Flugausfälle schaffen rechtliche Fragen

Nach den Flugausfällen im April und Mai müssen sich die betroffenen Passagiere und Frachtkunden nun mit den rechtlichen Folgen auseinandersetzen.

Meh­re­re zehn­tau­send Flü­ge sind im April wegen einer Asche­wol­ke aus­ge­fal­len, und auch jetzt kommt es noch zu zahl­rei­chen Flug­strei­chun­gen. Immer­hin hat­ten die gestran­de­ten Flug­pas­sa­gie­re damit genü­gend Zeit, den Namen des unaus­sprech­li­chen Vul­kans Eyjaf­jal­la­jökull zu ler­nen (Aus­spra­che: “Eija-fjat­la-jökütl”), der ihnen so viel Kum­mer berei­tet. Nach der Rück­kehr geht der Ärger aber meist erst rich­tig los. Denn neben höhe­ren Kos­ten für Unter­kunft und Ver­pfle­gung haben vie­le gestran­de­te Pas­sa­gie­re auch Arbeits­ta­ge ver­passt.

Recht ein­fach sind die Ansprü­che gegen­über der Air­line, sofern sie ihren Sitz in der EU hat oder von einem EU-Flug­ha­fen aus star­tet: Wer nur einen Flug gebucht hat­te, kann wahl­wei­se die Erstat­tung des Ticket­prei­ses oder eine kos­ten­lo­se Umbu­chung auf einen spä­te­ren Flug ver­lan­gen. Außer­dem muss die Air­line die Hotel­über­nach­tung und Trans­fers zah­len, wenn der Flug erst an einem Fol­ge­tag star­tet. Scha­dens­er­satz­an­sprü­che oder sons­ti­ge Ansprü­che bestehen dage­gen nicht, weil der Flug­aus­fall auf höhe­re Gewalt zurück­zu­füh­ren ist.

Etwas schwie­ri­ger ist die Situa­ti­on für Pau­schal­rei­sen­de, weil hier neben der EU-Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung auch das deut­sche Zivil­recht gilt. Erheb­li­che Ver­zö­ge­run­gen bei der Rück­rei­se sind zwar ein Rei­se­man­gel, aber wie die Gerich­te auf Erstat­tungs­an­sprü­che reagie­ren, ist noch völ­lig unklar, denn eine der­art gra­vie­ren­de Beein­träch­ti­gung des Flug­ver­kehrs ist bis­her ein­ma­lig. Die Ansprü­che sind also im Ein­zel­fall zu beur­tei­len.

Haben die Flug­aus­fäl­le auch zu Arbeits­aus­fäl­len geführt, kommt es dar­auf an, was der Flug­aus­fall ver­zö­gert hat: Kommt der Arbeit­neh­mer zu spät aus dem Urlaub zurück, hat er für die Aus­fall­zeit kei­nen Gehalts­an­spruch und somit unbe­zahl­ten Urlaub, denn das Risi­ko für den Weg zur Arbeit muss er selbst tra­gen. Ein Anspruch auf Gehalts­zah­lung besteht also nur, wenn er sich mit dem Arbeit­ge­ber auf die Anrech­nung von zusätz­li­chen Urlaubs­ta­gen, Arbeits­zeit­gut­ha­ben oder eine sons­ti­ge Aus­gleichs­re­ge­lung einigt.

Für die Sozi­al­ver­si­che­rung hat das kei­ne Aus­wir­kun­gen, denn unbe­zahl­ter Urlaub ist für die Sozi­al­ver­si­che­rung unschäd­lich, solang er nicht län­ger als einen Monat dau­ert. Eine beson­de­re Mel­dung zur Sozi­al­ver­si­che­rung wegen des unbe­zahl­ten Urlaubs ist in die­sem Fall nicht erfor­der­lich. Und auch eine Kün­di­gung des Arbeit­neh­mers wegen Fern­blei­bens von der Arbeit ist unzu­läs­sig, denn der Arbeit­neh­mer ist hier ein Opfer höhe­rer Gewalt, und so trifft ihn kein Ver­schul­den an der ver­spä­te­ten Rück­kehr.

Hat der Flug­aus­fall dage­gen zu einem Pro­duk­ti­ons­aus­fall geführt, weil not­wen­di­ge Lie­fe­run­gen aus­ge­blie­ben sind oder ein Arbeit­neh­mer ist wäh­rend einer Dienst­rei­se gestran­det, hat der Arbeits­aus­fall für den Arbeit­neh­mer kei­ne Fol­gen. Bei­de Risi­ken muss der Arbeit­ge­ber tra­gen und somit den Arbeit­neh­mer auch dann ent­loh­nen, wenn die Arbeit vor­über­ge­hend nicht mög­lich war.

Für Geschäfts­rei­sen­de, sei­en es nun Arbeit­neh­mer oder Selbst­stän­di­ge, kann der Vul­kan auch noch Jah­re spä­ter steu­er­li­che Fol­gen haben: Dass die Rei­se um ein paar Tage ver­län­gert wur­de, könn­te einen Betriebs­prü­fer zu der Fra­ge füh­ren, ob die Ver­län­ge­rung pri­vat ver­an­lasst war, womit die Rei­se­kos­ten nicht in vol­ler Höhe steu­er­lich abzugs­fä­hig wären. Sie soll­ten daher alle Unter­la­gen auf­be­wah­ren, die bewei­sen, dass die Ver­län­ge­rung unfrei­wil­lig erfolg­te, also ins­be­son­de­re die ursprüng­li­chen Flug- und Hotel­bu­chun­gen und eine Bestä­ti­gung, dass der ursprüng­li­che Flug stor­niert wur­de.