Überraschendes Urteil zur Änderung bestandskräftiger Kindergeldfestsetzungen

Bestandskräftige Kindergeldfestsetzungen können nicht aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen abgeändert werden.

Gemäß einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs kön­nen bestands­kräf­ti­ge Kin­der­geld­fest­set­zun­gen nicht nach § 70 Absatz 4 EStG auf­ge­ho­ben oder geän­dert wer­den, wenn der Jah­res­grenz­be­trag allein wegen der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts über die Arbeit­neh­mer­bei­trä­ge des Kin­des zur gesetz­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rung unter­schrit­ten wird. Die Auf­he­bung oder Ände­rung des Kin­der­geld­be­scheids wäre gerecht­fer­tigt, wenn nach­träg­lich bekannt wird, dass sich die Ein­künf­te ent­ge­gen der Pro­gno­se im lau­fen­den Kalen­der­jahr erhöht oder ver­min­dert haben und den Jah­res­grenz­be­trag über- oder unter­schrei­ten.

Sie ist jedoch nicht gerecht­fer­tigt, wenn sich ein abwei­chen­der Betrag ledig­lich ergibt, weil sich nach Erlass des Kin­der­geld­be­scheids die Rechts­auf­fas­sung geän­dert hat. Eine geän­der­te Rechts­auf­fas­sung ist näm­lich kein “nach­träg­li­ches Bekannt­wer­den”. Genau dies war jedoch nach der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts der Fall.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat mit die­ser Ent­schei­dung aus­führ­lich zu § 70 Abs. 4 EStG Stel­lung genom­men. In einem vor­he­ri­gen Urteil hat­te er noch dar­auf ver­zich­tet, weil die­se Rege­lung im dama­li­gen Fall nicht anwend­bar war. Die Fra­ge, ob die Auf­he­bung oder Ände­rung der Kin­der­geld­fest­set­zung auch dann mög­lich ist, wenn sich ledig­lich die recht­li­che Beur­tei­lung des der Pro­gno­se­ent­schei­dung zugrun­de lie­gen­den Sach­ver­halts geän­dert hat, war damals unbe­ant­wor­tet geblie­ben. Mit sei­ner Ant­wort hat der Bun­des­fi­nanz­hof nun eine ande­re Auf­fas­sung als das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf ver­tre­ten.

Die Ent­schei­dung hat über­rascht, da sich zwi­schen­zeit­lich eini­ge ande­re Finanz­ge­rich­te dem Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf ange­schlos­sen haben: Bei ver­gleich­ba­ren Sach­ver­hal­ten wur­de die Anwen­dung der Vor­schrift jeweils bejaht. In allen die­sen Fäl­len ist das Revi­si­ons­ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig, sodass in den nächs­ten Mona­ten mit wei­te­ren Ent­schei­dun­gen zu die­sem Pro­blem zu rech­nen ist.