Umsatzsteuer bei kosmetischen Behandlungen

Ästhetische Operationen und Behandlungen sind nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie aufgrund einer Gesundheitsstörung notwendig sind.

Gleich zwei Mal hat sich der Bun­des­fi­nanz­hof in den letz­ten Mona­ten mit der Umsatz­steu­er­pflicht oder -frei­heit von kos­me­ti­schen Behand­lun­gen aus­ein­an­der­ge­setzt. Im ers­ten Fall ging es um eine Zahn­arzt­ge­sell­schaft, die im Anschluss an bestimm­te, medi­zi­nisch not­wen­di­ge Behand­lun­gen bei eini­gen Pati­en­ten Zahn­auf­hel­lun­gen (sog. Bleaching) an den zuvor behan­del­ten Zäh­nen durch­ge­führt hat. Das Finanz­amt sah die­se Leis­tun­gen als kos­me­ti­sche Behand­lung und damit als umsatz­steu­er­pflich­tig an. Dem hat der Bun­des­fi­nanz­hof wider­spro­chen.

Die Steu­er­be­frei­ung ist nicht auf Leis­tun­gen beschränkt, die unmit­tel­bar der Dia­gno­se, Behand­lung oder Hei­lung einer Krank­heit oder Ver­let­zung die­nen. Sie erfasst auch Leis­tun­gen, die erst als Fol­ge sol­cher Behand­lun­gen erfor­der­lich wer­den, sei­en sie auch ästhe­ti­scher Natur. Nach die­sem Grund­satz war die kos­me­ti­sche Zahn­auf­hel­lung im Streit­fall medi­zi­nisch erfor­der­lich. Zwar hat­te die Zahn­auf­hel­lungs­be­hand­lung aus­schließ­lich eine opti­sche Ver­än­de­rung des Zah­nes zur Fol­ge, sie stand aber in einem sach­li­chen Zusam­men­hang mit den vor­he­ri­gen Behand­lun­gen, weil sie deren nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen besei­ti­gen soll­te.

Der zwei­te Fall betraf eine Kli­nik, die vor­wie­gend kos­me­ti­sche Ope­ra­tio­nen durch­führ­te. Hier hat sich der Bun­des­fi­nanz­hof grund­sätz­lich mit der Umsatz­steu­er­pflicht ästhe­ti­scher Behand­lun­gen und Ope­ra­tio­nen und den dafür not­wen­di­gen Nach­wei­sen aus­ein­an­der­ge­setzt. Steu­er­frei ist nach Ansicht des Bun­des­fi­nanz­hofs als auch des Euro­päi­schen Gerichts­hofs, auf den sich der Bun­des­fi­nanz­hof bezieht, eine Leis­tung, die dazu dient, Per­so­nen zu behan­deln oder zu hei­len, bei denen auf­grund einer Krank­heit, Ver­let­zung oder eines ange­bo­re­nen kör­per­li­chen Man­gels ein Ein­griff ästhe­ti­scher Natur erfor­der­lich ist.

Anders als bei vie­len ande­ren ärzt­li­chen Leis­tun­gen, deren Not­wen­dig­keit offen­sicht­lich ist, kommt es bei ästhe­ti­schen Behand­lun­gen daher auf eine Ein­zel­prü­fung der Umsatz­steu­er­pflicht an. Die­se Prü­fung ist unter größt­mög­li­cher Wah­rung des zwi­schen Arzt und Pati­ent bestehen­den Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses und damit auf der Grund­la­ge anony­mi­sier­ter Pati­en­ten­un­ter­la­gen vor­zu­neh­men. Damit ist auch kei­ne Ein­wil­li­gungs­er­klä­run­gen der Pati­en­ten zur Ver­mei­dung einer unbe­fug­ten Geheim­ni­s­of­fen­ba­rung not­wen­dig.

Weder das Finanz­amt noch das Finanz­ge­richt dür­fen Name und Anschrift von Pati­en­ten ver­lan­gen, um sie als Zeu­gen zu ver­neh­men. Im Gegen­zug muss der Arzt aber in beson­de­rem Maß sei­ner Mit­wir­kungs­pflicht nach­kom­men, wenn er die Umsatz­steu­er­for­de­rung des Finanz­amts ver­hin­dern will. Das erfor­dert detail­lier­te Anga­ben zum mit dem jewei­li­gen Behand­lungs­fall ver­folg­ten the­ra­peu­ti­schen oder pro­phy­lak­ti­schen Ziel. Außer­dem muss er für den jewei­li­gen Behand­lungs­fall die Tat­sa­chen zur kon­kre­ten Krank­heit, Ver­let­zung oder Beein­träch­ti­gung ange­ben, die einen Ein­griff ästhe­ti­scher Natur im jewei­li­gen Ein­zel­fall erfor­der­lich macht. Dies gilt ins­be­son­de­re für die Erfor­der­lich­keit der­ar­ti­ger Ein­grif­fe bei gesund­heit­li­chen Pro­ble­men psy­cho­lo­gi­scher Art.