Ohrfeige für Mindestbesteuerung

Der Bundesfinanzhof hat mit sehr deutlichen Worten seine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung geäußert.

Schon kurz nach Beginn ihrer Regie­rungs­tä­tig­keit hat­te die Rot-Grü­ne Koali­ti­on mit ihrem dama­li­gen Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter Oskar Lafon­tai­ne eini­ge wesent­li­che Ände­run­gen am Steu­er­recht vor­ge­nom­men. Dar­un­ter war auch die inzwi­schen wie­der auf­ge­ho­be­ne Min­dest­be­steue­rung, die eine Ver­rech­nungs­be­schrän­kung für Ver­lus­te mit den Ein­künf­ten aus einer ande­ren Ein­kom­mens­art vor­sah. Der Bun­des­fi­nanz­hof holt jetzt die Mei­nung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zu der Fra­ge ein, ob die Min­dest­be­steue­rung ver­fas­sungs­wid­rig ist — mit einer Begrün­dung, die man nur noch als schal­len­de Ohr­fei­ge für die Autoren des Geset­zes­tex­tes bezeich­nen kann.

So sind die Rich­ter zu der Über­zeu­gung gelangt, dass “die Geset­zes­la­ge selbst für den Fach­mann nicht mehr hin­rei­chend ver­ständ­lich ist”. Sie schlie­ßen sich der Mei­nung ande­rer Exper­ten an, dass “die Min­dest­be­steue­rung unver­ständ­lich, wider­sprüch­lich, unprak­ti­ka­bel und nicht mehr jus­ti­zia­bel ist.” Der “chao­ti­sche Wort­laut sei ein Para­de­bei­spiel für die Ver­let­zung des Gebots der Nor­men­klar­heit” und “eine Meis­ter­leis­tung an Ver­schleie­rungs­kunst”. Inhalt und Sys­te­ma­tik der Vor­schrift erschlie­ßen sich “allen­falls mit sub­ti­ler Sach­kennt­nis, außer­or­dent­li­chen metho­di­schen Fähig­kei­ten und einer gewis­sen Lust zum Lösen von Denk­sport-Auf­ga­ben.” Nun muss das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ent­schei­den, ob die Steu­er­an­sprü­che des Staa­tes Vor­rang vor dem Inter­es­se des Steu­er­zah­lers an einer glei­chen, gerech­ten und ver­ständ­li­chen Besteue­rung haben.