Urteilsvorschau für das laufende Jahr

Der Bundesfinanzhof und das Bundesverfassungsgericht haben bekannt gegeben, über welche Verfahren sie in diesem Jahr entscheiden wollen.

Mit­un­ter kann es Jah­re dau­ern, bis in einem Rechts­streit ein Ergeb­nis fest­steht, erst recht, wenn die höchs­ten Gerich­te in der Sache ent­schei­den müs­sen. Weil vie­le Ver­fah­ren nicht nur für die Betei­lig­ten von Bedeu­tung sind, ver­öf­fent­li­chen die Bun­des­ge­rich­te immer wie­der eine Lis­te der Ver­fah­ren, zu denen sie in den nächs­ten Mona­ten eine Ent­schei­dung fäl­len wol­len.

Das hilft den Steu­er­zah­lern vor allem bei der Ent­schei­dung, ob es sich loh­nen kann, den Steu­er­be­scheid in einem ver­gleich­ba­ren Fall durch einen Ein­spruch offen zu hal­ten. Für Unter­neh­mer und ande­re Steu­er­zah­ler sind vor allem fol­gen­de Ver­fah­ren inter­es­sant, die der Bun­des­fi­nanz­hof und das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in ihrer Ent­schei­dungs­vor­schau genannt haben:

  • Gewer­be­steu­er­li­che Hin­zu­rech­nung: Die gewer­be­steu­er­li­che Hin­zu­rech­nung von Zin­sen, Mie­ten und Pach­ten hält das Finanz­ge­richt Ham­burg für ver­fas­sungs­wid­rig und hat daher das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ange­ru­fen.

  • Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung: Eben­falls vom Finanz­ge­richt Ham­burg kommt die Fra­ge, ob es ver­fas­sungs­ge­mäß ist, dass bei der Über­tra­gung von mehr als 25 % des Kapi­tals an einer Kör­per­schaft inner­halb von fünf Jah­ren an einen Erwer­ber inso­weit die bis zum schäd­li­chen Betei­li­gungs­er­werb nicht aus­ge­gli­che­nen oder abge­zo­ge­nen Ver­lus­te nicht mehr abzieh­bar sind.

  • Betreu­ungs­geld: Nicht das Finanz­ge­richt, son­dern die Regie­rung von Ham­burg hat sich an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt gewandt, weil sie das Betreu­ungs­geld für ver­fas­sungs­wid­rig hält.

  • Stück­zins­an­sprü­che: Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt muss ent­schei­den, ob es zuläs­sig ist, dass auf bei der Ver­er­bung noch nicht fäl­li­ge Stück­zins­an­sprü­che sowohl Erb­schaft­steu­er als auch Ein­kom­men­steu­er erho­ben wird.

  • Bewir­tungs­kos­ten: Das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg will vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt wis­sen, ob das Haus­halts­be­gleit­ge­setz 2004 ver­fas­sungs­ge­mäß zustan­de gekom­men ist. Es geht dabei um die Kür­zung des Bewir­tungs­kos­ten­ab­zugs, die mit dem Gesetz von 20 % auf 30 % erhöht wor­den ist.

  • IHK-Mit­glied­schaft: Außer­dem muss das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ent­schei­den, inwie­weit die Zwangs­mit­glied­schaft für Unter­neh­men bei den IHKs ver­fas­sungs­ge­mäß ist.

  • Gewer­be­steu­er­ab­zug: Der Bun­des­fi­nanz­hof muss in einem Revi­si­ons­ver­fah­ren prü­fen, ob er das seit 2008 gel­ten­de Betriebs­aus­ga­ben­ab­zugs­ver­bot für ver­fas­sungs­ge­mäß erach­tet.

  • Zins­schran­ke: Erneut muss sich der Bun­des­fi­nanz­hof mit der mög­li­chen Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der Zins­schran­ke befas­sen. Schon in einem frü­he­ren Ver­fah­ren haben die Rich­ter erheb­li­che Zwei­fel an der Zins­schran­ke geäu­ßert, was die Finanz­ver­wal­tung aber vor­erst nicht akzep­tiert hat.

  • Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag: In zwei Ver­fah­ren befasst sich der Bun­des­fi­nanz­hof mit dem für einen Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag not­wen­di­gen Nach­weis der Inves­ti­ti­ons­ab­sicht bei Betrie­ben im Grün­dungs­sta­di­um. Es geht dar­um, ob Pla­nungs­leis­tun­gen als Nach­weis bereits aus­rei­chen, und ob man­geln­de finan­zi­el­le Mit­tel ein Indiz für das Feh­len der Inves­ti­ti­ons­ab­sicht sind.

  • Teil­wert­ab­schrei­bung: Bei der Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung ist eigent­lich kei­ne Teil­wert­ab­schrei­bung mög­lich. Zwei Revi­si­ons­ver­fah­ren geben dem Bun­des­fi­nanz­hof nun die Gele­gen­heit, die­se Vor­ga­be zu über­den­ken.

  • Zeit­rei­hen­ver­gleich: Beim Zeit­rei­hen­ver­gleich wird in der Regel wöchent­lich ein berei­nig­ter Waren­ein­kauf ermit­telt, die­sem der erziel­te Erlös gegen­über­ge­stellt und so für jede Woche ein Roh­ge­winn­auf­schlag­satz ermit­telt. Der Durch­schnitt aus der Zehn­wo­chen­pe­ri­ode mit dem höchs­ten durch­schnitt­li­chen Roh­ge­winn­auf­schlag wird dann auf das gesam­te Jahr ange­wandt. Ob das eine geeig­ne­te Metho­de für die Gewinn­schät­zung eines Restau­rants ist, prüft der Bun­des­fi­nanz­hof in zwei Ver­fah­ren.

  • Kör­per­schaft­steu­er­an­rech­nung: Die Fra­ge, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Steu­er­zah­ler bei Gewinn­aus­schüt­tun­gen von im Aus­land ansäs­si­gen Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten die aus­län­di­sche Kör­per­schaft­steu­er auf ihre deut­sche Ein­kom­men­steu­er anrech­nen kön­nen, ist Gegen­stand zwei­er Ver­fah­ren beim Bun­des­fi­nanz­hof.

  • Abgel­tungs­teu­er: Zur Abgel­tungs­teu­er ste­hen meh­re­re Ent­schei­dun­gen an. So muss der Bun­des­fi­nanz­hof prü­fen, ob der gesetz­li­che Aus­schluss des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs bei den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen jeden­falls dann ver­fas­sungs­wid­rig ist, wenn der indi­vi­du­el­le Steu­er­satz unter 25 % liegt. Wei­ter­hin müs­sen die Rich­ter ent­schei­den, ob der Antrag auf die tarif­li­che Besteue­rung der Kapi­tal­ein­künf­te auch noch nach Bestands­kraft des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des gestellt wer­den kann. Schließ­lich geht es um die Fra­ge, ob die gesetz­lich vor­ge­se­he­ne Ver­rech­nung von Ver­lus­ten aus Wert­pa­pier­ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­ten, die nach dem Halb­ein­künf­te­ver­fah­ren ermit­telt wur­den, mit Gewin­nen, die unter die Abgel­tungs­teu­er fal­len und damit in vol­ler Höhe ent­stan­den sind, ver­fas­sungs­wid­rig ist.

  • Kauf­preis­auf­tei­lung: Ein Ver­fah­ren geht um die Fra­ge, inwie­weit eine im Kauf­ver­trag für eine Immo­bi­lie fest­ge­schrie­be­ne Kauf­preis­auf­tei­lung steu­er­lich anzu­er­ken­nen ist, wenn der bei der Auf­tei­lung auf den Grund und Boden ent­fal­len­de Wert­an­teil gerin­ger als der amt­li­che Boden­richt­wert ist.

  • Anschaf­fungs­na­he Her­stel­lungs­kos­ten: Wel­che Auf­wen­dun­gen bei der Prü­fung auf anschaf­fungs­na­he Her­stel­lungs­kos­ten genau zu berück­sich­ti­gen sind, muss der Bun­des­fi­nanz­hof in einem Ver­fah­ren kon­kre­ti­sie­ren.

  • Arbeits­zim­mer: Der Gro­ße Senat des Bun­des­fi­nanz­hofs muss sich mit der Behand­lung von Kos­ten für einen nur teil­wei­se als Arbeits­zim­mer genutz­ten Raum aus­ein­an­der­set­zen. Ob und in wel­cher Höhe ein antei­li­ger Betriebs­aus­ga­ben- oder Wer­bungs­kos­ten­ab­zug der Aus­ga­ben mög­lich ist, soll der Senat prü­fen.

  • Dienst­wa­gen-Zuzah­lung: In einem Ver­fah­ren strei­tet der Arbeit­neh­mer mit dem Finanz­amt um die Fra­ge, ob monat­li­che Zuzah­lun­gen für die Nut­zung eines Fir­men­wa­gens als Wer­bungs­kos­ten abzugs­fä­hig sind, wenn die Zuzah­lun­gen über dem nach der Fahr­ten­buch­me­tho­de ermit­tel­ten Nut­zungs­wert lie­gen.

  • Burn-Out: Für die Behand­lung von Berufs­krank­hei­ten kann ein Wer­bungs­kos­ten­ab­zug gel­tend gemacht wer­den. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss ent­schei­den, ob auch ein Burn-Out eine typi­sche Berufs­krank­heit ist, die den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ermög­licht.

  • Zumut­ba­re Belas­tung: Der Abzug von Krank­heits­kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ist nur mög­lich, soweit sie die zumut­ba­re Eigen­be­las­tung über­stei­gen. Ob das ver­fas­sungs­ge­mäß ist, muss der Bun­des­fi­nanz­hof in zwei Ver­fah­ren ent­schei­den.

  • Diät­ver­pfle­gung: Nor­ma­ler­wei­se sind Aus­ga­ben für Diät­ver­pfle­gung nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abzieh­bar. Wie es sich aber ver­hält, wenn der Arzt Vit­ami­ne und ande­re Mikro­nähr­stof­fe zur Behand­lung einer chro­ni­schen Stoff­wech­sel­stö­rung ver­ord­net, ist noch nicht ent­schie­den.

  • eBay-Ver­käu­fe: Unter­neh­mer müs­sen mög­li­cher­wei­se auch für pri­va­te eBay-Ver­käu­fe Umsatz­steu­er abfüh­ren — jeden­falls wenn es nach dem Finanz­amt geht. Der Bun­des­fi­nanz­hof muss ent­schei­den, ob der pri­va­te Ver­kauf von rund 100 Pelz­män­teln, die der Klä­ger von sei­ner Mut­ter geerbt hat­te, einer bereits bestehen­den unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit zuge­ord­net wer­den kann und damit umsatz­steu­er­pflich­tig wäre.

  • Vor­steu­er­ab­zug aus Gut­schrif­ten: Hat der Leis­tungs­emp­fän­ger auch dann einen Anspruch auf Vor­steu­er­ab­zug, wenn die von ihm erteil­ten Gut­schrif­ten nicht den rich­ti­gen Leis­ten­den aus­wei­sen, er aber dar­auf ver­trau­te, dass die Lie­fe­run­gen durch die in der Gut­schrift aus­ge­wie­se­ne Per­son erbracht wur­den? Die Ant­wort auf die­se Fra­ge muss der Bun­des­fi­nanz­hof fin­den.

  • Rei­hen­ge­schäf­te: Gleich drei Ver­fah­ren beim Bun­des­fi­nanz­hof dre­hen sich um die Fra­ge, wel­cher Lie­fe­rung die Waren­be­we­gung bei einem Rei­hen­ge­schäft zuzu­ord­nen ist. Dabei muss er auch klä­ren, ob es rele­vant ist, dass der Erst­erwer­ber dem Erst­lie­fe­rer mit­teilt, dass ein Wei­ter­ver­kauf erfolgt.

  • Erb­schaft­steu­er­be­frei­ung für Fami­li­en­heim: Ein selbst genutz­tes Fami­li­en­heim ist bei der Erb­schaft­steu­er steu­er­frei, wenn es von den Erben unver­züg­lich selbst genutzt wird. Was genau unter “unver­züg­lich” zu ver­ste­hen ist, bei­spiels­wei­se bei einer län­ge­ren Erbaus­ein­an­der­set­zung, muss der Bun­des­fi­nanz­hof in zwei Ver­fah­ren klä­ren.

  • Aus­lands­spen­den: Auch Spen­den ins Aus­land sind mitt­ler­wei­le in bestimm­ten Fäl­len als Son­der­aus­ga­ben abzieh­bar. Über die genau­en Anfor­de­run­gen an den Nach­weis muss der Bun­des­fi­nanz­hof aller­dings noch ent­schei­den.

  • Luft­ver­kehr­steu­er: Zwei Ver­fah­ren beim Bun­des­fi­nanz­hof betref­fen die Fra­ge, ob das Luft­ver­kehr­steu­er­ge­setz ver­fas­sungs­ge­mäß und uni­ons­rechts­kon­form ist.