Gelangensbestätigung als neues Handelshindernis

Die neuen Nachweispflichten für umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen stellen die Unternehmen vor enorme Probleme.

Seit Janu­ar 2012 gel­ten für umsatz­steu­er­freie Aus­fuhr­lie­fe­run­gen und inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­run­gen neue Nach­weis­pflich­ten. Für Waren­lie­fe­run­gen ins EU-Aus­land wur­den alle bis­lang gel­ten­den Nach­weis­mög­lich­kei­ten per Rechts­ver­ord­nung abge­schafft und durch einen ein­zi­gen Beleg ersetzt, die soge­nann­te Gelan­gens­be­stä­ti­gung. Dabei han­delt es sich um eine Bestä­ti­gung des Abneh­mers, dass er die Ware an einem bestimm­ten Tag und Ort erhal­ten hat. Das mag ein­fach klin­gen, aber in der Pra­xis führt die neue Nach­weis­pflicht zu Schwie­rig­kei­ten für die Unter­neh­men und erschwert den EU-Bin­nen­han­del, wie der DIHK fest­ge­stellt hat.

Die Gelan­gens­be­stä­ti­gung ist im Aus­land oft unbe­kannt. Die Unter­neh­men müs­sen daher befürch­ten, dass der Abneh­mer sie des­we­gen häu­fig zunächst nicht unter­schrei­ben wird. Zudem kann es pas­sie­ren, dass der Emp­fang der Ware von einer ande­ren Per­son als dem Abneh­mer quit­tiert wird und die Finanz­ver­wal­tung die­se Unter­schrift dann nicht als Gelan­gens­be­stä­ti­gung aner­kennt.

Ver­stärkt wird das Pro­blem dadurch, dass es das Mus­ter ledig­lich in deut­scher, eng­li­scher und fran­zö­si­scher Spra­che gibt. Ob ein tsche­chi­scher, est­ni­scher oder por­tu­gie­si­scher Abneh­mer eine Beschei­ni­gung in einer die­ser Spra­chen unter­schreibt, ist nicht sicher. Und bei der Viel­zahl von deut­schen Waren­sen­dun­gen ins EU-Aus­land ist es für den lie­fern­den Unter­neh­mer ein erheb­li­cher Auf­wand, sicher­zu­stel­len, dass alle Abneh­mer die Gelan­gens­be­stä­ti­gung kor­rekt aus­fül­len.

Noch grö­ße­re Pro­ble­me erge­ben sich bei Rei­hen­ge­schäf­ten: Lie­fert etwa ein deut­scher Unter­neh­mer im Auf­trag sei­nes rus­si­schen Kun­den eine Ware per Spe­di­ti­on an des­sen Abneh­mer nach Bel­gi­en, stellt sich die Fra­ge, wer die Gelan­gens­be­stä­ti­gung unter­schrei­ben muss. Abneh­mer des deut­schen Unter­neh­mens ist der Rus­se. Der kann jedoch nicht bestä­ti­gen, ob und wann die Ware tat­säch­lich in Bel­gi­en ange­kom­men ist. Zwi­schen dem deut­schen Unter­neh­mer und dem bel­gi­schen End­kun­den bestehen aber kei­ne ver­trag­li­chen Bezie­hun­gen. Abhil­fe schaf­fen wür­de in die­sen Fäl­len die Rück­kehr zur bis­he­ri­gen Spe­di­teur­be­schei­ni­gung, bei der der beauf­trag­te Spe­di­teur bestä­tigt, wann er sei­ne Ware bei wem abge­lie­fert hat. Schließ­lich hat der die Spe­di­ti­on beauf­tra­gen­de Lie­fe­rer nur dar­auf direk­ten Ein­fluss.

Wegen die­ser Schwie­rig­kei­ten mit der neu­en Gelan­gens­be­stä­ti­gung hat­te die Finanz­ver­wal­tung zunächst eine drei­mo­na­ti­ge Gna­den­frist gewährt: Bei Lie­fe­run­gen bis Ende März 2012 hat der Nach­weis anhand der Spe­di­teur­be­schei­ni­gung kei­ne nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen. Ange­sichts der mas­si­ven Kri­tik nicht nur des DIHK son­dern bei­spiels­wei­se auch des Insti­tuts der Wirt­schafts­prü­fer wur­de die Gna­den­frist nun für inner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­run­gen zumin­dest um drei Mona­te ver­län­gert. Wich­tig ist aber, dass die ver­län­ger­te Über­gangs­frist nicht für steu­er­freie Aus­fuhr­lie­fe­run­gen außer­halb der EU gilt — hier bleibt es beim bis­he­ri­gen Ende der Über­gangs­frist zum 31. März 2012.

Der DIHK for­dert jedoch, dass auch dar­über hin­aus ein Nach­weis durch die Spe­di­teur­be­schei­ni­gung und wei­te­re bis­lang zuge­las­se­ne Bele­ge mög­lich sein soll. Um Rechts­si­cher­heit zu schaf­fen, müs­sen Bund und Län­der die Umsatz­steu­er-Durch­füh­rungs­ver­ord­nung wie­der ändern. Andern­falls wird der EU-Bin­nen­markt, der den Han­del zwi­schen den Mit­glied­staa­ten erleich­tern soll, für deut­sche Unter­neh­men mit neu­en, ver­meid­ba­ren Hür­den belas­tet.