Weitere Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022

Eine Steuerbefreiung für viele Solaranlagen, Änderungen bei der Rechnungsabgrenzung und weitere Änderungen durch das Jahressteuergesetz gelten bereits rückwirkend.

Kurz vor dem Jah­res­wech­sel haben Bun­des­tag und Bun­des­rat das Jah­res­steu­er­ge­setz 2022 ver­ab­schie­det. Vie­le der dar­in ent­hal­te­nen Ände­run­gen sind zum Jah­res­wech­sel in Kraft getre­ten. Dane­ben gibt es jedoch eine gan­ze Rei­he von Ände­run­gen, die schon rück­wir­kend oder erst zu einem spä­te­ren Zeit­punkt in Kraft tre­ten. Beson­ders bemer­kens­wert ist die Ertrag­steu­er­be­frei­ung für klei­ne­re Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen, die ursprüng­lich erst 2023 und damit gemein­sam mit der Absen­kung des Umsatz­steu­er­sat­zes auf 0 % in Kraft tre­ten soll­te. Kurz vor der Ver­ab­schie­dung hat man sich aber dar­auf geei­nigt, die­se Ände­rung schon ab 2022 umzu­set­zen. Hier ist der Über­blick über die­se wei­te­ren Ände­run­gen durch das Jah­res­steu­er­ge­setz 2022:

  • Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen: Ver­schie­de­ne steu­er­li­che und büro­kra­ti­sche Hür­den bei der Instal­la­ti­on und dem Betrieb von Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen sind abge­schafft wor­den. Die ursprüng­lich erst ab 2023 geplan­te Befrei­ung von der Ein­kom­men- und Gewer­be­steu­er wur­de sogar auf 2022 vor­ge­zo­gen. Sie gilt für Ein­nah­men aus dem Betrieb von Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen bis zu einer Brut­to­nenn­leis­tung von 30 kWp auf Ein­fa­mi­li­en­häu­sern und Gewer­be­im­mo­bi­li­en bzw. 15 kWp je Wohn- und Gewer­be­ein­heit bei Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern, gemischt genutz­ten Immo­bi­li­en und ande­ren Gebäu­den. Die ursprüng­lich geplan­te Beschrän­kung auf über­wie­gend zu Wohn­zwe­cken genutz­te Gebäu­de wur­de nicht umge­setzt, sodass nun auch klei­ne­re Anla­gen auf haupt­säch­lich betrieb­lich genutz­ten Gebäu­den begüns­tigt sind.

    Ins­ge­samt sind pro Steu­er­zah­ler oder Mit­un­ter­neh­mer­an­teil höchs­tens 100 kWp von der Steu­er­be­frei­ung umfasst. Die Steu­er­be­frei­ung ist dabei unab­hän­gig von der Ver­wen­dung des erzeug­ten Stroms. Wer­den in einem Betrieb nur steu­er­freie Ein­nah­men aus begüns­tig­ten Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen erzielt, muss kein Gewinn mehr ermit­telt und damit auch kei­ne Anla­ge EÜR mehr abge­ge­ben wer­den. Bei ver­mö­gens­ver­wal­ten­den Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten führt der Betrieb von Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen, die die begüns­tig­ten Anla­gen­grö­ßen nicht über­schrei­ten, nicht zu einer gewerb­li­chen Infek­ti­on der Ver­mie­tungs­ein­künf­te. Damit kön­nen nun auch ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten auf ihren Miet­ob­jek­ten Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen von bis zu 15 kWp je Ein­heit (max. 100 kWp) instal­lie­ren und ihre Mie­ter mit Strom ver­sor­gen, ohne steu­er­li­che Nach­tei­le befürch­ten zu müs­sen. Die Ände­rung, so erfreu­lich sie auch sein mag, wirft jedoch vie­le Fra­gen auf, zu denen es noch kei­ne befrie­di­gen­den Ant­wor­ten vom Fis­kus gibt. Sobald die Finanz­ver­wal­tung die­se Fra­gen beant­wor­tet hat, erfah­ren Sie natür­lich mehr dazu.

  • Rech­nungs­ab­gren­zungs­pos­ten: Erträ­ge und Auf­wen­dun­gen, bei denen die zuge­hö­ri­ge Zah­lung teil­wei­se oder voll­stän­dig in ein ande­res Wirt­schafts­jahr fällt, wer­den in der Bilanz mit Rech­nungs­ab­gren­zungs­pos­ten aus­ge­wie­sen. Das ist einer­seits wich­tig für eine peri­oden­ge­rech­te Buch­füh­rung, kann aber ande­rer­seits mit viel zusätz­li­chem Auf­wand ver­bun­den sein. Für Klein­be­trä­ge wur­de daher oft auf eine Rech­nungs­ab­gren­zung ver­zich­tet, was vom Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg auch aus­drück­lich gebil­ligt wur­de. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat aber 2021 ent­schie­den, dass das Gesetz kei­ne Aus­nah­men vor­sieht und eine Rech­nungs­ab­gren­zung damit auch für Klein- und Kleinst­be­trä­ge not­wen­dig ist. Eine Ände­rung stellt nun klar, dass für Wirt­schafts­jah­re, die nach dem 31. Dezem­ber 2021 enden, eine Rech­nungs­ab­gren­zung nicht not­wen­dig ist, wenn die jewei­li­ge Aus­ga­be oder Ein­nah­me unter­halb des Grenz­be­trags für gering­wer­ti­ge Wirt­schafts­gü­ter von der­zeit 800 Euro liegt.

  • Grund­ren­ten­zu­schlag: Der Grund­ren­ten­zu­schlag soll die Lebens­leis­tung von Men­schen aner­ken­nen, die mit einem unter­durch­schnitt­li­chen Ein­kom­men lang­jäh­rig in der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung pflicht­ver­si­chert waren. Die­ser Zuschlag wird rück­wir­kend ab 2021 steu­er­frei gestellt.

  • Wohn-Ries­ter: Bei der Ver­wen­dung des ange­spar­ten Kapi­tals aus einem Ries­ter-Ver­trag für eine selbst­ge­nutz­te Immo­bi­lie (Wohn-Ries­ter) kann das ange­spar­te Kapi­tal ab 2024 auch für ener­ge­ti­sche Maß­nah­men ver­wen­det wer­den. Vor­aus­set­zung ist, dass für die Bau­maß­nah­me kei­ne ande­ren Steu­er­be­güns­ti­gun­gen oder Zuschüs­se in Anspruch genom­men wer­den.

  • Pfle­ge­kräf­te: Die Beschäf­tig­ten in sta­tio­nä­ren Pfle­ge­ein­rich­tun­gen und Hos­pi­zen erhal­ten der­zeit eine von der Ein­rich­tungs­grö­ße abhän­gi­ge monat­li­che Son­der­zu­la­ge. Der Begüns­ti­gungs­zeit­raum für die­se steu­er­freie Son­der­leis­tung wur­de bis zum 31. Mai 2023 ver­län­gert.

  • Ver­lust­aus­gleich bei Kapi­tal­erträ­gen: Wie der Bun­des­fi­nanz­hof 2021 fest­ge­stellt hat, erlaub­te die bis­he­ri­ge Ver­lust­aus­gleichs­be­schrän­kung für Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen kei­nen ehe­gat­ten­über­grei­fen­den Ver­lust­aus­gleich bei der Steu­er­ver­an­la­gung. Die­se Rege­lungs­lü­cke wird rück­wir­kend geschlos­sen, sodass ab 2022 Ver­lus­te aus Kapi­tal­an­la­gen eines Ehe­gat­ten mit den Kapi­tal­erträ­gen des ande­ren Ehe­gat­ten ver­rech­net wer­den kön­nen.

  • Über­ge­winn­steu­er: Für Unter­neh­men, die min­des­tens 75 % ihres Umsat­zes mit der För­de­rung oder Ver­ar­bei­tung fos­si­ler Ener­gie­trä­ger erzie­len, wird für die Jah­re 2022 und 2023 eine Über­ge­winn­steu­er ein­ge­führt. Die Steu­er beträgt 33 % auf den Teil des Gewinns, der um mehr als 20 % über dem durch­schnitt­li­chen Gewinn aus den Jah­ren 2018 bis 2021 liegt.

  • Öffent­li­che Leis­tun­gen: In der Abga­ben­ord­nung wur­de eine Rechts­grund­la­ge geschaf­fen, um einen direk­ten Aus­zah­lungs­weg für öffent­li­che Leis­tun­gen über die steu­er­li­che Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer auf­zu­bau­en. Dadurch soll eine büro­kra­tie­ar­me und betrugs­si­che­re Mög­lich­keit ent­ste­hen, öffent­li­che Leis­tun­gen wie das Kli­ma­geld direkt an die Bür­ger aus­zu­zah­len. Es gibt nun eine recht­li­che Grund­la­ge für die Spei­che­rung einer Kon­to­ver­bin­dung (IBAN) aller in Deutsch­land gemel­de­ten Bür­ger in der IdNr-Daten­bank. Die in der IdNr-Daten­bank gespei­cher­te IBAN unter­liegt dabei einer engen Zweck­bin­dung.

  • Bau­ab­zug­steu­er: Der Leis­tungs­emp­fän­ger einer Bau­leis­tung muss die Steu­er­an­mel­dung für die Bau­ab­zug­steu­er ab 2025 zwin­gend elek­tro­nisch abge­ben. Eine Aus­nah­me ist ledig­lich für Här­te­fäl­le vor­ge­se­hen.

  • Regis­ter­fall­be­steue­rung: Bei den beschränkt steu­er­pflich­ti­gen Ein­künf­ten wur­de die Regis­ter­fall­be­steue­rung, nach der bis­lang Ein­künf­te aus Rech­te­über­las­sun­gen bereits dann ent­ste­hen, wenn das Recht in ein inlän­di­sches öffent­li­ches Buch oder Regis­ter ein­ge­tra­gen ist, abge­schafft, falls für den Vor­gang ein Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men anzu­wen­den ist, das das Besteue­rungs­recht dem ande­ren Ver­trags­staat zuweist. Gegen­über Steu­er­oa­sen, die auf der soge­nann­ten Schwar­zen Lis­te der EU ste­hen, wird die Besteue­rung auf­recht­erhal­ten. Die Ände­rung gilt weit­ge­hend erst ab 2023, bei bestimm­ten Kon­stel­la­tio­nen kön­nen aber auch noch offe­ne Alt­fäl­le betrof­fen sein.

  • Spit­zen­steu­er­satz 2007: Zur Umset­zung der Vor­ga­ben eines Beschlus­ses des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts wird die Begren­zung des Spit­zen­steu­er­sat­zes auf 42 % für die Gewinn­ein­künf­te des Jah­res 2007 rück­wir­kend auf­ge­ho­ben. Damit gilt für die weni­gen noch offe­nen Ver­an­la­gungs­fäl­le aus dem Jahr 2007 auch für Gewinn­ein­künf­te ab einem Ein­kom­men von 250.000 Euro (Ein­zel­ver­an­la­gung) bzw. 500.000 Euro (Zusam­men­ver­an­la­gung) die “Rei­chen­steu­er” von 45 %.

  • Zah­lungs­dienst­leis­ter: Ab 2024 sind Zah­lungs­dienst­leis­ter ver­pflich­tet, das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern regel­mä­ßig über grenz­über­schrei­ten­de Zah­lun­gen zu infor­mie­ren, sofern im Quar­tal mehr als 25 Zah­lun­gen an den­sel­ben Zah­lungs­emp­fän­ger erfol­gen. Damit wird eine Vor­ga­be der EU umge­setzt.

  • Sub­ven­ti­ons­be­trug: Bis­her war umstrit­ten, wem die Finanz­be­hör­den die dem Steu­er­ge­heim­nis unter­lie­gen­den Daten mit­tei­len dür­fen. Das hat vor allem Bedeu­tung für die diver­sen Coro­na-Hilfs­pro­gram­me, bei denen die Finanz­äm­ter bis­her nur für die Mit­tei­lung geschütz­ter Daten an die bewil­li­gen­den Stel­len zum Zweck der Rück­for­de­rung unbe­rech­tig­ter Hil­fen eine rechts­si­che­re Grund­la­ge hat­ten. Es wur­de daher klar­ge­stellt, dass die ent­spre­chen­den Daten auch für die Durch­füh­rung eines Straf­ver­fah­rens wegen zu Unrecht erlang­ter Leis­tun­gen wei­ter­ge­ge­ben wer­den dür­fen.