel­be­steue­rung des Dienst­wa­gens mit der 1 %-Rege­lung. Die elek­tri­sche Min­destreich­wei­te, die das Auto für die Begüns­ti­gung erfül­len muss, soll bereits ab dem 1. August 2023 bei 80 Kilo­me­ter lie­gen. Nach dem Jahr 2025 soll die Pau­schal­be­steue­rung für emis­si­ons­freie Fahr­zeu­ge von aktu­ell 0,25 % auf 0,5 % des Brut­to­lis­ten­prei­ses stei­gen.

  • Steu­er­klas­sen: Im Zuge einer ver­bes­ser­ten digi­ta­len Inter­ak­ti­on zwi­schen Steu­er­zah­ler und Finanz­ver­wal­tung soll die Kom­bi­na­ti­on aus den Steu­er­klas­sen III und V in das Fak­tor­ver­fah­ren der Steu­er­klas­se IV über­führt wer­den, das dann ein­fach und unbü­ro­kra­tisch anwend­bar sein soll.

  • Mit­ar­bei­ter­ka­pi­tal­be­tei­li­gung: Die Betei­li­gung von Mit­ar­bei­tern am Betriebs­ver­mö­gen soll u.a. durch eine wei­te­re Anhe­bung des Steu­er­frei­be­trags attrak­ti­ver wer­den.

  • Aus­bil­dungs­frei­be­trag: Der Aus­bil­dungs­frei­be­trag soll erst­mals seit 2001 wie­der stei­gen, und zwar von 924 Euro auf 1.200 Euro.

  • Ren­ten­be­steue­rung: Die Ampel­ko­ali­ti­on will die Vor­ga­ben aus dem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs zum Alters­ein­künf­te­ge­setz umset­zen. Um eine dop­pel­te Ren­ten­be­steue­rung zu ver­mei­den, soll der Voll­ab­zug der Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge als Son­der­aus­ga­ben von 2025 auf 2023 vor­ge­zo­gen wer­den. Außer­dem soll der steu­er­pflich­ti­ge Ren­ten­an­teil ab 2023 nur noch um 0,5 % statt 1 % jähr­lich stei­gen. Eine Voll­be­steue­rung der Ren­ten wird damit erst ab 2060 erreicht.

  • Haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen: Für die Nut­zung fami­li­en- und all­tags­un­ter­stüt­zen­der Dienst­leis­tun­gen ist ein Zula­gen- und Gut­schein­sys­tem und die Mög­lich­keit für flan­kie­ren­de steu­er­freie Arbeit­ge­ber­zu­schüs­se vor­ge­se­hen. Die Zula­gen und die bestehen­de steu­er­li­che För­de­rung wer­den ver­rech­net. Pro­fi­tie­ren sol­len zunächst Allein­er­zie­hen­de, Fami­li­en mit Kin­dern und zu pfle­gen­den Ange­hö­ri­gen, schritt­wei­se alle Haus­hal­te.

  • Pfle­ge­be­ru­fe: Beschäf­tig­te in Pfle­ge­be­ru­fen sol­len neben ver­bes­ser­ten Arbeits­be­din­gun­gen auch mehr Geld erhal­ten. Dafür sind eine Steu­er­be­frei­ung von Zuschlä­gen und die Anhe­bung der Steu­er­frei­heit des Pfle­ge­bo­nus auf 3.000 Euro geplant.

  • Immo­bi­li­en­kauf: Die Bun­des­län­der sol­len Mög­lich­kei­ten zu einer fle­xi­ble­ren Gestal­tung der Grund­er­werb­steu­er erhal­ten, um bei­spiels­wei­se einen Frei­be­trag für den Erwerb selbst­ge­nutz­ten Wohn­raums ein­füh­ren zu kön­nen. Zur Gegen­fi­nan­zie­rung sol­len wei­te­re steu­er­li­che Schlupf­lö­cher bei Sha­re Deals geschlos­sen wer­den. Außer­dem soll die ille­ga­le Finan­zie­rung von Immo­bi­li­en durch einen Ver­steue­rungs­nach­weis für Immo­bi­li­en­käu­fer aus dem Aus­land sowie durch ein Ver­bot des Erwerbs von Immo­bi­li­en mit Bar­geld ein­ge­dämmt wer­den.

  • Sach­spen­den: Nach wie vor bestehen­de steu­er­recht­li­che Hür­den für Sach­spen­den an gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen sol­len durch eine rechts­si­che­re, büro­kra­tie­ar­me und ein­fa­che Rege­lung besei­tigt wer­den, um so die Ver­nich­tung von Waren zu ver­hin­dern. Dazu gehört auch die Klä­rung haf­tungs­recht­li­cher Fra­gen Ins­be­son­de­re die Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung soll gemein­sam mit allen Betei­lig­ten redu­ziert wer­den.

  • Stif­tun­gen & Ver­ei­ne: Für gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen soll gesetz­lich klar­ge­stellt wer­den, dass die­se sich inner­halb ihrer steu­er­be­güns­tig­ten Zwe­cke poli­tisch betä­ti­gen kön­nen sowie auch gele­gent­lich dar­über hin­aus zu tages­po­li­ti­schen The­men Stel­lung neh­men kön­nen, ohne ihre Gemein­nüt­zig­keit zu gefähr­den. Außer­dem sol­len hand­hab­ba­re und stan­dar­di­sier­te Trans­pa­renz­pflich­ten und Regeln zur Offen­le­gung der Spen­den­struk­tur und Finan­zie­rung kom­men.

  • Digi­ta­le Ver­wal­tung: Durch digi­ta­le Ver­fah­ren soll die Erfül­lung der steu­er­li­chen Pflich­ten für die Steu­er­zah­ler erleich­tert wer­den, wie zum Bei­spiel durch vor­aus­ge­füll­te Steu­er­erklä­run­gen (Easy Tax). Die wei­te­re Digi­ta­li­sie­rung des Besteue­rungs­ver­fah­rens soll dafür sor­gen, dass steu­er­li­che Rege­lun­gen grund­sätz­lich auch digi­tal umsetz­bar sind. Das Ziel ist, dass die gesam­te Inter­ak­ti­on zwi­schen Steu­er­zah­ler und Finanz­ver­wal­tung digi­tal mög­lich ist.

  • Steu­er­ge­stal­tun­gen: Neben Steu­er­hin­ter­zie­hung sol­len auch aggres­si­ve Steu­er­ge­stal­tun­gen mit größt­mög­li­cher Kon­se­quenz ver­folgt und unter­bun­den wer­den. Dazu wird die bereits ein­ge­führ­te Mit­tei­lungs­pflicht für grenz­über­schrei­ten­de Steu­er­ge­stal­tun­gen auch auf natio­na­le Steu­er­ge­stal­tun­gen von Unter­neh­men mit einem Umsatz von mehr als 10 Mil­lio­nen Euro aus­ge­wei­tet.