Einfachere Bilanzregeln für Kleinstunternehmen

Deutschland übernimmt noch dieses Jahr die EU-Micro-Richtlinie in deutsches Recht, die einige Erleichterungen bei den Bilanzregeln für Kleinstkapitalgesellschaften vorsieht.

Klein­be­trie­be in der Rechts­form eines Ein­zel­kauf­manns wur­den schon vor drei Jah­ren mit dem Bilanz­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz von der Buch­füh­rung und der Pflicht zur Auf­stel­lung von Jah­res­ab­schlüs­sen befreit. Dage­gen stan­den einer Ent­las­tung für Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten bis­her zwin­gen­de euro­pa­recht­li­che Vor­ga­ben ent­ge­gen. Im Früh­jahr ist die EU end­lich auf die­se Pro­ble­ma­tik ein­ge­gan­gen und hat die Micro-Richt­li­nie ver­ab­schie­det.

Die­se Richt­li­nie erlaubt es den Mit­glieds­staa­ten, nun auch Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten, die auf­grund ihrer gerin­gen Grö­ße typi­scher­wei­se nicht grenz­über­schrei­tend tätig sind, und für die eine Rech­nungs­le­gung gemäß der EU-Vor­ga­ben mit über­mä­ßi­gem Auf­wand ver­bun­den ist, zumin­dest von eini­gen Anfor­de­run­gen zu befrei­en.

Die Bun­des­re­gie­rung hat jetzt mit der Umset­zung der EU-Micro-Richt­li­nie begon­nen. Als ers­ten Schritt hat das Kabi­nett im Sep­tem­ber den Ent­wurf des Geset­zes zur Erleich­te­rung für Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten (Micro­BilG) ver­ab­schie­det, der jetzt dem Bun­des­tag zuge­lei­tet wird. Fol­gen­de Maß­nah­men sind in dem Gesetz­ent­wurf ent­hal­ten:

  • Hin­ter­le­gung: Zukünf­tig kön­nen Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten wäh­len, ob sie die Offen­le­gungs­pflicht durch eine Ver­öf­fent­li­chung (Bekannt­ma­chung im elek­tro­ni­schen Bun­des­an­zei­ger) erfül­len wol­len. Es genügt näm­lich auch, wenn die Gesell­schaft die Bilanz bei der zustän­di­gen Behör­de hin­ter­legt und damit sicher­ge­stellt ist, dass Drit­te auf Antrag eine Kopie der Bilanz erhal­ten kön­nen. Ein Anhang muss nicht mehr hin­ter­legt wer­den. Um ein ein­heit­li­ches Ver­fah­ren zu gewähr­leis­ten, wird die elek­tro­ni­sche Ein­rei­chung des Jah­res­ab­schlus­ses beim Betrei­ber des Bun­des­an­zei­gers auch für die Hin­ter­le­gung vor­ge­schrie­ben. Auch Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten müs­sen also wei­ter­hin mit einem Ord­nungs­geld­ver­fah­ren rech­nen, wenn der Jah­res­ab­schluss nicht recht­zei­tig beim elek­tro­ni­schen Bun­des­an­zei­ger ein­ge­reicht wird. Aller­dings kön­nen Drit­te die Rech­nungs­le­gungs­un­ter­la­gen nur noch auf Antrag und gegen Gebühr beim Unter­neh­mens­re­gis­ter ein­se­hen, wenn sich die Gesell­schaft für eine Hin­ter­le­gung ent­schie­den hat. In der Pra­xis ändert sich also für die Unter­neh­men auch bei einer Hin­ter­le­gung nicht viel.

  • Ver­ein­fach­te GUV: Für die Gewinn- und Ver­lust­rech­nung kön­nen Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten künf­tig ein ver­ein­fach­tes Glie­de­rungs­sche­ma ver­wen­den. Neu sind in dem ver­ein­fach­ten Sche­ma die Posi­tio­nen “sons­ti­ge Erträ­ge” und “sons­ti­ge Auf­wen­dun­gen”, die meh­re­re Pos­ten des bis­he­ri­gen Glie­de­rungs­sche­mas zusam­men­fas­sen. Bestands­meh­run­gen an fer­ti­gen und unfer­ti­gen Erzeug­nis­sen und akti­vier­te Eigen­leis­tun­gen eben­so wie sons­ti­ge betrieb­li­che Erträ­ge und finan­zi­el­le Erträ­ge (Zins­er­trä­ge, Wert­pa­pie­rer­trä­ge, Betei­li­gungs­er­trä­ge) sowie außer­or­dent­li­che Erträ­ge sind in der Posi­ti­on “sons­ti­ge Erträ­ge” zusam­men­ge­fasst. Bestands­min­de­run­gen, sons­ti­ge betrieb­li­che Auf­wen­dun­gen, Zin­sen und ähn­li­che Auf­wen­dun­gen sowie außer­or­dent­li­che Auf­wen­dun­gen sind ent­spre­chend als “sons­ti­ge Auf­wen­dun­gen” zusam­men­ge­fasst.

  • Ver­ein­fach­te Bilanz­glie­de­rung: Auch für die Bilanz kön­nen Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten eine ver­ein­fach­te Glie­de­rung ver­wen­den. Hier wer­den aller­dings kei­ne neu­en Sam­mel­po­si­tio­nen für ein­zel­ne Bilanz­pos­ten ein­ge­führt, son­dern es wird ledig­lich die Glie­de­rungs­tie­fe redu­ziert.

  • Ver­zicht auf Anhang: Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten kön­nen künf­tig auf die Erstel­lung eines Anhangs zur Bilanz ver­zich­ten, wenn sie Anga­ben zu Vor­schüs­sen und Kre­di­ten an Mit­glie­der der Geschäfts­füh­rungs- oder Auf­sichts­or­ga­ne, Anga­ben zu Haf­tungs­ver­hält­nis­sen und — im Fal­le einer Akti­en­ge­sell­schaft — Anga­ben zu eige­nen Akti­en unter der Bilanz aus­wei­sen.

Bis­her kennt das Han­dels­ge­setz­buch nur die Unter­schei­dung in gro­ße, mitt­le­re und klei­ne Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten. Mit dem Micro­BilG wird nun die Kate­go­rie der “Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten” ein­ge­führt. Als Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaft gilt eine Kapi­tal­ge­sell­schaft dem­nach dann, wenn sie an zwei auf­ein­an­der fol­gen­den Abschluss­stich­ta­gen min­des­tens zwei der drei fol­gen­den Merk­ma­le nicht über­schrei­tet:

  • Eine Bilanz­sum­me von höchs­tens 350.000 Euro (nach Abzug eines auf der Aktiv­sei­te aus­ge­wie­se­nen Fehl­be­trags).

  • Nicht mehr als 700.000 Euro Umsatz­er­lö­se in den zwölf Mona­ten vor dem Abschluss­stich­tag (also in der Regel der Jah­res­um­satz).

  • Im Jah­res­durch­schnitt maxi­mal zehn Arbeit­neh­mer.

Pro­fi­tie­ren kön­nen von den Erleich­te­run­gen immer­hin rund 500.000 Unter­neh­men — das ist der Groß­teil aller Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten in Deutsch­land.

Die Erleich­te­run­gen für Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten sol­len schon in die­sem Jahr in Kraft tre­ten und sind damit auch für den dies­jäh­ri­gen Jah­res­ab­schluss bereits anwend­bar, sofern das Wirt­schafts­jahr nicht vom Kalen­der­jahr abweicht. Gel­ten sol­len die Ände­run­gen näm­lich erst­mals für Jah­res- und Kon­zern­ab­schlüs­se, die sich auf einen nach dem 30. Dezem­ber 2012 lie­gen­den Abschluss­stich­tag bezie­hen. Folg­lich ist auch der Jah­res­ab­schluss 2012 bereits von den Ände­run­gen erfasst, weil ein nicht vom Kalen­der­jahr abwei­chen­des Wirt­schafts­jahr erst am 31. Dezem­ber 2012 endet.

Einer bal­di­gen Ver­ab­schie­dung des Geset­zes steht nichts im Wege, denn weder aus der Poli­tik noch aus der Wirt­schaft ist Wider­stand gegen die Ände­run­gen zu erwar­ten. Trotz­dem ist noch nicht abseh­bar, wel­chen Erleich­te­rungs­ef­fekt das Gesetz wirk­lich haben wird, denn auf die ab kom­men­dem Jahr zwin­gend zu beach­ten­den Regeln zur E-Bilanz hat das Micro­BilG kei­ne Aus­wir­kun­gen.

Die ver­ein­fach­ten Bilanz­vor­ga­ben könn­ten also eine Luft­num­mer wer­den, wenn sich nicht auch die Finanz­ver­wal­tung zu den Erleich­te­run­gen bekennt, da sonst für Steu­er­zwe­cke auch wei­ter­hin eine aus­führ­li­che Bilanz auf­zu­stel­len ist. Die­ses Pro­blem hat auch die Bun­des­steu­er­be­ra­ter­kam­mer bereits erkannt und in ihrer Stel­lung­nah­me auf die Not­wen­dig­keit einer Über­ein­stim­mung zwi­schen Han­dels­recht und Erfor­der­nis­sen der E-Bilanz hin­ge­wie­sen.