Erleichterungen und Hilfen für Hochwasseropfer

Auf das neueste Jahrhunderthochwasser haben der Fiskus, die Krankenkassen und andere Institutionen mit zahlreichen Hilfsmaßnahmen und Erleichterungen für die Betroffenen reagiert.

Darf man Jahr­hun­dert­flu­ten wirk­lich so nen­nen, wenn sie alle paar Jah­re über das Land rol­len? Schließ­lich muss­ten wir in den letz­ten Wochen schon die drit­te Jahr­hun­dert­flut seit der Jahr­tau­send­wen­de ver­zeich­nen. Dies­mal stell­ten die Pegel­stän­de vie­ler­orts tat­säch­lich his­to­ri­sche Höchst­stän­de in den Schat­ten. Wo die Däm­me hiel­ten kamen die Anwoh­ner meist glimpf­lich davon, doch an den mas­si­ven Schä­den in ande­ren Regio­nen ändert das nichts.

Für die Opfer des jüngs­ten Hoch­was­sers haben Bund und Län­der mitt­ler­wei­le eine gan­ze Rei­he von Hilfs­maß­nah­men beschlos­sen. Dane­ben kön­nen sich die Betrof­fe­nen auch auf die ohne­hin im Steu­er­recht vor­ge­se­he­nen Erleich­te­run­gen für sol­che Fäl­le beru­fen, unab­hän­gig davon, ob sie nun nur ein­zel­ne Was­ser­schä­den zu ver­bu­chen haben oder vor den Trüm­mern ihrer Exis­tenz ste­hen. Hier ist ein Über­blick über die bereits ver­füg­ba­ren Hilfs­maß­nah­men. Je nach Bun­des­land und der wei­te­ren Ent­wick­lung der Lage ste­hen zusätz­lich zu den fol­gen­den Hil­fen und Maß­nah­men noch wei­te­re Mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Über die Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen und wei­te­re Details infor­mie­ren auch die Finanz­äm­ter und die zustän­di­gen kom­mu­na­len Behör­den vor Ort.

  • Bil­lig­keits­re­ge­lun­gen: Anträ­ge auf Stun­dung der Steu­er oder auf Anpas­sung der Vor­aus­zah­lun­gen für Ein­kom­men- und Kör­per­schaft­steu­er wer­den vor­erst bis zum 30. Sep­tem­ber 2013 erleich­tert geneh­migt. Auf Stun­dungs­zin­sen ver­zich­tet das Finanz­amt bei den Betrof­fe­nen in der Regel. Inner­halb die­ser Frist sieht der Fis­kus auch von Voll­stre­ckun­gen aller rück­stän­di­gen oder fäl­lig wer­den­den Steu­ern ab.

  • Außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen: Geschä­dig­te kön­nen die Kos­ten für die Besei­ti­gung von Schä­den an einer selbst­ge­nutz­ten Woh­nung und für die Wie­der­be­schaf­fung von Haus­rat und Klei­dung als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung gel­tend machen, soweit kei­ne Ver­si­che­rung für die Schä­den auf­kommt. Die Finanz­äm­ter kön­nen den Steu­er­ab­zug nicht mit dem Hin­weis auf eine feh­len­de Haus­rat- oder Ele­men­tar­ver­si­che­rung ver­wei­gern. Wer nicht bis zur Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung war­ten will, kann beim Finanz­amt einen Antrag auf die Gewäh­rung eines Lohn­steu­er­frei­be­trags für die außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung stel­len.

  • Son­der­ab­schrei­bun­gen und Rück­la­gen: Beim Wie­der­auf­bau ganz oder teil­wei­se zer­stör­ter Gebäu­de sowie bei der Wie­der­be­schaf­fung beweg­li­cher Anla­ge­gü­ter sind auf Antrag im Wirt­schafts­jahr der Anschaf­fung oder Fer­tig­stel­lung und in den bei­den fol­gen­den Wirt­schafts­jah­ren neben der nor­ma­len Abschrei­bung erheb­li­che Son­der­ab­schrei­bun­gen mög­lich. Ins­ge­samt kön­nen für Immo­bi­li­en bis zu 30 % und für beweg­li­che Wirt­schafts­gü­ter bis zu 50 % der Kos­ten zusätz­lich abge­schrie­ben wer­den. In begrün­de­ten Aus­nah­me­fäl­len ist auch bereits eine Rück­la­gen­bil­dung in ver­gleich­ba­rer Höhe zuläs­sig, wenn die Ersatz­her­stel­lung oder -beschaf­fung nicht sofort mög­lich oder finan­zier­bar ist. Die Son­der­ab­schrei­bun­gen und Rück­la­gen kön­nen nur für Wirt­schafts­gü­ter in Anspruch genom­men wer­den, die vor dem 1. Janu­ar 2017 ange­schafft oder her­ge­stellt wer­den. Außer­dem ist die Gewinn­min­de­rung durch Son­der­ab­schrei­bun­gen und Bil­dung von steu­er­frei­en Rück­la­gen grund­sätz­lich auf ins­ge­samt 600.000 Euro und jähr­lich auf 200.000 Euro begrenzt.

  • Immo­bi­li­en: Auf­wen­dun­gen für die Besei­ti­gung von Schä­den an Gebäu­den und am Grund und Boden wer­den ohne nähe­re Prü­fung bis 2016 als sofort abzieh­ba­rer Erhal­tungs­auf­wand aner­kannt. Das gilt bei Gebäu­den nur, wenn die Auf­wen­dun­gen 45.000 Euro nicht über­stei­gen. Ent­schei­dend sind die gesam­ten Kos­ten, auch wenn ein Teil durch Ent­schä­di­gun­gen gedeckt wird. Vor­aus­set­zung ist außer­dem, dass für den Scha­den kei­ne Abschrei­bung für außer­ge­wöhn­li­che tech­ni­sche oder wirt­schaft­li­che Abnut­zung erfolgt. Die Rege­lung gilt sowohl für Betriebs­ge­bäu­de als auch für ver­mie­te­te Wohn­ge­bäu­de. Ver­mie­ter und Unter­neh­mer mit Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung kön­nen die Auf­wen­dun­gen gleich­mä­ßig auf zwei bis fünf Jah­re ver­tei­len.

  • KfW-Hilfs­pro­gramm: Für die Geschä­dig­ten ste­hen vie­le Hilfs­pro­gram­me bereit. So hat das Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um ein 10-Punk­te-Pro­gramm für den Wie­der­auf­bau auf­ge­legt, das ins­be­son­de­re Dar­le­hen und Hil­fen der Kre­dit­an­stalt für Wie­der­auf­bau (KfW) vor­sieht. Dazu wer­den Kre­dit­pro­gram­me der KfW für hoch­was­ser­ge­schä­dig­te Unter­neh­men (KfW-Unter­neh­mer­kre­dit, ERP-Grün­der­kre­dit), für Pri­vat­per­so­nen (KfW-Wohn­ei­gen­tums­pro­gramm) und für Kom­mu­nen (Inves­ti­ti­ons­kre­dit Kom­mu­nen) geöff­net und mit einem Son­der­zins von 1 % ange­bo­ten. Gleich­zei­tig soll die Ver­ga­be von KfW-Unter­neh­mer­kre­di­ten soweit mög­lich durch eine Haf­tungs­frei­stel­lung der Haus­ban­ken erleich­tert wer­den. Zins und Til­gung für lau­fen­de KfW-Kre­di­te wer­den auf Antrag der Haus­ban­ken vor­über­ge­hend gestun­det.

  • Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge: Laut einer Emp­feh­lung des Spit­zen­ver­bands der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen kön­nen betrof­fe­ne Arbeit­ge­ber und frei­wil­lig Ver­si­cher­te bei den Kran­ken­kas­sen grund­sätz­lich eine Stun­dung der Bei­trä­ge bean­tra­gen. Stun­dungs­zin­sen wer­den dafür nicht berech­net. Auch auf Säum­nis­zu­schlä­ge und Mahn­ge­büh­ren ver­zich­ten die Ein­zugs­stel­len bei den Betrof­fe­nen. Dafür müs­sen Sie die Kran­ken­kas­se recht­zei­tig infor­mie­ren, dass die Bei­trä­ge auf­grund des Hoch­was­sers nicht pünkt­lich gezahlt wer­den kön­nen. Ein nach­träg­li­cher Erlass kommt auch in Fra­ge, ist aber mit mehr Auf­wand ver­bun­den.

  • Kurz­ar­beit: Betrie­be, die von hoch­was­ser­be­ding­ten Arbeits­aus­fäl­len betrof­fen sind, kön­nen für ihre Beschäf­tig­ten und Aus­zu­bil­den­den Kurz­ar­bei­ter­geld bean­tra­gen. Außer­dem wer­den Unter­neh­men, die von der Flut unmit­tel­bar betrof­fen sind und in Kurz­ar­beit gehen müs­sen, nun zusätz­lich kom­plett von den Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen ent­las­tet. Die Über­nah­me erfolgt für längs­tens drei Mona­te im Zeit­raum Juni bis Dezem­ber 2013. Um Kurz­ar­bei­ter­geld zu erhal­ten und Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge erstat­tet zu bekom­men, muss der Arbeits­aus­fall bei der Agen­tur für Arbeit am Sitz des Betrie­bes schrift­lich ange­zeigt wer­den. Die Leis­tun­gen wer­den von dem Monat an erstat­tet, in dem die Anzei­ge bei der Agen­tur für Arbeit ein­ge­gan­gen ist.

  • Bei­hil­fen des Arbeit­ge­bers: Arbeit­ge­ber kön­nen ihre Ange­stell­ten mit Bei­hil­fen bis zu 600 Euro jähr­lich steu­er­frei unter­stüt­zen. In Not­fäl­len wie einem Hoch­was­ser gehö­ren auch Bei­hil­fen über 600 Euro nicht zum steu­er­li­chen Arbeits­lohn. Die­se Rege­lung gilt eben­falls für Zins­vor­tei­le oder Zins­zu­schüs­se. Dar­le­hen, die zur Besei­ti­gung von Hoch­was­ser­schä­den auf­ge­nom­men wur­den, sind wäh­rend der gesam­ten Lauf­zeit steu­er­frei, wenn die Dar­le­hen die Scha­dens­hö­he nicht über­stei­gen. Steu­er­freie Leis­tun­gen sind aber im Lohn­kon­to auf­zu­zeich­nen.

  • Spen­den­be­schei­ni­gun­gen: Für den Nach­weis von Spen­den, die bis zum 30. Sep­tem­ber 2013 auf ein Son­der­kon­to für die Hoch­was­ser­hil­fe ein­ge­zahlt wer­den, genügt der Ein­zah­lungs­be­leg oder die Buchungs­be­stä­ti­gung der Bank (Kon­to­aus­zug).

  • Zuwen­dun­gen an Geschäfts­part­ner: Wen­det ein Unter­neh­mer sei­nen vom Hoch­was­ser unmit­tel­bar betrof­fe­nen Geschäfts­part­nern zur Auf­recht­erhal­tung der Geschäfts­be­zie­hun­gen unent­gelt­lich Leis­tun­gen aus sei­nem Betriebs­ver­mö­gen zu, sind die Auf­wen­dun­gen in vol­ler Höhe als Betriebs­aus­ga­ben abzieh­bar. Auch Zuwen­dun­gen aus dem Betriebs­ver­mö­gen an ande­re durch das Hoch­was­ser unmit­tel­bar geschä­dig­te Betrie­be sind als Betriebs­aus­ga­ben abzieh­bar, ohne dass die 35 Euro-Gren­ze für Geschen­ke zu beach­ten ist.

  • Arbeits­lohn­spen­den: Ver­zich­ten Arbeit­neh­mer zuguns­ten der Flut­op­fer auf die Aus­zah­lung von Tei­len des Arbeits­lohns oder auf Tei­le eines ange­sam­mel­ten Wert­gut­ha­bens, sind die­se Lohn­tei­le steu­er- und sozi­al­ab­ga­ben­frei, wenn der Arbeit­ge­ber die Ver­wen­dungs­auf­la­ge erfüllt und dies doku­men­tiert. Die Arbeits­lohn­spen­de darf dann aber nicht als Spen­de in der Steu­er­erklä­rung gel­tend gemacht wer­den.

  • Land­wir­te: Bei Land­wir­ten, deren Gewinn nach Durch­schnitts­sät­zen ermit­telt wird, kann die Ein­kom­men­steu­er ganz oder zum Teil erlas­sen wer­den, soweit durch die Hoch­was­ser­schä­den Ertrags­aus­fäl­le ein­ge­tre­ten sind.

  • Grund- und Gewer­be­steu­er­erlass: Für betrof­fe­ne Immo­bi­li­en­be­sit­zer kommt mög­li­cher­wei­se ein (Teil-)Erlass der Grund­steu­er in Fra­ge. Auch bei der Gewer­be­steu­er ist unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ein Erlass mög­lich. Ansprech­part­ner ist in bei­den Fäl­len die jewei­li­ge Gemein­de.

  • Buch­füh­rungs­un­ter­la­gen: Sind durch das Hoch­was­ser Buch­füh­rungs­un­ter­la­gen ver­nich­tet wor­den oder ver­lo­ren gegan­gen, wer­den dar­aus steu­er­lich kei­ne nega­ti­ven Fol­ge­run­gen gezo­gen.

  • Hartz IV: Sofort­hil­fen zur Scha­dens­be­sei­ti­gung wer­den nicht auf das Arbeits­lo­sen­geld II (Hartz IV) ange­rech­net. Wur­de durch die Flut Haus­rat zer­stört, kön­nen die Job­cen­ter die Kos­ten für die erneu­te (Erst-)Ausstattung der Woh­nung über­neh­men, wenn weder Ver­si­che­run­gen noch ande­re Hilfs­pro­gram­me dafür zah­len. Auch bei der Mel­de­pflicht gibt es Aus­nah­men, denn wäh­rend einer Hel­fer­tä­tig­keit bestehen kei­ne Mel­de­pflicht und kein Zwang, eine ange­bo­te­ne Beschäf­ti­gung anzu­neh­men. Ist die Wahr­neh­mung eines Mel­de­ter­mins auf­grund des Hoch­was­sers nicht mög­lich, tre­ten kei­ne Sank­tio­nen ein.