Elektronische Rechnungen ohne Signatur

Das Bundesfinanzministerium erläutert erstmals verbindlich die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aus elektronischen Rechnungen ohne qualifizierte Signatur.

Exakt ein Jahr nach der Abschaf­fung der Signa­tur­pflicht für elek­tro­ni­sche Rech­nun­gen hat sich das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um dazu geäu­ßert, wie elek­tro­ni­sche Rech­nun­gen aus Sicht der Finanz­ver­wal­tung zu behan­deln sind. Die­se Erläu­te­run­gen sind vor allem des­halb inter­es­sant, weil das Gesetz nun anstel­le der Signa­tur­pflicht ande­re Anfor­de­run­gen als Vor­aus­set­zung für den Vor­steu­er­ab­zug aus einer elek­tro­ni­schen Rech­nung stellt.

Bei­spiels­wei­se ver­langt das Gesetz ein inner­be­trieb­li­ches Kon­troll­ver­fah­ren, das einen ver­läss­li­chen Prüf­pfad zwi­schen Rech­nung und Leis­tung schafft, ohne die­se Vor­ga­be oder deren prak­ti­sche Umset­zung näher zu defi­nie­ren. Wirk­lich kon­kret wird das Finanz­mi­nis­te­ri­um zwar auch nicht, aber immer­hin stellt es klar, dass die Unter­neh­men rela­tiv viel Frei­heit bei der Gestal­tung der betrieb­li­chen Abläu­fe haben.

Sowohl bei Papier- als auch bei elek­tro­ni­schen Rech­nun­gen müs­sen die Echt­heit der Her­kunft, die Unver­sehrt­heit des Inhalts und die Les­bar­keit der Rech­nung gewähr­leis­tet wer­den. Genau dafür ver­langt das Gesetz das besag­te Kon­troll­ver­fah­ren mit ver­läss­li­chem Prüf­pfad, nennt aber als die bei­den ein­zi­gen Bei­spie­le die qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tur oder den elek­tro­ni­schen Daten­aus­tausch (EDI), also die bei­den frü­her aus­schließ­lich zuläs­si­gen Ver­fah­ren für elek­tro­ni­sche Rech­nun­gen. Für Unter­neh­men, die kein Risi­ko beim Vor­steu­er­ab­zug ein­ge­hen wol­len, lie­fe das auf eine Auf­recht­erhal­tung der Signa­tur­pflicht durch die Hin­ter­tür hin­aus, wenn die Finanz­ver­wal­tung nicht auch alter­na­ti­ve Ver­fah­ren aus­drück­lich für zuläs­sig erklärt.

Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um stellt des­halb fest, dass das inner­be­trieb­li­che Kon­troll­ver­fah­ren nicht dazu dient, die recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des Vor­steu­er­ab­zugs zu über­prü­fen. Eben­so wenig soll die inhalt­li­che Ord­nungs­mä­ßig­keit der Rech­nung hin­sicht­lich der gesetz­lich erfor­der­li­chen Anga­ben gewähr­leis­tet wer­den. Mit dem Kon­troll­ver­fah­ren soll ledig­lich die kor­rek­te Über­mitt­lung der Rech­nun­gen sicher­ge­stellt wer­den. Eine inhalt­lich rich­ti­ge Rech­nung (gemeint sind rich­ti­ge Leis­tung, rich­ti­ger Leis­ten­der, rich­ti­ges Ent­gelt und rich­ti­ger Zah­lungs­emp­fän­ger) recht­fer­tigt die Annah­me, dass bei der Über­mitt­lung kei­ne die Echt­heit der Her­kunft oder die Unver­sehrt­heit des Inhalts beein­träch­ti­gen­den Feh­ler vor­ge­kom­men sind.

Das Kon­troll­ver­fah­ren bestä­tigt also ledig­lich, dass die Rech­nung weder ge- noch ver­fälscht oder auf ande­re Wei­se ver­än­dert wur­de und dass die Rech­nung der erbrach­ten Leis­tung ent­spricht. Die Anfor­de­run­gen an das inner­be­trieb­li­che Kon­troll­ver­fah­ren haben sich laut dem Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um allein an die­sem Ziel zu ori­en­tie­ren. Inner­be­trieb­li­che Kon­troll­ver­fah­ren sind also Ver­fah­ren, die der Unter­neh­mer zum Abgleich der Rech­nung mit sei­nen Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen ein­setzt. Er kann aber das Ver­fah­ren frei wäh­len und wird nach Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung ohne­hin im eige­nen Inter­es­se über­prü­fen, ob

  • die Rech­nung in der Sub­stanz kor­rekt ist, also ob die in Rech­nung gestell­te Leis­tung tat­säch­lich in dar­ge­stell­ter Qua­li­tät und Quan­ti­tät erbracht wur­de, und

  • der Rech­nungs­aus­stel­ler damit tat­säch­lich den behaup­te­ten Zah­lungs­an­spruch hat und die vom Rech­nungs­stel­ler ange­ge­be­ne Kon­to­ver­bin­dung kor­rekt ist,

damit er sicher­stel­len kann, dass er tat­säch­lich nur die Rech­nun­gen begleicht, zu deren Beglei­chung er auch ver­pflich­tet ist.

In der Pra­xis wer­den sich die Durch­füh­rung des Kon­troll­ver­fah­rens und die Prü­fung der Vor­aus­set­zun­gen des Vor­steu­er­ab­zugs in Tei­len über­schnei­den. Ist der Nach­weis erbracht, dass die Vor­aus­set­zun­gen des Vor­steu­er­ab­zugs gege­ben sind, hat die Durch­füh­rung des inner­be­trieb­li­chen Kon­troll­ver­fah­rens im kon­kre­ten Ein­zel­fall kei­ne eigen­stän­di­ge Bedeu­tung mehr und kann ins­be­son­de­re nicht mehr dazu füh­ren, dass das Finanz­amt den Vor­steu­er­ab­zug ver­wei­gert.

Ein inner­be­trieb­li­ches Kon­troll­ver­fah­ren erfüllt die gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen, wenn es einen ver­läss­li­chen Prüf­pfad gibt, durch den ein Zusam­men­hang zwi­schen der Rech­nung und der zugrun­de lie­gen­den Leis­tung her­ge­stellt wer­den kann. Das kann zum Bei­spiel im Rah­men eines ent­spre­chend ein­ge­rich­te­ten Rech­nungs­we­sens erfol­gen, aber auch ein­fach durch einen manu­el­len Abgleich der Rech­nung mit vor­han­de­nen geschäft­li­chen Unter­la­gen (Kopie der Bestel­lung, Auf­trag, Kauf­ver­trag, Lie­fer­schein, Über­wei­sungs- oder Zah­lungs­be­leg, etc.).

Von der Finanz­ver­wal­tung wer­den jeden­falls kei­ne bestimm­ten tech­ni­schen Ver­fah­ren vor­ge­schrie­ben, die die Unter­neh­men ver­wen­den müss­ten. Das inner­be­trieb­li­che Kon­troll­ver­fah­ren unter­liegt auch kei­ner geson­der­ten Doku­men­ta­ti­ons­pflicht. Aller­dings ist der Unter­neh­mer nach wie vor ver­pflich­tet, die Vor­aus­set­zun­gen des gel­tend gemach­ten Vor­steu­er­ab­zugs nach­zu­wei­sen.

Die Aus­übung des Vor­steu­er­ab­zugs setzt vor­aus, dass der Unter­neh­mer eine kor­rekt aus­ge­stell­te Rech­nung besitzt. Dass der Unter­neh­mer hin­sicht­lich der Rech­nung auch die Anfor­de­run­gen an die Auf­be­wah­rungs­pflicht ein­schließ­lich der beson­de­ren Vor­schrif­ten für DV-gestütz­te Buch­füh­rungs­sys­te­me (GoBS) und für den Daten­zu­griff und die Prüf­bar­keit digi­ta­ler Unter­la­gen (GDPdU) erfüllt, ist jedoch nicht Vor­aus­set­zung für den Vor­steu­er­ab­zug. Die Ver­let­zung der Auf­be­wah­rungs­pflicht kann das Finanz­amt zwar als Ord­nungs­wid­rig­keit ahn­den, aber jeden­falls nicht allein des­we­gen den Vor­steu­er­ab­zug ver­wei­gern.

Ande­rer­seits trägt der Unter­neh­mer die Beweis­last für alle Tat­sa­chen, die den Anspruch begrün­den. Das Minis­te­ri­um weist daher auch noch ein­mal aus­drück­lich dar­auf hin, dass Papier- und elek­tro­ni­sche Rech­nun­gen zehn Jah­re auf­zu­be­wah­ren sind, und wäh­rend des gesam­ten Auf­be­wah­rungs­zeit­raums müs­sen die Echt­heit der Her­kunft, die Unver­sehrt­heit des Inhalts und die Les­bar­keit der Rech­nung gewähr­leis­tet sein. Sind die Unter­la­gen für den Vor­steu­er­ab­zug unvoll­stän­dig oder nicht vor­han­den, kann der Unter­neh­mer den Nach­weis, dass er eine ord­nungs­ge­mä­ße Rech­nung besaß, mit allen ver­fah­rens­recht­lich zuläs­si­gen Mit­teln füh­ren.

Ein wei­te­res Pro­blem in Ver­bin­dung mit elek­tro­ni­schen Rech­nun­gen sind digi­ta­le Kopi­en der­sel­ben Rech­nung, wenn also die Rech­nung zum Bei­spiel dem Emp­fän­ger als Mail­an­hang zuge­sandt und gleich­zei­tig auf einer Web­site zum Down­load bereit­ge­stellt wird. Grund­sätz­lich gilt näm­lich, dass der aus­stel­len­de Unter­neh­mer die Umsatz­steu­er mehr­fach schul­det, wenn für ein und die­sel­be Leis­tung meh­re­re Rech­nun­gen aus­ge­stellt wer­den, ohne dass sie als Dupli­kat oder Kopie gekenn­zeich­net wer­den. Auch dar­auf geht das Minis­te­ri­um ein und stellt klar, dass dies nicht gilt, wenn inhalt­lich iden­ti­sche Mehr­stü­cke der­sel­ben Rech­nung über­mit­telt wer­den. Wenn eine Rech­nung aus meh­re­ren Doku­men­ten besteht, sind die­se Rege­lun­gen ent­spre­chend für die Doku­men­te in ihrer Gesamt­heit anzu­wen­den.

Auch mit den Ein­sicht­nah­me­rech­ten des Betriebs­prü­fers befasst sich das Finanz­mi­nis­te­ri­um. Ein grund­sätz­li­ches Daten­zu­griffs­recht haben die Betriebs­prü­fer schon lan­ge, aber spe­zi­ell auf Grund der Ver­ein­fa­chung der elek­tro­ni­schen Rech­nungs­stel­lung sind die Zugriffs­rech­te im Rah­men einer Umsatz­steu­er-Nach­schau ergänzt wor­den. Mit der Ände­rung wird gere­gelt, dass der Unter­neh­mer dem Prü­fer auf Ver­lan­gen Ein­sicht in die gespei­cher­ten Daten zu gewäh­ren hat, die mit Hil­fe eines Daten­ver­ar­bei­tungs­sys­tems erstellt wur­den. Es reicht also nicht aus, wenn der Unter­neh­mer nur Papier­aus­dru­cke der gespei­cher­ten Daten bereit­stellt. Falls erfor­der­lich, hat der Betriebs­prü­fer auch das Recht, die ein­ge­setz­ten Daten­ver­ar­bei­tungs­sys­te­me zu nut­zen.

Schließ­lich geht das Minis­te­ri­um auch noch auf den Anwen­dungs­zeit­punkt ein. Grund­sätz­lich gel­ten die neu­en Regeln näm­lich nur für ab dem 1. Juli 2011 aus­ge­stell­te Rech­nun­gen über Umsät­ze, die nach dem 30. Juni 2011 aus­ge­führt wor­den sind. Wird aber eine elek­tro­ni­sche Rech­nung über einen Umsatz, der vor dem 1. Juli 2011 aus­ge­führt und abge­rech­net wor­den ist, nach dem 30. Juni 2011 berich­tigt, kön­nen für die Berich­ti­gung der Rech­nung bereits die neu­en Regeln ange­wen­det wer­den.