Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen kommt es allein darauf an, ob der Leistungsempfänger die Leistung selbst zur Erbringung von Bauleistungen verwendet.

Seit vie­len Jah­ren gilt für Bau­leis­tun­gen von Sub­un­ter­neh­mern eine Umkeh­rung der Steu­er­schuld­ner­schaft, wenn der Leis­tungs­emp­fän­ger selbst Bau­leis­tun­gen erbringt. Vor­aus­set­zung ist aber, dass die­se Tätig­keit nach­hal­tig ist. Das ist nach den Umsatz­steu­er­richt­li­ni­en dann der Fall, wenn der Vor­jah­res­um­satz des Leis­tungs­emp­fän­gers zu mehr als 10 % aus Bau­leis­tun­gen besteht.

Eben die­se Vor­aus­set­zung hat der Bun­des­fi­nanz­hof jetzt aber ver­wor­fen. Die Umsatz­gren­ze ent­spricht nach Ansicht der Rich­ter nicht den Vor­ga­ben durch das EU-Recht. Außer­dem ver­letzt die Umsatz­gren­ze den Grund­satz der Rechts­si­cher­heit, denn mit die­ser Rege­lung kann, wie die Rich­ter kor­rekt erkannt haben, weder der Leis­tungs­er­brin­ger noch der Leis­tungs­emp­fän­ger zuver­läs­sig beur­tei­len, wer Steu­er­schuld­ner für die erbrach­te Leis­tung ist.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat daher ent­schie­den, dass es für den Über­gang der Steu­er­schuld­ner­schaft allein dar­auf ankommt, ob der Leis­tungs­emp­fän­ger die an ihn erbrach­te Lie­fe­rung oder sons­ti­ge Leis­tung selbst zur Erbrin­gung von Bau­leis­tun­gen ver­wen­det. Das bedeu­tet ins­be­son­de­re, dass Bau­trä­ger als Leis­tungs­emp­fän­ger im Gegen­satz zu Gene­ral­un­ter­neh­mern nicht Steu­er­schuld­ner sind. Wäh­rend der Gene­ral­un­ter­neh­mer näm­lich auf einem Grund­stück sei­nes Auf­trag­ge­bers baut, bebaut der Bau­trä­ger in der Regel eige­ne Grund­stü­cke und erbringt damit nicht selbst Bau­leis­tun­gen. Ist ein Unter­neh­mer sowohl als Gene­ral­un­ter­neh­mer als auch als Bau­trä­ger tätig, kommt es daher allein auf die Ver­wen­dung der bezo­ge­nen Bau­leis­tun­gen an.

Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat außer­ge­wöhn­lich schnell auf die­ses Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs reagiert und schon im Febru­ar den Umsatz­steu­er-Anwen­dungs­er­lass ent­spre­chend ange­passt. Den Vor­ga­ben des Bun­des­fi­nanz­hofs ist das Minis­te­ri­um dabei in vol­lem Umfang gefolgt. Nach die­ser Ände­rung kann der leis­ten­de Unter­neh­mer den Nach­weis, dass der Leis­tungs­emp­fän­ger ein Unter­neh­mer ist, der die an ihn erbrach­te Bau­leis­tung sei­ner­seits zur Erbrin­gung einer Bau­leis­tung ver­wen­det, mit allen geeig­ne­ten Bele­gen und Beweis­mit­teln füh­ren.

Die Ände­run­gen im Umsatz­steu­er-Anwen­dungs­er­lass betref­fen neben Bau­leis­tun­gen auch Gebäu­de­rei­ni­gungs­leis­tun­gen, weil für die­se bis­her eine ver­gleich­ba­re Rege­lung galt, die durch die Urtei­le des Bun­des­fi­nanz­hofs eben­falls geän­dert wer­den muss­te. Auch für Gebäu­de­rei­ni­gungs­leis­tun­gen hängt die Umkehr der Steu­er­schuld­ner­schaft also künf­tig allein davon ab, ob der Emp­fän­ger die Leis­tung sei­ner­seits für die Erbrin­gung von Gebäu­de­rei­ni­gungs­leis­tun­gen ver­wen­det.

Grund­sätz­lich sind die geän­der­ten Regeln für alle Umsät­ze ab dem 6. Febru­ar 2014 zwin­gend anzu­wen­den. Das Urteil ist dar­über hin­aus in allen noch offe­nen Fäl­len anzu­wen­den. Damit nicht sämt­li­che Umsät­ze neu geprüft wer­den müs­sen, hat das Minis­te­ri­um eine Über­gangs­re­ge­lung getrof­fen: Haben leis­ten­der Unter­neh­mer und Leis­tungs­emp­fän­ger die Steu­er­schuld­ner­schaft für eine Bau­leis­tung vor dem 6. Febru­ar 2014 ein­ver­nehm­lich anhand der alten Rege­lung beur­teilt, kön­nen sie eben­so ein­ver­nehm­lich ent­schei­den, an die­ser Ent­schei­dung fest­zu­hal­ten, auch wenn ange­sichts des Urteils der leis­ten­de Unter­neh­mer Steu­er­schuld­ner wäre. Es besteht also kei­ne Not­wen­dig­keit, Rech­nungs­be­rich­ti­gun­gen vor­zu­neh­men.

Aller­dings ist bei der Eini­gung Vor­sicht gebo­ten, denn auch wenn die Betei­lig­ten ein­ver­nehm­lich beschlie­ßen, an der ursprüng­li­chen Beur­tei­lung fest­zu­hal­ten, genießt der leis­ten­de Unter­neh­mer kei­nen Ver­trau­ens­schutz, wenn sich der Leis­tungs­emp­fän­ger zu einem spä­te­ren Zeit­punkt auf das Urteil und die dar­aus fol­gen­de neue Rege­lung beruft.

Zu dem Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums hat sich mitt­ler­wei­le die Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on Nord­rhein-West­fa­len geäu­ßert. Nach deren Anga­ben erör­tern die Finanz­be­hör­den von Bund und Län­dern der­zeit, ob für Sub­un­ter­neh­mer, die bis­her gegen­über Bau­trä­gern ohne Umsatz­steu­er abge­rech­net haben, für zurück­lie­gen­de Zeit­räu­me ein Ver­trau­ens­schutz greift. Wenn die­ser Pro­zess abge­schlos­sen ist, soll ein wei­te­res Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums die wei­te­re Vor­ge­hens­wei­se hin­sicht­lich der Unter­neh­mer erläu­tern, die in der Ver­gan­gen­heit Bau­leis­tun­gen gegen­über Bau­trä­gern erbracht haben.