Regierungsentwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes

Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz, das kurzzeitig als Zweites Jahressteuergesetz 2024 firmierte, werden vor allem erste Punkte der Wachstumsinitiative im Steuerrecht umgesetzt und die Freibeträge sowie Tarifeckwerte bei der Einkommensteuer angepasst.

Eigent­lich soll es in jedem Jahr nur ein Jah­res­steu­er­ge­setz geben, in dem der Gesetz­ge­ber den Groß­teil des steu­er­recht­li­chen Ände­rungs­be­darfs bün­delt. In die­sem Jahr gibt es nach dem Wil­len der Bun­des­re­gie­rung nun sogar drei Jah­res­steu­er­ge­set­ze, auch wenn nur eines davon offi­zi­ell so hei­ßen darf: Nach dem Wachs­tums­chan­cen­ge­setz, das ein ino­fi­zi­el­les Jah­res­steu­er­ge­setz für 2023 war, aber erst im Früh­jahr 2024 ver­ab­schie­det wur­de und dem Ent­wurf für das offi­zi­el­le Jah­res­steu­er­ge­setz 2024 hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um im Juli den Refe­ren­ten­ent­wurf für ein “Zwei­tes Jah­res­steu­er­ge­setz 2024” ver­öf­fent­licht.

Die Bun­des­re­gie­rung hat die­ses Zwei­te Jah­res­steu­er­ge­setz 2024 schon zwei Wochen spä­ter als Regie­rungs­ent­wurf beschlos­sen und dabei in “Gesetz zur Fort­ent­wick­lung des Steu­er­rechts und zur Anpas­sung des Ein­kom­men­steu­er­ta­rifs” — kurz “Steu­er­fort­ent­wick­lungs­ge­setz” — umge­tauft. Dabei wur­de der Gesetz­ent­wurf auch um ers­te Punk­te aus der Wachs­tums­in­itia­ti­ve der Regie­rungs­ko­ali­ti­on ergänzt. Hier ist ein Über­blick über die wesent­li­chen Ände­run­gen, die der Regie­rungs­ent­wurf des Steu­er­fort­ent­wick­lungs­ge­set­zes bereit­hält:

  • Degres­si­ve Abschrei­bung: Die seit 1. April 2024 wie­der mög­li­che degres­si­ve Abschrei­bung wird bis 2028 ver­län­gert und der Abschrei­bungs­satz ab 2025 auf das Zwei­ein­halb­fa­che der linea­ren Abschrei­bung ange­ho­ben.

  • Pool-Abschrei­bung: Durch eine Reform der Sam­mel­pos­ten­ab­schrei­bung erfolgt 2025 der Ein­stieg in die Pool-Abschrei­bung. Künf­tig muss für Wirt­schafts­gü­ter bis zu einem Wert von 800 Euro nicht mehr zwi­schen Sam­mel­pos­ten- und Sofort­ab­schrei­bung gewählt wer­den, denn die­se sind grund­sätz­lich als gering­wer­ti­ge Wirt­schafts­gü­ter sofort abschreib­bar. Über einem Wert von 800 Euro und bis zu einem Wert von 5.000 Euro (bis­her 1.000 Euro) kann ein Sam­mel­pos­ten gebil­det wer­den, der über drei Jah­re (bis­her fünf Jah­re) auf­zu­lö­sen ist.

  • Grund­frei­be­trag: Jedes Jahr wird der steu­er­freie Grund­frei­be­trag ange­ho­ben, um das Exis­tenz­mi­ni­mum von der Steu­er frei­zu­stel­len. Den Anpas­sungs­be­darf ermit­telt die Bun­des­re­gie­rung alle zwei Jah­re im Exis­tenz­mi­ni­mum­be­richt. Für 2025 ist eine Anhe­bung um 300 Euro auf 12.084 Euro geplant. Im Jahr 2026 beträgt der Anstieg dann 252 Euro auf 12.336 Euro. Weil der Regel­be­darf stär­ker als pro­gnos­ti­ziert gestie­gen ist, gibt es für 2024 noch einen nach­träg­li­chen Anpas­sungs­be­darf beim Grund- und Kin­der­frei­be­trag, der mit einem sepa­ra­ten Gesetz (“Gesetz zur steu­er­li­chen Frei­stel­lung des Exis­tenz­mi­ni­mums 2024”) gere­gelt wird, damit die Ände­rung auch dann bei der Lohn­steu­er für Dezem­ber 2024 berück­sich­tigt wer­den kann, falls sich das Steu­er­fort­ent­wick­lungs­ge­setz ver­zö­gert. Der Grund­frei­be­trag wird 2024 nach­träg­lich um 180 Euro auf 11.784 Euro ange­ho­ben.

  • Kin­der­frei­be­trag: Mit dem Grund­frei­be­trag wird auch der Kin­der­frei­be­trag ange­ho­ben — für 2024 rück­wir­kend mit einem sepa­ra­ten Gesetz. Die nach­träg­li­che Anhe­bung für 2024 beträgt 228 Euro auf 6.612 Euro. Für 2025 ist eine Anhe­bung um 60 Euro auf 6.672 Euro vor­ge­se­hen und 2026 soll der Frei­be­trag um wei­te­re 156 Euro auf dann 6.828 Euro stei­gen.

  • Kin­der­geld: Zusam­men mit dem Kin­der­frei­be­trag wird auch das Kin­der­geld erhöht, aller­dings gibt es hier kei­ne nach­träg­li­che Anpas­sung für 2024. Im Jahr 2025 soll das Kin­der­geld um 5 Euro pro Kind auf dann 255 Euro stei­gen. Ab 2026 soll das Kin­der­geld dann auto­ma­tisch ent­spre­chend der pro­zen­tua­len Erhö­hung des Kin­der­frei­be­trags ange­passt wer­den. Für 2026 bedeu­tet das eine Anhe­bung um wei­te­re 4 Euro auf dann 259 Euro.

  • Kal­te Pro­gres­si­on: Um die Kal­te Pro­gres­si­on zu ver­mei­den, wer­den — mit Aus­nah­me der “Rei­chen­steu­er” — auch 2025 und 2026 die Eck­wer­te des Steu­er­ta­rifs und die Frei­gren­ze beim Soli­da­ri­täts­zu­schlag ange­ho­ben.

  • Lohn­steu­er­klas­sen: Im Koali­ti­ons­ver­trag hat die Ampel­ko­ali­ti­on fest­ge­legt, dass die Lohn­steu­er­klas­sen III und V durch das Fak­tor­ver­fah­ren der Steu­er­klas­se IV ersetzt wer­den sol­len, um die Lohn­steu­er­be­las­tung in der Ehe oder Lebens­part­ner­schaft gerech­ter zu ver­tei­len. DIe­se Umstel­lung ist nun für 2030 vor­ge­se­hen, wobei die Regie­rung in der Wachs­tums­in­itia­ti­ve bereits ange­kün­digt hat, eine deut­lich frü­he­re Umstel­lung zu prü­fen. Nach der vor­läu­fi­gen Pla­nung soll für alle Ehe­gat­ten und Lebens­part­ner mit der Steu­er­klas­sen­kom­bi III/V zum 30. Sep­tem­ber 2029 anhand der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung für 2028 ein Fak­tor ermit­telt wer­den, der dann ab 2030 gilt. Außer­dem wird das Fak­tor­ver­fah­ren um eine Vari­an­te für Paa­re mit einem Allein­ver­die­ner ergänzt und deut­lich ver­ein­facht.

  • Steu­er­ge­se­tal­tun­gen: Die Mel­de­pflicht für grenz­über­schrei­ten­de Steu­er­ge­stal­tun­gen soll unter engen Vor­aus­set­zun­gen auch auf bestimm­te natio­na­le Gestal­tun­gen aus­ge­dehnt wer­den. Ein ers­ter Anlauf zu die­ser neu­en Mel­de­pflicht war mit dem Wachs­tums­chan­cen­ge­setz geschei­tert, wes­halb die Umset­zung auch dies­mal frag­lich ist. Den Anwen­dungs­zeit­punkt soll das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um min­des­tens ein Jahr vor­her fest­le­gen.

  • Gemein­nüt­zig­keits­recht: Gleich meh­re­re Ver­bes­se­run­gen sind im Gemein­nüt­zig­keits­recht vor­ge­se­hen. So soll ab 2025 die Pflicht zur zeit­na­hen Mit­tel­ver­wen­dung bei steu­er­be­güns­tig­ten Kör­per­schaf­ten abge­schafft wer­den, womit eine Mit­tel­ver­wen­dungs­rech­nung nicht mehr not­wen­dig ist. Schon ab dem Tag des Inkraft­tre­tens wird klar­ge­stellt, dass steu­er­be­güns­tig­te Kör­per­schaf­ten auch zu tages­po­li­ti­schen The­men Stel­lung bezie­hen dür­fen, ohne dass sie ihre Gemein­nüt­zig­keit gefähr­den. Die Stel­lung­nah­me muss jedoch auf­grund eines beson­de­ren Anlas­ses erfol­gen und der steu­er­be­güns­tig­ten Zweck­ver­fol­gung unter­ge­ord­net sein. Außer­dem wur­de eine Rege­lung zu Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen für gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen auf­ge­nom­men, nach der die­se ab 2025 als steu­er­be­güns­tig­te Zweck­be­trie­be ein­ge­stuft wer­den.

  • For­schungs­zu­la­ge: Die maxi­ma­le Bemes­sungs­grund­la­ge steigt für ab 2025 ent­stan­de­ne för­der­fä­hi­ge Auf­wen­dun­gen um 2 Mio. Euro auf dann 12 Mio. Euro. Die maxi­ma­le Zula­ge beträgt dadurch pro Jahr 3 Mio. Euro bzw. für klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men (KMU) sogar 4,2 Mio. Euro.