Und wieder einmal werden die Übertragungsregeln geändert, zum vierten oder zum fünften Mal? Langsam haben Sie den Überblick verloren und außerdem den Eindruck: am besten macht man nix, dann macht man nix falsch?
Aber, liebe Unternehmer der etwas älteren Generation: Es eilt trotzdem immer noch! Wir haben zwar nun schöne, neue Erbschaftsteuerregelungen für Unternehmer. Da diese in Zügen jedoch schon wieder als möglicherweise verfassungswidrig diskutiert werden, ist, wie so oft im deutschen Steuerrecht, die Zeit nach der Erbschaftsteuerreform gleichzeitig die Zeit vor der Erbschaftsteuerreform. Die Regelung der eigenen Unternehmensnachfolge ist daher dringender denn je.
Zur Erinnerung: Im alten Erbschaftsteuerrecht wurde der Wert des Betriebsvermögens bei der unentgeltlichen Übertragung in der Regel mit einem hohen Abschlag (85% oder sogar 100%) herangezogen, das Privatvermögen dagegen nicht. Solche Begünstigungen der Unternehmensvermögen waren grundsätzlich aber nur dann möglich, wenn diese im Interesse des Gemeinwohls begründet sind. Hierzu zählt auch der Erhalt von Arbeitsplätzen. Dies versuchte der Staat zu erreichen, indem er den Erhalt der Lohnsummenhöhe in Abhängigkeit der Arbeitnehmeranzahl regelte. Da aber über die Lohnsummenregelung dieser Arbeitsplatzerhalt nur für Unternehmer ab 20 Arbeitnehmern zum Tragen kam und 90% aller deutschen Unternehmen weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, sah das Bundesverfassungsgericht das Interesse des Gemeinwohls als nicht erfüllt an und forderte eine Korrektur. Diese Forderung hat der Fiskus jetzt erfüllt – und es wundert nicht wirklich, dass die Regelungen nicht einfacher geworden sind. Hier die neuen Grenzwerte:
Anzahl Beschäftigte | Lohnsummenforderung | Abschlag |
ab 6 Beschäftigte | 250% der letzen 5 Jahre in den nächsten 5 Jahren | 85% |
500% der letzen 5 Jahre in den nächsten 5 Jahren | 100% | |
ab 11 Beschäftigte | 300% der letzen 5 Jahre in den nächsten 5 Jahren | 85% |
565% der letzen 5 Jahre in den nächsten 5 Jahren | 100% | |
ab 16 Beschäftigte | 400% der letzen 5 Jahre in den nächsten 5 Jahren | 85% |
700% der letzen 5 Jahre in den nächsten 5 Jahren | 100% |
Das neue vereinfachte Ertragswertverfahren führt dafür in Zukunft zu deutlich niedrigeren Unternehmenswerten als bisher, wobei auch die neuen Werte in der Regel zu hoch sein dürften und daher externe Unternehmensbewertungsgutachten zum Nachweis eines niedrigeren und realistischen Unternehmenswerts herangezogen werden müssen.
Bei Unternehmen mit einem Wert von über 26 Mio. € wird allerdings der hohe Abschlag von 85% bzw. 100% sukzessive abgeschmolzen. Ab einem Unternehmensvermögen von 90 Mio. € fällt der Abschlag komplett weg.
Bei Familiengesellschaften kann zudem noch ein zusätzlicher Abschlag von bis zu 30% auf den Unternehmenswert vorgenommen werden. Voraussetzung ist jedoch, dass Beschränkungen bei Gewinnentnahmen/Ausschüttungen, Abfindungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters und Regelungen hinsichtlich des Gesellschafterbestands im Gesellschaftsvertrag geregelt werden.
Es bleibt festzuhalten, dass in vielen Fällen hohe Abschläge auf das Unternehmensvermögen bei der unentgeltlichen Übertragung oder beim Unternehmensübergang im Todesfall möglich sind. Was weiterhin eine starke Begünstigung von Unternehmensvermögen im Vergleich zu Privatvermögen darstellt. Ob dies vor dem Bundesverfassungsgericht langfristig Bestand hat oder nach der diesjährigen Wahl auch von einer eventuell neuen Regierung widerspruchslos fortgeführt wird, darf ernsthaft bezweifelt werden.
Es gibt daher nur zwei Fälle, in denen bei der Unternehmensnachfolge mit Sicherheit noch Steuern gespart werden können:
Entweder der Unternehmer segnet noch vor Verkündung eines wiederum neuen Erbschaftsteuerrechts das Zeitliche – was zwar wenig Steuer kostet, jedoch keinem zu wünschen ist.
Oder, und dies ist mit Sicherheit die weitaus gesündere Alternative (sowohl für das Unternehmen als auch für den Unternehmer): Sie planen jetzt bei noch guter Gesundheit die Unternehmensnachfolge oder die Mitbeteiligung der Kinder am Unternehmen und können so bei der Auswahl und der Einsetzung des oder der (potentiellen) Nachfolger aktiv Einfluss nehmen. Mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass der Fiskus bei der Übertragung so gut wie leer ausgeht.
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie nicht Ihren Arzt oder Apotheker, sondern Ihren Steuerberater. Wir sind in dieser Sache gerne für Sie da und stehen Ihnen kompetent und zuverlässig zur Seite.
„Dieser Artikel stammt aus der Broschüre „Lotse“, der vierteljährlichen Mandantenzeitung des delfi-net Steuerberater-Netzwerk, in dem unsere Kanzlei Mitglied ist. ist.“