Kindergeldanspruch trotz Vollzeit-Erwerbstätigkeit

Eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit schließt den Kindergeldanspruch auch dann nicht automatisch aus, wenn das Fernstudium im ersten Semester nur in geringem Umfang vorangetrieben wird, sofern das Studium hinreichend ernsthaft betrieben wird.

Bei durch­grei­fen­den Anhalts­punk­ten für eine rei­ne “Pro-for­ma-Imma­tri­ku­la­ti­on” liegt kei­ne Berufs­aus­bil­dung des Kin­des vor, die Vor­aus­set­zung für einen Kin­der­geld­an­spruch ist. Aller­dings muss das Stu­di­um die Zeit und Arbeits­kraft des Kin­des nicht über­wie­gend in Anspruch neh­men. Eine Berufs­aus­bil­dung ist grund­sätz­lich auch par­al­lel zu einer aus­ge­üb­ten Teil­zeit- oder Voll­zeit­er­werbs­tä­tig­keit mög­lich, wenn die Berufs­aus­bil­dung hin­rei­chend ernst­haft und nach­hal­tig betrie­ben wird, wie das Finanz­ge­richt Müns­ter ent­schie­den hat.

Damit stellt das Voll­zeit-Fern­stu­di­um im Stu­di­en­gang “Psy­cho­lo­gie”, um das es im Streit­fall ging, kei­ne Pro-for­ma-Imma­tri­ku­la­ti­on dar, wenn das Kind eine monat­li­che Stu­di­en­ge­bühr in Höhe von 348 Euro auf­bringt und sich aus den Leis­tungs­nach­wei­sen ernst­haf­te und nach­hal­ti­ge Lern­be­mü­hun­gen erge­ben. Die Annah­me einer Berufs­aus­bil­dung schei­ter­te im Streit­fall weder am gerin­gen Umfang der absol­vier­ten Stu­di­en­leis­tun­gen im ers­ten Semes­ter, noch an der Voll­zeit-Erwerbs­tä­tig­keit. Denn der Gesetz­ge­ber woll­te nach Über­zeu­gung des Gerichts gera­de auch die Fäl­le berück­sich­ti­gen, in denen die Kin­der sich selbst finan­zie­ren und damit einer Erwerbs­tä­tig­keit nach­ge­hen müs­sen, um ihr Stu­di­um betrei­ben zu kön­nen. Auch woll­te der Gesetz­ge­ber nicht Stu­die­ren­de, die sich bei einem Fern­stu­di­um im Selbst­stu­di­um zunächst ori­en­tie­ren und ein­ge­wöh­nen müs­sen, vom Kin­der­geld­be­zug aus­schlie­ßen.