Grundsatzurteil zu beschreibenden Domainnamen

Branchen- und Gattungsbezeichnungen dürfen grundsätzlich als Domainnamen im Internet verwendet werden.

Bis­lang herrsch­te Unklar­heit dar­über, ob soge­nann­te all­ge­mein­gül­ti­ge Bran­chen- und Gat­tungs­be­zeich­nun­gen — z.B. mitwohnzentrale.de, immobilienmakler.de, sauna.de, lastminute.com — als Inter­net­do­main­na­men für Unter­neh­men zuläs­sig sind. Oft­mals wur­den sol­che Domain­na­men von den Gerich­ten als wett­be­werbs­wid­rig erach­tet und aus die­sem Grund unter­sagt.

Aus einem Urteil des Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 17. Mai 2001 geht nun jedoch klar her­vor, dass die Ver­wen­dung sol­cher Domain­na­men nicht von vorn­her­ein als wett­be­werbs­wid­ri­ges Ver­hal­ten anzu­se­hen ist. Wett­be­werbs­wid­rig­keit sei nach Auf­fas­sung der Karls­ru­her Rich­ter erst dann anzu­neh­men, wenn sich der Besit­zer der Domain zwi­schen sei­ne Mit­be­wer­ber und des­sen Kun­den stellt, um den Kun­den eine Ände­rung ihres Kauf­ent­schlus­ses auf­zu­drän­gen. Das Argu­ment, dass der Domai­neig­ner die Kun­den­strö­me kana­li­sie­re, rei­che noch nicht für die Annah­me einer Wett­be­werbs­wid­rig­keit, so die Rich­ter. Anders als im Mar­ken­recht, wo Gat­tungs­be­zeich­nun­gen nicht als Mar­ken ein­ge­tra­gen wer­den dür­fen, führt die Ver­wen­dung einer Gat­tungs­be­zeich­nung als Domain­na­me nicht zu einem Aus­schließ­lich­keits­recht. Das gilt erst recht, weil für die Bezeich­nun­gen ver­schie­de­ne Top-Level-Domains (.de, .com, …) und unter­schied­li­che Schreib­wei­sen ver­füg­bar sind.

Die Gren­zen der frei­en Ver­wend­bar­keit sol­cher beschrei­ben­der Begrif­fe sei­en nach Auf­fas­sung des ers­ten Zivil­se­nats aber dann über­schrit­ten, wenn zum einen der Ver­brau­cher durch die Ver­wen­dung eines sol­chen Begriffs in die Irre geführt wird — dem Ver­brau­cher etwa der Ein­druck ent­steht, der Domai­neig­ner sei das ein­zi­ge oder das maß­geb­lichs­te Unter­neh­men am Markt. Zum ande­ren könn­te die Ver­wen­dung des Gat­tungs­na­men miss­bräuch­lich sein, was dann anzu­neh­men ist, wenn der Domai­neig­ner den Gat­tungs­be­griff auch unter ande­ren Top-Level-Domains (.de, .com, .org, .net usw.), oder durch ande­re Schreib­wei­sen nutzt und dadurch blo­ckiert. (Akten­zei­chen: I ZR 216/99)

In dem der Ent­schei­dung zugrun­de­lie­gen­den Fall hat­te ein Mit­wohn­zen­tra­len-Ver­band gegen ein kon­kur­rie­ren­des Unter­neh­men geklagt, wel­ches im Inter­net unter dem Domain­na­men mitwohnzentrale.de sei­ne Diens­te anbot. Der kla­gen­de Ver­band for­der­te, dass der Gat­tungs­be­griff und die Bran­chen­be­zeich­nung Mit­wohn­zen­tra­le im Inter­net frei­zu­hal­ten sei und woll­te die Ver­wen­dung durch das Gericht unter­sa­gen las­sen. Die­se For­de­rung begrün­de­te er damit, dass die Bezeich­nung mitwohnzentrale.de den Ver­brau­cher in die irre füh­re, da der Ein­druck erweckt wer­den wür­de, man fin­de dort das Ange­bot aller Mit­wohn­zen­tra­len. Zudem dür­fe ein ein­zel­ner Ver­band einen sol­chen Begriff nicht mono­po­li­sie­ren, denn ansons­ten wür­de die Kon­kur­renz in wett­be­werbs­wid­ri­ger Wei­se behin­dert. Sowohl das zustän­di­ge Land­ge­richt Ham­burg als auch das Han­sea­ti­sche Ober­lan­des­ge­richt Ham­burg gaben dem Klä­ger recht und ver­ur­teil­ten den beklag­ten Ver­band, die Ver­wen­dung des Domain-Namens mitwohnzentrale.de ohne unter­schei­den­de Zusät­ze zu unter­las­sen. An dem Domain­na­men, mein­ten die Han­sea­ti­schen Rich­ter, bestün­de ein gene­rel­les Frei­hal­tungs­in­ter­es­se. Der Bun­des­ge­richts­hof ver­wies den Recht­streit zur wei­te­ren Sach­auf­klä­rung an das OLG zurück. Auf­ga­be des OLG ist nun, zu unter­su­chen, ob der Ver­brau­cher durch die umstrit­te­ne Adres­se irre­ge­führt wird — eine im ers­ten Pro­zess offen­ge­blie­be­ne Fra­ge.