Neue Regeln für strafbefreiende Selbstanzeige

Das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz verschärft die Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige.

Am 3. Mai 2011 ist das Gesetz zur Ver­bes­se­rung der Bekämp­fung von Geld­wä­sche und Steu­er­hin­ter­zie­hung (Schwarz­geld­be­kämp­fungs­ge­setz) in Kraft getre­ten. In ers­ter Linie sind dar­in Ver­schär­fun­gen bei der straf­be­frei­en­den Selbst­an­zei­ge ent­hal­ten. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um will damit den Gebrauch der Selbst­an­zei­ge als Instru­ment einer Steu­er­hin­ter­zie­hungs­stra­te­gie ver­hin­dern. Im Ein­zel­nen ent­hält das Gesetz fol­gen­de Maß­nah­men:

  • Bei einer Selbst­an­zei­ge tritt Straf­frei­heit künf­tig nur noch dann ein, wenn alle noch unver­jähr­ten Steu­er­straf­ta­ten einer Steu­er­art in vol­lem Umfang offen­bart und die Besteue­rungs­grund­la­gen voll­stän­dig und zutref­fend nach­erklärt wer­den.

  • Der Zeit­punkt, ab dem eine straf­be­frei­en­de Selbst­an­zei­ge nicht mehr mög­lich ist, wird vor­ver­legt. Bis­her sind Selbst­an­zei­gen erst dann nicht mehr mög­lich, wenn der Betriebs­prü­fer erscheint. Künf­tig genügt der Zugang der Prü­fungs­an­ord­nung.

  • Auf Ver­lan­gen der Bun­des­län­der ist jetzt bei einem Betrag über 50.000 Euro zwin­gend eine “frei­wil­li­ge” Zah­lung von 5 % des Hin­ter­zie­hungs­be­trags not­wen­dig, um Straf­frei­heit zu erhal­ten.

  • Aus Ver­trau­ens­schutz­grün­den füh­ren alle bis zum 28. April 2011 bereits abge­ge­be­nen Teil­selbst­an­zei­gen noch in dem erklär­ten Umfang zur Straf­frei­heit.

Vor allem die Pflicht zur voll­stän­di­gen Offen­ba­rung aller Hin­ter­zie­hungs­tat­be­stän­de dürf­te in der Pra­xis noch erheb­li­che Pro­ble­me berei­ten. Das Gesetz ent­hält kei­ne Baga­tell­re­ge­lung, und so könn­te die Straf­frei­heit für die Offen­ba­rung eines Mil­lio­nen­ver­mö­gens in der Schweiz zumin­dest theo­re­tisch allein dadurch wie­der weg­fal­len, weil bei der Selbst­an­zei­ge Zins­ein­künf­te von weni­gen Euro im Inland über­se­hen wur­den. In der Geset­zes­be­grün­dung wird ledig­lich klar­ge­stellt, dass die For­mu­lie­rung “in vol­lem Umfang” nicht bedeu­te, dass jede Selbst­an­zei­ge auf “Euro und Cent” genau sein müs­se. Was das aber im Ein­zel­fall genau bedeu­tet, steht nun im Ermes­sen von Finanz­ver­wal­tung und Gerich­ten.

Immer­hin wur­de durch die Beschrän­kung auf ein­zel­ne Steu­er­ar­ten ein ande­res Pro­blem ent­schärft, vor dem nach der ursprüng­li­chen Fas­sung vor allem Geschäfts­füh­rer und Vor­stän­de gestan­den hät­ten: Geben sie im Namen ihres Unter­neh­mens eine Selbst­an­zei­ge ab, wäre die Straf­frei­heit für das Unter­neh­men wie­der weg­ge­fal­len, wenn in der pri­va­ten Steu­er­erklä­rung des Mana­gers spä­ter auch nur klei­ne Unre­gel­mä­ßig­kei­ten bekannt wer­den. Nach der jetzt gül­ti­gen Fas­sung bleibt trotz des mög­li­chen Weg­falls der Straf­frei­heit bei der Ein­kom­men­steu­er des Mana­gers die Straf­frei­heit für das Unter­neh­men in die­sem Fall erhal­ten, weil es dort um ande­re Steu­er­ar­ten (Kör­per­schaft­steu­er, Gewer­be­steu­er, Umsatz­steu­er etc.) geht.

Sowohl über den Sinn als auch über die prak­ti­sche Hand­ha­bung die­ser Ände­run­gen wird es noch lan­ge Dis­kus­sio­nen geben. Fest steht aber schon jetzt, dass die straf­be­frei­en­de Selbst­an­zei­ge deut­lich an Attrak­ti­vi­tät ver­lo­ren hat, und in Zukunft wohl dem­entspre­chend weni­ger genutzt wer­den wird. Ein­zig die Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs aus dem Jahr 2008, nach der bereits ab einem Hin­ter­zie­hungs­be­trag von 50.000 Euro eine Steu­er­hin­ter­zie­hung in gro­ßem Aus­maß vor­liegt und ab einem Betrag von 100.000 Euro Frei­heits­stra­fen ver­hängt wer­den sol­len, sorgt dafür, dass die straf­be­frei­en­de Selbst­an­zei­ge auch wei­ter­hin eine Exis­tenz­be­rech­ti­gung hat.

Unter­des­sen wer­kelt das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um schon wie­der an einem neu­en Gesetz, bei dem es um die Bekämp­fung von Geld­wä­sche geht. In die­sem “Gesetz zur Opti­mie­rung der Geld­wä­sche­prä­ven­ti­on”, des­sen Regie­rungs­ent­wurf das Bun­des­ka­bi­nett am 11. Mai beschlos­sen hat, wer­den jedoch in ers­ter Linie Sorg­falts­pflich­ten der Indus­trie und der frei­en Beru­fe ergänzt sowie die Auf­sichts- und Prü­fungs­rech­te in Bund und Län­dern zur Ver­hin­de­rung der Geld­wä­sche und Ter­ro­ris­mus­fi­nan­zie­rung gestärkt. Außer­dem sol­len die Mel­de­pflich­ten kon­kre­ti­siert und die Buß­geld­tat­be­stän­de erwei­tert wer­den.