Einigung bei der Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen

Die Bundesregierung hat am 8. Juli 2015 einen Gesetzentwurf zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschlossen.

In sei­nem Urteil vom 17. Dezem­ber 2014 hat­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen für betrieb­li­ches Ver­mö­gen zwar grund­sätz­lich für geeig­net und erfor­der­lich gehal­ten, um Unter­neh­men in ihrem Bestand zu sichern und Arbeits­plät­ze zu erhal­ten. Das Gericht hielt die Aus­ge­stal­tung der Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen jedoch teil­wei­se für ver­fas­sungs­wid­rig. Seit die­sem Urteil tobt nun der Kampf um die Neu­re­ge­lung der Erb­schaft- und Schen­kungsteu­er auf Betriebs­ver­mö­gen.

Im Juni hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um mit meh­re­ren Mona­ten Ver­spä­tung einen Gesetz­ent­wurf für die Neu­re­ge­lung ver­öf­fent­licht, der die Kri­tik prompt wie­der auf­flam­men ließ. Wäh­rend der Wirt­schaft die Ände­run­gen zu weit gehen, hielt die SPD den Ent­wurf für ver­fas­sungs­wid­rig, weil sie die Alter­na­ti­ve zur Bedürf­nis­prü­fung bei gro­ßem Betriebs­ver­mö­gen als zu groß­zü­gig ansah. Inzwi­schen hat sich die Gro­ße Koali­ti­on wie­der zusam­men­ge­rauft und einen gemein­sa­men Regie­rungs­ent­wurf ver­ab­schie­det. Sofern die Bun­des­län­der im Bun­des­rat nicht noch Ein­wän­de erhe­ben, sind für die Erb­schaft­steu­er auf Betriebs­ver­mö­gen fol­gen­de Ände­run­gen geplant:

  • Ver­wal­tungs­ver­mö­gen: Das bis­he­ri­ge Erb­schaft- und Schen­kungsteu­er­recht sieht eine Ver­scho­nung vor, wenn das Betriebs­ver­mö­gen einen Ver­wal­tungs­ver­mö­gen­an­teil von bis zu 50 % erreicht. Dies wur­de vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt als unver­hält­nis­mä­ßig ein­ge­stuft. Der Gesetz­ent­wurf sieht vor, dass zukünf­tig nur das begüns­tig­te Ver­mö­gen ver­schont wer­den kann. Begüns­tigt sind danach Wirt­schafts­gü­ter und ande­re Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de, die ihrem Haupt­zweck nach über­wie­gend einer gewerb­li­chen, frei­be­ruf­li­chen oder land- und forst­wirt­schaft­li­chen Tätig­keit die­nen.

  • Betei­li­gun­gen und Kon­zer­ne: In mehr­stu­fi­gen Unter­neh­mens­struk­tu­ren mit Betei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten wird das begüns­tig­te Ver­mö­gen kon­so­li­diert ermit­telt. Ein Aus­nut­zen des Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­an­teils von 50 % auf jeder Betei­li­gungs­ebe­ne, wie es das gel­ten­de Recht zulässt (sog. Kas­ka­den­ef­fek­te in Betei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten), ist danach nicht mehr mög­lich.

  • Regel­ver­scho­nung: Wie im bis­her gel­ten­den Recht wird das begüns­tig­te Ver­mö­gen nach Wahl des Erwer­bers zu 85 % oder zu 100 % von der Steu­er befreit, wenn bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Ent­schei­det sich der Erwer­ber für die Regel­ver­scho­nung von 85 %, muss er den Betrieb min­des­tens fünf Jah­re fort­füh­ren und nach­wei­sen, dass die Lohn­sum­me inner­halb von fünf Jah­ren nach dem Erwerb ins­ge­samt 400 % der Aus­gangs­lohn­sum­me nicht unter­schrei­tet (Lohn­sum­men­re­ge­lung).

  • Opti­ons­ver­scho­nung: Bei der Wahl der voll­stän­di­gen Befrei­ung von der Erb­schaft­steu­er muss der Erwer­ber eine Behal­tens­frist von sie­ben Jah­ren ein­hal­ten und nach­wei­sen, dass er in die­sem Zeit­raum die Lohn­sum­me von 700 % nicht unter­schrei­tet.

  • Alte Lohn­sum­men­re­ge­lung: Betrie­be mit bis zu 20 Beschäf­tig­ten waren bis­her von der Lohn­sum­men­re­ge­lung gänz­lich aus­ge­nom­men. Die­se Gren­ze ist vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ver­wor­fen wor­den. Der Gesetz­ent­wurf sieht daher vor, dass die Anfor­de­run­gen mit der Zahl der Beschäf­tig­ten stei­gen.

  • Neue Lohn­sum­men­re­ge­lung: Bei Unter­neh­men mit bis zu 3 Beschäf­tig­ten wird auf die Prü­fung der Lohn­sum­men­re­ge­lung ver­zich­tet. Bei Unter­neh­men mit 4 bis 10 Beschäf­tig­ten darf eine Lohn­sum­me von 250 % der Aus­gangs­lohn­sum­me inner­halb der fünf­jäh­ri­gen Behal­tens­frist nicht unter­schrit­ten wer­den. Bei der Opti­ons­ver­scho­nung beträgt die Lohn­sum­me 500 % inner­halb von sie­ben Jah­ren. Für Unter­neh­men mit 11 bis 15 Arbeit­neh­mern gel­ten ent­spre­chend Lohn­sum­men von 300 % und 565 %. Ab 16 Arbeit­neh­mern sind kei­ne Erleich­te­run­gen vor­ge­se­hen. Beschäf­tig­te in Mut­ter­schutz oder Eltern­zeit, Azu­bis und Lang­zeit­er­krank­te wer­den nicht mit­ge­rech­net.

  • Gro­ße Betriebs­ver­mö­gen: Beim Erwerb von Unter­neh­mens­ver­mö­gen mit einem begüns­ti­gen Ver­mö­gen von über 26 Mio. Euro (Prüf­schwel­le) sieht der Gesetz­ent­wurf ein Wahl­recht zwi­schen einer Ver­scho­nungs­be­darfs­prü­fung oder einem beson­de­ren Ver­scho­nungs­ab­schlag vor. Bei Vor­lie­gen bestimm­ter für Fami­li­en­un­ter­neh­men typi­scher gesell­schafts­ver­trag­li­cher oder sat­zungs­mä­ßi­ger Beschrän­kun­gen ver­dop­pelt sich die Prüf­schwel­le auf 52 Mio. Euro.

  • Bedürf­nis­prü­fung: Bei der Ver­scho­nungs­be­darfs­prü­fung muss der Erwer­ber nach­wei­sen, dass er nicht in der Lage ist, die Steu­er aus bereits vor­han­de­nen oder aus mit der Erb­schaft oder Schen­kung erhal­te­nem nicht begüns­tig­tem Ver­mö­gen zu beglei­chen. Genügt die­ses Ver­mö­gen nicht, um die Erb­schaft- oder Schen­kungsteu­er zu beglei­chen, wird die Steu­er erlas­sen.

  • Ver­scho­nungs­ab­schlag: Alter­na­tiv zur Bedürf­nis­prü­fung kann sich der Erwer­ber für ein Ver­scho­nungs­ab­schmelz­mo­dell ent­schei­den. Aus­ge­hend vom nor­ma­len Ver­scho­nungs­ab­schlag von 85 % oder 100 % für das Ver­mö­gen unter­halb von 26/52 Mio. Euro sinkt die Ver­scho­nung pro zusätz­li­chen 1,5 Mio. Euro, die der Erwerb über der jewei­li­gen Prüf­schwel­le liegt, um jeweils 1 % bis zu einem begüns­tig­ten Ver­mö­gens von 116/142 Mio. Euro. Ab 116/142 Mio. Euro gilt dann ein ein­heit­li­cher Ver­scho­nungs­ab­schlag von 20 % (bei einer Hal­te­frist von fünf Jah­ren) oder von 35 % (bei einer Hal­te­frist von sie­ben Jah­ren).