Sie kommen zu uns. Sie sind in Not. Aber nicht nur sie. Auch unsere Regierung kommt in Not. Denn: Wohin mit ihnen? Wegen der laufend steigenden Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge mieten deshalb die zuständigen Behörden (das sind häufig die Landratsämter) vermehrt Unterkünfte von Privatpersonen an.
Die Unterbringung erfolgt dabei im Rahmen unterschiedlicher Vertragsvarianten. Das können Mietverträge, Beherbergungsverträge, Belegungsvereinbarungen, Rahmenverträge etc. sein. Es gibt also unterschiedliche Gestaltungen, die Sie als Vermieter wegen der steuerlichen Auswirkungen vorab prüfen sollten. Bei einer kurzfristigen Vermietung kann Umsatzsteuer anfallen, bei einer längerfristigen Vermietung zu Wohnzwecken in der Regel jedoch nicht. Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der einzelnen Leistungsbeziehungen sind neben dem Inhalt des jeweiligen Vertrags auch außervertragliche Umstände zugrunde zu legen. Auf die Bezeichnung der Verträge als Miet-, Beherbergungs-, Belegungs-oder Rahmenverträge kommt es regelmäßig nicht an.
Sie als Vermieter sollten zunächst prüfen, ob die Räumlichkeiten unmittelbar an die öffentliche Hand vermietet werden, denn diese Vermietung ist umsatzsteuerfrei.
Anders sieht es aus, wenn nur ein Rahmenvertrag abgeschlossen bzw. eine Belegung vereinbart wird, wonach die öffentliche Hand zwar eine langfristige Rechtsbeziehung mit dem Vermieter eingeht, aber nicht wie ein Mieter/Besitzer über die Räumlichkeiten verfügen kann. Der Vertrag regelt dann meistens nur die Modalitäten einer möglichen Belegung der Unterkunft durch Flüchtlinge bzw. Asylbewerber. Er ist also kein Mietvertrag.
Die Unterbringung kann kurz- oder langfristig erfolgen. Von langfristigen Verträgen ist aus Vereinfachungsgründen auszugehen, wenn die Vertragsdauer länger als sechs Monate dauert.
Langfristige Mietverträge
- Ausschließliche Wohnraumüberlassung. Die Vermietung ist grundsätzlich steuerfrei.
- Wohnraumüberlassung mit zusätzlichen weiteren Dienstleistungen
Erbringen Sie als Vermieter Nebenleistungen, müssen Sie prüfen, ob es sich bei den zusätzlich erbrachten Dienstleistungen um Nebenleistungen zur Vermietungsleistung handelt oder um eigenständige, gesondert zu beurteilende Leistungen (z.B. die Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen). Eine einfache Standardmöblierung (z.B. je Person 1 Bett, 1 Stuhl, 1 Schrank/ Schrankfach, 1 Tisch je Zimmer, ggf. Gemeinschaftsküche) kann noch als Nebenleistung zur Vermietung angesehen werden, ist also nicht gesondert zu beurteilen. Anders sieht es jedoch aus, wenn Sie Verpflegungsleistungen an die untergebrachten Personen erbringen. Denn dann handelt es sich um eigenständige Leistungen, die stets dem Regelsteuersatz von 19% unterliegen.
Erbringen Sie in nicht unerheblichem Umfang Dienstleistungen zusätzlich zur Vermietung (z.B. Einteilung der Zimmer, Bereitstellung der Einrichtungsgegenstände sowie der Wäsche, Verpflegung der Flüchtlinge, Waschdienst, Raumpflege, ggf. Sicherheitsdienst/Anwesenheitskontrolle), handelt es sich um das Vorliegen eines Vertrags besonderer Art. Hier gilt der Regelsteuersatz von 19% für den gesamten Leistungsaustausch, also auch für die Miete, wenn die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks, gegenüber anderen wesentlicheren Leistungen, zurücktritt und das Vertragsverhältnis ein einheitliches, unteilbares Ganzes darstellt.
Kurzfristige Mietverträge (Beherbergungsverträge)
Überlassen Sie die Unterkünfte zur Beherbergung von Flüchtlingen und Asylbewerbern für eine Dauer von bis zu 6 Monaten an die öffentliche Hand, handelt es sich regelmäßig um eine ermäßigt, mit 7%, zu besteuernde Beherbergungsleistung. Eventuell erbrachte zusätzliche Dienstleistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, unterliegen aber wieder dem Regelsteuersatz von 19%. Soweit diese zusätzlichen Dienstleistungen im pauschalen Entgelt enthalten sind, muss dieses Entgelt aufgeteilt werden, weil die Verpflegungsleistungen an die untergebrachten Personen regelmäßig dem Regelsteuersatz unterliegen.
Sonderfall Rahmenvertrag/Belegungsvereinbarung
Wird ein Rahmenvertrag vereinbart, liegt für sich genommen noch kein umsatzsteuerliches Leistungsverhältnis vor. Vielmehr werden nur die einheitlichen Bedingungen für eine Vielzahl von noch abzuschließenden Einzelmietverhältnissen (zwischen Vermieter und öffentlicher Hand) festgelegt. Das jeweilige Einzelmietverhältnis wird erst begründet, wenn der unterzubringende Asylbewerber bzw. Flüchtling durch Einweisung tatsächlich untergebracht wird. Der durch die jeweilige Einweisung möglicherweise nur mündlich oder konkludent geschlossene Einzelmietvertrag unter den Bedingungen des schriftlichen Rahmenvertrags ist ein Vertrag zu Gunsten Dritter, nämlich der untergebrachten Person. Damit werden die Bestimmungen des Rahmenvertrags entscheidend für die Beurteilung der Einzelmietverträge. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung richtet sich nach der späteren tatsächlichen Umsetzung der Vereinbarung.
Unterbringung im Bedarfsfall mit einer geplanten Dauer von bis zu 6 Monaten
Hierbei kann es sich z.B. um eine nur zur vorübergehenden Unterbringung vorgesehene Notunterkunft handeln oder um Fälle, in denen die Unterkunft aufgrund anderer Umstände nur kurzfristig beziehbar ist, z.B. wegen einer geplanten anderweitigen Nutzung. Hier ist der ermäßigte Steuersatz von 7% für Beherbergungsleistungen anzuwenden. Erbringen Sie eventuell zusätzliche Dienstleistungen, unterliegen diese aber wieder dem Regelsteuersatz von 19%.
Unterbringung im Bedarfsfall mit einer geplanten Dauer von über 6 Monaten
Die Vermietung ist grundsätzlich steuerfrei. Es ist allerdings zu prüfen, ob ein Vertrag besonderer Art vorliegt, wobei die Nebenleistungen anders behandelt werden können (siehe oben).
„Dieser Artikel stammt aus der Broschüre „Lotse“, der vierteljährlichen Mandantenzeitung des delfi-net Steuerberater-Netzwerk, in dem unsere Kanzlei Mitglied ist. ist.“