Bürokratieentlastungsgesetz III verabschiedet

In nur zwei Monaten haben Bundestag und Bundesrat das dritte Paket an Maßnahmen zum Bürokratieabbau verabschiedet.

Zum drit­ten Mal hat die Bun­des­re­gie­rung ein Gesetz auf den Weg gebracht, das diver­se Maß­nah­men bün­delt, die die Wirt­schaft von büro­kra­ti­schen Vor­ga­ben ent­las­ten sol­len. Wäh­rend das letz­te Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz erst ein paar Hür­den neh­men muss­te, bis es in Kraft tre­ten konn­te, haben Bun­des­tag und Bun­des­rat das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren für das Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz III schnell und geräusch­los abge­schlos­sen: Im Sep­tem­ber hat­te die Bun­des­re­gie­rung den Geset­zes­ent­wurf vor­ge­stellt, und schon Anfang Novem­ber lag die Zustim­mung bei­der Par­la­men­te vor.

Wie die bei­den letz­ten Geset­ze ent­hält auch die­ses Gesetz neben einer Reduk­ti­on oder Digi­ta­li­sie­rung von Mel­de­pflich­ten vor allem Ände­run­gen im Steu­er­recht. Die meis­ten die­ser Ände­run­gen sol­len bereits ab dem 1. Janu­ar 2020 gel­ten. Nur Maß­nah­men, die noch tech­ni­sche Vor­ar­beit erfor­dern, wer­den erst 2021 oder 2022 in Kraft tre­ten.

  • Auf­be­wah­rungs­pflich­ten: Bei einer Betriebs­prü­fung darf der Prü­fer Ein­sicht in die per EDV erstell­ten steu­er­lich rele­van­ten Daten neh­men und die Nut­zung des ver­wen­de­ten EDV-Sys­tems ver­lan­gen. Dar­über hin­aus kann der Prü­fer die maschi­nel­le Aus­wer­tung die­ser Daten for­dern oder einen Daten­trä­ger mit den gespei­cher­ten Steu­er­un­ter­la­gen ver­lan­gen. Die­se Daten­zu­griffs­rech­te der Finanz­ver­wal­tung füh­ren dazu, dass Unter­neh­men die in der Buch­hal­tung und Fak­tu­rie­rung ver­wen­de­ten EDV-Sys­te­me auch nach einem Wech­sel der ver­wen­de­ten Soft- oder Hard­ware oder einer Aus­la­ge­rung eines Teils der Daten über die zehn­jäh­ri­ge Auf­be­wah­rungs­frist auf­recht­erhal­ten müs­sen. Künf­tig reicht es, wenn der Betrieb fünf Jah­re nach einem Sys­tem­wech­sel oder einer Daten­aus­la­ge­rung aus dem Pro­duk­tiv­sys­tem nur noch einen Daten­trä­ger mit den steu­er­lich rele­van­ten Daten vor­hält. Die Tech­nik selbst (Soft- und Hard­ware) kann also künf­tig nach fünf statt nach zehn Jah­ren aus­ge­mus­tert wer­den. Sofern jedoch vor Ablauf von fünf Jah­ren mit einer Außen­prü­fung begon­nen wur­de und die­se noch nicht abge­schlos­sen ist, ist eine Ver­la­ge­rung der Daten auf einen Daten­trä­ger erst nach Abschluss der Außen­prü­fung mög­lich. Neben der Ent­las­tung der Unter­neh­men setzt dies auch Anrei­ze für die Finanz­ver­wal­tung, Betriebs­prü­fun­gen zeit­nah anzu­ge­hen. Die Ände­rung gilt für alle Daten, deren Auf­be­wah­rungs­frist zum 1. Janu­ar 2020 nicht ohne­hin schon abge­lau­fen ist.

  • Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze: Schon beim vori­gen Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz war eine Anhe­bung der umsatz­steu­er­li­chen Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze im Gespräch, wur­de aber letzt­lich doch nicht umge­setzt. Die Anwen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung setzt daher seit 2003 vor­aus, dass der Umsatz im ver­gan­ge­nen Kalen­der­jahr 17.500 Euro nicht über­stie­gen hat und 50.000 Euro im lau­fen­den Kalen­der­jahr vor­aus­sicht­lich nicht über­stei­gen wird. Ab 2020 wird die ers­te Gren­ze nun auf 22.000 Euro ange­ho­ben, was der Höhe nach der Infla­ti­ons­ra­te seit der letz­ten Anpas­sung der Klein­un­ter­neh­mer­gren­ze ent­spricht. Der zwei­te Grenz­be­trag bleibt unver­än­dert bei 50.000 Euro.

  • Umsatz­steu­er-Vor­anmel­dung: Seit vie­len Jah­ren müs­sen Exis­tenz­grün­der im Jahr der Grün­dung und im Fol­ge­jahr die Umsatz­steu­er-Vor­anmel­dung grund­sätz­lich monat­lich abge­ben. Die­se Vor­schrift soll­te der Bekämp­fung von Umsatz­steu­er­be­trug die­nen. Nun wird die Vor­ga­be von 2021 an zunächst befris­tet bis 2026 gelo­ckert. Beträgt die aufs Jahr hoch­ge­rech­ne­te Umsatz­steu­er­zahl­last nicht mehr als 7.500 Euro, ist die Vor­anmel­dung ab 2021 daher nur noch vier­tel­jähr­lich abzu­ge­ben.

  • Betriebs­er­öff­nung: Von Exis­tenz­grün­dern und Unter­neh­men, die eine neue Betriebs­stät­te eröff­nen, will das Finanz­amt in der Regel diver­se Aus­künf­te über die für die Besteue­rung maß­geb­li­chen Ver­hält­nis­se haben. Die­se sind bis­her auf einem amt­li­chen Vor­druck abzu­ge­ben. Künf­tig wird auch für die­se Mel­dung ein elek­tro­ni­sches Ver­fah­ren ein­ge­führt, aller­dings ent­hält das Gesetz dafür noch kei­nen ver­bind­li­chen Zeit­punkt. Die­sen soll das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um fest­le­gen, wenn die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen für das neue Mel­de­ver­fah­ren geschaf­fen sind. Außer­dem ent­fällt die Anmel­de­pflicht zur Unfall­ver­si­che­rung für Unter­neh­mer, die eine Gewer­be­an­zei­ge erstat­tet haben.

  • Betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung: Arbeit­ge­ber kön­nen ihren Beschäf­tig­ten Leis­tun­gen, die der Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stands der Arbeit­neh­mer oder der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung die­nen und bestimm­ten Vor­ga­ben genü­gen, bis zu einem Betrag von 500 Euro pro Arbeit­neh­mer und Jahr steu­er­frei zur Ver­fü­gung stel­len. Der Arbeit­ge­ber kann die Leis­tung ent­we­der als betriebs­in­ter­ne Maß­nah­me anbie­ten oder Bar­zu­schüs­se für sol­che Leis­tun­gen durch exter­ne Anbie­ter gewäh­ren, zum Bei­spiel für Ernäh­rungs­be­ra­tung, Stress­be­wäl­ti­gung oder gesund­heits­ori­en­tier­te Bewe­gungs­pro­gram­me. Die­ser Frei­be­trag wird ab 2020 auf 600 Euro ange­ho­ben.

  • Grup­pen­un­fall­ver­si­che­rung: Bei­trä­ge des Arbeit­ge­bers zu einer Grup­pen­un­fall­ver­si­che­rung für sei­ne Arbeit­neh­mer sind kein steu­er­pflich­ti­ger Arbeits­lohn, wenn allein der Arbeit­ge­ber die Rech­te aus dem Ver­si­che­rungs­ver­trag gel­tend machen kann. Steht der Leis­tungs­an­spruch gegen­über der Ver­si­che­rung dage­gen unmit­tel­bar dem Arbeit­neh­mer zu, sind die Bei­trags­leis­tun­gen steu­er­pflich­ti­ger Arbeits­lohn. Aller­dings kann die Lohn­steu­er mit einem Satz von 20 % pau­scha­liert wer­den, wenn der durch­schnitt­li­che Ver­si­che­rungs­bei­trag pro Arbeit­neh­mer nicht mehr als 62 Euro im Jahr beträgt. Die­se Pau­scha­lie­rungs­gren­ze steigt ab 2020 auf 100 Euro pro Arbeit­neh­mer und Jahr.

  • Kurz­fris­ti­ge Beschäf­ti­gung: Für kurz­fris­ti­ge Tätig­kei­ten, bei denen die im Inland aus­ge­üb­te Tätig­keit 18 zusam­men­hän­gen­de Arbeits­ta­ge nicht über­steigt, ist eine Pau­scha­lie­rung der Lohn­steu­er mit 25 % des Arbeits­lohns mög­lich. Die Pau­scha­lie­rung ist aber an bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen geknüpft. Ins­be­son­de­re darf der durch­schnitt­li­che Arbeits­lohn je Arbeits­tag nicht höher sein als 72 Euro und der durch­schnitt­li­che Stun­den­lohn darf maxi­mal 12 Euro betra­gen. Die­se Höchst­be­trä­ge wer­den ab 2020 auf 120 Euro pro Tag und 15 Euro pro Stun­de ange­ho­ben. Ohne die­se Anhe­bung wäre eine Ein­hal­tung der Tages­gren­ze bei einem acht­stün­di­gen Arbeits­tag selbst mit dem gesetz­li­chen Min­dest­lohn nicht mehr mög­lich gewe­sen. Außer­dem wird ab 2021 eine Rege­lung zur Lohn­steu­er­pau­scha­lie­rung bei kurz­fris­ti­gen, im Inland aus­ge­üb­ten Tätig­kei­ten beschränkt steu­er­pflich­ti­ger Arbeit­neh­mer geschaf­fen, die einer aus­län­di­schen Betriebs­stät­te des inlän­di­schen Arbeit­ge­bers zuge­ord­net sind.

  • AU-Beschei­ni­gung: Mit einem ande­ren, bereits in Kraft getre­te­nen Gesetz wird ab dem 1. Janu­ar 2021 ein ein­heit­li­ches und ver­bind­li­ches elek­tro­ni­sches Ver­fah­ren zur Über­mitt­lung von Arbeits­un­fä­hig­keits­da­ten durch die Ärz­te an die Kran­ken­kas­sen ein­ge­führt, das die bis­he­ri­ge für die Kran­ken­kas­se bestimm­te papier­ge­bun­de­ne Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung ersetzt. Die elek­tro­ni­sche Über­mitt­lung einer Arbeits­un­fä­hig­keits­mel­dung an den Arbeit­ge­ber war aber nicht Bestand­teil die­ser Geset­zes­än­de­rung. Nun wird das elek­tro­ni­sche Ver­fah­ren so erwei­tert, dass die Ein­rei­chung des “gel­ben Zet­tels” durch den Arbeit­neh­mer ent­fal­len kann. Ab 2021 rufen daher die Arbeit­ge­ber nach Anzei­ge der Arbeits­un­fä­hig­keit durch den Arbeit­neh­mer bei den Kran­ken­kas­sen elek­tro­nisch die Daten über Beginn und Dau­er der Arbeits­un­fä­hig­keit sowie über den Zeit­punkt des Aus­lau­fens der Ent­gelt­fort­zah­lung ab.

  • Mel­de­schein: Bis­lang müs­sen Hotels und Pen­sio­nen ihre Gäs­te Mel­de­schei­ne aus Papier aus­fül­len, per­sön­lich unter­schrei­ben und ein Jahr lang auf­be­wah­ren las­sen. Künf­tig soll das optio­nal auch digi­tal mög­lich sein — zum Bei­spiel in Ver­bin­dung mit dem elek­tro­ni­schen Per­so­nal­aus­weis. Das papier­ge­bun­de­ne Ver­fah­ren bleibt aber wei­ter als Alter­na­ti­ve bestehen.

  • Alters­vor­sor­ge­ver­trä­ge: Anbie­ter von Alters­vor­sor­ge­ver­trä­gen müs­sen den Kun­den jedes Jahr schrift­lich über die Ver­wen­dung der ein­ge­zahl­ten Bei­trä­ge und die Höhe des gebil­de­ten Kapi­tals sowie vor Beginn der Aus­zah­lungs­pha­se über die Form und Höhe der vor­ge­se­he­nen Aus­zah­lun­gen infor­mie­ren. Ab 2020 kön­nen die­se Mit­tei­lun­gen mit Zustim­mung des Kun­den auch elek­tro­nisch bereit­ge­stellt wer­den.

  • Teil­zeit­ar­beit: In Betrie­ben mit mehr als 15 Beschäf­tig­ten haben die Arbeit­neh­mer einen Anspruch auf Teil­zeit­ar­beit, wenn sie dies wün­schen. Stellt ein Arbeit­neh­mer einen Antrag auf Teil­zeit, kann der Arbeit­ge­ber sei­ne Ent­schei­dung künf­tig in Text­form statt in Schrift­form geben. Die Ant­wort des Arbeit­ge­bers kann damit also bei­spiels­wei­se auch per E-Mail statt auf Papier erfol­gen.

  • Sta­tis­tik: Durch das Gesetzt wer­den ein­zel­ne Sta­tis­tik­pflich­ten redu­ziert. Das betrifft das Gesetz über die Sta­tis­tik im Pro­du­zie­ren­den Gewer­be (Monats­be­richt im Bau­haupt­ge­wer­be, Vier­tel­jah­res­er­he­bung im Aus­bau­ge­wer­be und bei Bau­trä­gern sowie Sta­tis­tik über den Mate­ri­al- und Waren­ein­gang) sowie das Insol­venz­sta­tis­tik­ge­setz.

Laut der Geset­zes­be­grün­dung ent­fällt der Groß­teil der Ent­las­tung auf die Ein­füh­rung elek­tro­ni­scher AU-Beschei­ni­gun­gen und Mel­de­schei­ne sowie die ver­kürz­te Auf­be­wah­rungs­pflicht bei IT-Sys­te­men. Im Eck­punk­te­pa­pier für das Gesetz aus dem Früh­jahr waren noch wei­te­re Maß­nah­men im Steu­er­recht ent­hal­ten. Die­se hät­ten über alle Bran­chen hin­weg zu einer spür­ba­ren Ent­las­tung bei­getra­gen, sind aber letzt­lich doch nicht ins Gesetz auf­ge­nom­men wor­den:

  • Gene­rel­le Ver­kür­zung der Auf­be­wah­rungs­fris­ten im Han­dels- und Steu­er­recht von 10 auf 8 Jah­re.

  • Kür­ze­re Abschrei­bungs­dau­er für digi­ta­le Inno­va­ti­ons­gü­ter.

  • Har­mo­ni­sie­rung der Umsatz­gren­ze für die Ist-Besteue­rung mit der Buch­füh­rungs­gren­ze der Abga­ben­ord­nung, was einer Anhe­bung um 100.000 Euro auf 600.000 Euro ent­sprä­che.

  • Anhe­bung der GWG-Gren­ze auf 1.000 EUR und im Gegen­zug Abschaf­fung der Sam­mel­pos­ten­re­ge­lung. Die­ser Vor­schlag kur­sier­te bereits bei der Anhe­bung der GWG-Gren­ze auf 800 Euro.

  • Ein­füh­rung eines Ver­rech­nungs­mo­dells bei der Erhe­bung der Ein­fuhr­um­satz­steu­er.

  • Ein­füh­rung einer objekt-/sach­be­zo­ge­nen Frei­gren­ze für betrieb­li­che Geschenkauf­wen­dun­gen.

  • Har­mo­ni­sie­rung der Mel­de­fris­ten der Zusam­men­fas­sen­den Mel­dung und der Umsatz­steu­er-Vor­anmel­dung.

  • Anhe­bung und Dyna­mi­sie­rung der Mini­job-Gren­ze.

Sowohl Bun­des­tag als auch Bun­des­rat haben daher wäh­rend der Ver­ab­schie­dung des Geset­zes beklagt, dass das aktu­el­le Gesetz weit hin­ter den Mög­lich­kei­ten zurück­ge­blie­ben ist. Der Bun­des­rat stellt aus­drück­lich fest, dass das Gesetz die Chan­ce auf deut­lich spür­ba­re Ver­ein­fa­chun­gen ver­strei­chen lässt. Bei­de Par­la­men­te haben des­halb die Regie­rung auf­ge­for­dert, mög­lichst bald ein Büro­kra­tie­ent­las­tungs­ge­setz IV in Angriff zu neh­men.