Inoffizielles Jahressteuergesetz vorm Abschluss

Das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz enthält eine Vielzahl von Gesetzesänderungen im Steuerrecht.

Am 27. Okto­ber 2011 hat der Bun­des­tag das Gesetz zur Umset­zung der Bei­trei­bungs­richt­li­nie sowie zur Ände­rung steu­er­li­cher Vor­schrif­ten ver­ab­schie­det, mit dem in ers­ter Linie die Bei­trei­bungs­richt­li­nie der EU umge­setzt wer­den soll. Dane­ben sind im Lauf des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens jedoch auch immer mehr steu­er­li­che Ände­run­gen in das Gesetz auf­ge­nom­men wor­den. Das Gesetz wird daher mitt­ler­wei­le zumin­dest inof­fi­zi­ell immer häu­fi­ger als “Jah­res­steu­er­ge­setz 2011” bezeich­net.

In den meis­ten Fäl­len han­delt es sich bei den geplan­ten Ände­run­gen um klei­ne­re Kor­rek­tu­ren im Steu­er­recht, die nur weni­ge Steu­er­pflich­ti­ge betref­fen oder zumin­dest ohne gro­ße prak­ti­sche Aus­wir­kung blei­ben. Hier ist ein Über­blick über die wesent­li­chen Ände­run­gen im Gesetz, die von all­ge­mei­nem Inter­es­se sind:

  • Aus­bil­dungs­kos­ten: Das erfreu­li­che Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs zur Abzieh­bar­keit der Kos­ten einer Berufs­aus­bil­dung wird durch eine als “Klar­stel­lung” bezeich­ne­te Geset­zes­än­de­rung rück­wir­kend ab 2004 aus­ge­he­belt. Im Gegen­zug wird der maxi­ma­le Son­der­aus­ga­ben­ab­zug für Aus­bil­dungs­kos­ten ab 2012 von 4.000 auf 6.000 Euro ange­ho­ben.

  • Ries­ter-Ren­te: Wer unbe­ab­sich­tigt die Zah­lung des Eigen­bei­trags für die Ries­ter-Ren­te ver­säumt hat, erhält die Mög­lich­keit, den Eigen­bei­trag nach­zu­zah­len und sich damit die staat­li­che Zula­ge zu sichern. Das betrifft ins­be­son­de­re nicht berufs­tä­ti­ge Ehe­part­ner, die die Ries­ter-Zula­ge bis­her auch ohne Eigen­bei­trag erhal­ten haben. Nach der Geburt eines Kin­des zahlt aber der Staat für drei Jah­re Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge, wodurch der Ehe­part­ner Mit­glied in der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung wird und damit von der mit­tel­ba­ren in die unmit­tel­ba­re Zula­gen­be­rech­ti­gung wech­selt. Ab 2012 muss dann jeder Ries­ter-Spa­rer unab­hän­gig vom Zula­ge­sta­tus einen Eigen­bei­trag von min­des­tens 60 Euro im Jahr — also fünf Euro pro Monat — auf sei­nen Ver­trag ein­zah­len, um die vol­le Zula­ge zu erhal­ten. Damit soll die Rück­for­de­rung von Zula­gen wegen eines Sta­tus­wech­sels für die Zukunft ver­mie­den wer­den.

  • Kin­der­geld: Der Kata­log der Frei­wil­li­gen­diens­te beim Kin­der­geld wird ab 2011 um den neu­en Bun­des­frei­wil­li­gen­dienst und um den Inter­na­tio­na­len Jugend­frei­wil­li­gen­dienst erwei­tert. Dann besteht auch für die Kin­der ein Kin­der­geld­an­spruch, die einen die­ser neu­en Diens­te leis­ten.

  • Alters­ver­sor­gung: Die Über­tra­gung von Anrech­ten auf Alters­ver­sor­gung — bei­spiels­wei­se von einem Ries­ter-Ver­trag auf einen ande­ren oder zwi­schen Ver­trä­gen der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung — wird steu­erneu­tral mög­lich.

  • Lohn­steu­er­ab­zug: Die lohn­steu­er­li­chen Ver­fah­rens­vor­schrif­ten wer­den an das neue elek­tro­ni­sche Ver­fah­ren (ELS­tAM) ange­passt. Außer­dem wer­den die für 2011 gel­ten­den Über­gangs­re­ge­lun­gen auf­ge­ho­ben, die ange­sichts der Ver­zö­ge­rung des ELS­tAM-Starts wohl noch etwas län­ger als ursprüng­lich geplant zur Anwen­dung kom­men müs­sen.

  • Abgel­tungs­teu­er: Für Kapi­tal­erträ­ge, die der Abgel­tungs­teu­er unter­lie­gen, wird ein auto­ma­ti­sches Ver­fah­ren für den Abzug der Kir­chen­steu­er ein­ge­führt. Die Ban­ken sol­len ab 2013 beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern (BZSt) anhand der Steu­er­ident­num­mer des Kapi­tal­an­le­gers des­sen Kir­chen­steu­er­pflicht abfra­gen kön­nen und dann die Kir­chen­steu­er auto­ma­tisch ein­be­hal­ten. Ein Anle­ger kann beim BZSt aller­dings der Über­mitt­lung sei­ner Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit an die Ban­ken wider­spre­chen.

  • Sanie­rungs­klau­sel: Die Sanie­rungs­klau­sel, die auf Druck der EU-Kom­mis­si­on ursprüng­lich kom­plett gestri­chen wer­den soll­te, wird nun nur sus­pen­diert. Falls die Kom­mis­si­on eine gegen­tei­li­ge Ent­schei­dung trifft oder der Euro­päi­sche Gerichts­hof fest­stellt, dass die Sanie­rungs­klau­sel zuläs­sig ist, soll sie wie­der in Kraft tre­ten kön­nen.

  • Ver­an­stal­tungs­leis­tun­gen: Rück­wir­kend zum 1. Juli 2011 sol­len Ver­an­stal­tungs­leis­tun­gen im Zusam­men­hang mit Mes­sen und Aus­stel­lun­gen, die im Dritt­land statt­fin­den, grund­sätz­lich als im Dritt­lands­ge­biet aus­ge­führt gel­ten.

  • Bewer­tungs­recht: Es erfol­gen ver­schie­de­ne Kor­rek­tu­ren im Bewer­tungs­ge­setz, unter ande­rem zur Ver­mei­dung von Besteue­rungs­lü­cken wenn Boden­richt­wer­te feh­len.

  • Schen­kun­gen: Meh­re­re Ände­run­gen betref­fen Schen­kun­gen im Zusam­men­hang mit Betei­li­gun­gen an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten. Unter ande­rem wird eine Besteue­rungs­lü­cke geschlos­sen, indem eine über­pro­por­tio­na­le Ein­la­ge eines Gesell­schaf­ters, durch die auch der Wert der Antei­le der ande­ren Gesell­schaf­ter steigt, einer direk­ten Schen­kung an die ande­ren Gesell­schaf­ter gleich­ge­stellt wird.

  • Erb­schaft­steu­er: Haben sowohl der Erb­las­ser als auch der Erbe (oder Schen­ker und Beschenk­ter) ihren Wohn­sitz nicht in Deutsch­land, unter­lie­gen sie nur der beschränk­ten Erb­schaft­steu­er­pflicht. In die­sem Fall unter­liegt nur das in Deutsch­land bele­ge­ne Immo­bi­li­en- und Betriebs­ver­mö­gen der Steu­er­pflicht, übri­ges Ver­mö­gen bleibt steu­er­frei. Dafür beträgt der Frei­be­trag in die­sem Fall aller­dings auch nur 2.000 Euro. Nach Auf­fas­sung der EU-Kom­mis­si­on sind die­se Bestim­mun­gen dis­kri­mi­nie­rend und stel­len eine unge­recht­fer­tig­te Beschrän­kung des frei­en Kapi­tal­ver­kehrs dar. Erben aus den EU-Staa­ten erhal­ten in sol­chen Fäl­len daher zukünf­tig die Mög­lich­keit, die unbe­schränk­te Steu­er­pflicht zu bean­tra­gen. Dann haben sie zwar Anspruch auf den nor­ma­len Frei­be­trag von bis zu 500.000 Euro, müs­sen aber im Gegen­zug das gesam­te Erbe ver­steu­ern.