Jahressteuergesetz 2008 ist fast fertig

Das jetzt vom Bundestag beschlossene Jahressteuergesetz 2008 enthält viele heftig umstrittene Änderungen.

Am 8. August 2007 hat das Bun­des­ka­bi­nett den 163 Sei­ten star­ken Regie­rungs­ent­wurf des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2008 beschlos­sen. Inzwi­schen hat auch der Bun­des­tag das Gesetz ver­ab­schie­det, und der Bun­des­rat soll noch vor dem Jah­res­en­de fol­gen. Die fol­gen­den Punk­te bezie­hen sich auf den Regie­rungs­ent­wurf, der Bun­des­tag hat inzwi­schen eini­ge wesent­li­che Ände­run­gen vor­ge­nom­men, über die wir Sie in der nächs­ten Aus­ga­be infor­mie­ren. Das Jah­res­steu­er­ge­setz 2008 sieht zahl­rei­che, teil­wei­se sehr umstrit­te­ne Ände­run­gen in fast allen Steu­er­ge­set­zen vor, dar­un­ter unter ande­rem:

  • Voll­elek­tro­ni­scher Lohn­steu­er­ab­zug: Ab 2011 soll der Lohn­steu­er­ab­zug voll­stän­dig elek­tro­nisch abge­wi­ckelt wer­den. Statt einer Lohn­steu­er­kar­te über­gibt der Arbeit­neh­mer sei­nem Arbeit­ge­ber dann sei­ne Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer, die das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern der­zeit jedem Bür­ger zuteilt. Mit die­ser Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer, dem Geburts­da­tum des Arbeit­neh­mers und sei­ner eige­nen Wirt­schafts-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer kann der Arbeit­ge­ber die für den Lohn­steu­er­ab­zug not­wen­di­gen Daten dann beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern abru­fen. Mit der dazu not­wen­di­gen zen­tra­len Spei­che­rung aller Daten, wie Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit, Kin­der­zahl etc. sind aber noch erheb­li­che Pro­ble­me beim Daten­schutz ver­bun­den. Der Bun­des­be­auf­trag­te für den Daten­schutz fürch­tet nicht nur die rechts­wid­ri­ge Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung durch Drit­te, son­dern auch Begehr­lich­kei­ten ande­rer staat­li­cher Stel­len, die sich frü­her oder spä­ter unwei­ger­lich erge­ben wür­den.

  • Anteils­ver­fah­ren beim Lohn­steu­er­ab­zug: Für Ehe­paa­re mit unter­schied­lich hohem Arbeit­neh­mer­ein­kom­men (Steu­er­klas­sen III und V) ist die Ein­füh­rung eines optio­na­len Anteils­ver­fah­rens beim Lohn­steu­er­ab­zug vor­ge­se­hen. Bis­her ist die Steu­er­klas­se V mit einer hohen steu­er­li­chen Belas­tung ver­bun­den. Mit dem neu­en Ver­fah­ren sol­len Ehe­part­ner ab 2009 die Mög­lich­keit erhal­ten, die Lohn­steu­er anteils­mä­ßig zu ver­tei­len. Wer zum Bei­spiel 20% des gemein­sa­men Ein­kom­mens ver­dient, führt dann auch 20% der gemein­sa­men Lohn­steu­er ab.

  • Lohn­steu­er­ab­zug und Lohn­steu­er-Jah­res­aus­gleich: Für den Lohn­steu­er­ab­zug soll der Arbeit­ge­ber den lau­fen­den Arbeits­lohn stets auf einen Jah­res­be­trag hoch­rech­nen und dar­auf dann die vol­len auf der Lohn­steu­er­kar­te ein­ge­tra­ge­nen Jah­res­frei- oder -hin­zu­rech­nungs­be­trä­ge anrech­nen. Gleich­zei­tig ent­fällt der Lohn­steu­er-Jah­res­aus­gleich (bei Unter­neh­men mit min­des­tens zehn Mit­ar­bei­tern bis­her obli­ga­to­risch, sonst optio­nal). Als Begrün­dung führt die Finanz­ver­wal­tung den Büro­kra­tie­ab­bau für die Arbeit­ge­ber an. Doch für den Staat hat dies den ange­neh­men Neben­ef­fekt, dass die zu viel abge­führ­te Lohn­steu­er ein paar Mona­te län­ger in der Staats­kas­se ver­bleibt, oder, wenn der Arbeit­neh­mer kei­ne Steu­er­erklä­rung macht, sogar end­gül­tig.

  • Ver­sor­gungs­leis­tun­gen: Die steu­er­li­che Begüns­ti­gung der Ver­mö­gens­über­ga­be gegen Ver­sor­gungs­leis­tung im Rah­men der vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­fol­ge wird ab 2008 beschränkt auf land- und forst­wirt­schaft­li­che Betrie­be, das Betriebs­ver­mö­gen Selbst­stän­di­ger und Gewer­be­be­trie­be in der Rechts­form als Ein­zel­un­ter­neh­men oder Per­so­nen­ge­sell­schaft. Pri­vat­ver­mö­gen, egal ob Geld­ver­mö­gen, Wert­pa­pie­re, Immo­bi­li­en oder auch Antei­le an einer Kapi­tal­ge­sell­schaft, kann nicht mehr begüns­tigt über­tra­gen wer­den. Für Ver­mö­gens­über­ga­ben vor dem 1. Janu­ar 2008 gilt ein Über­gangs­zeit­raum bis Ende 2012, in dem der Son­der­aus­ga­ben­ab­zug erhal­ten bleibt, sofern die Gestal­tung nicht dazu dient, den pri­va­ten Schuld­zin­sen­ab­zug zu ermög­li­chen. Falls Sie die der­zei­ti­ge Rege­lung — ins­be­son­de­re für die Über­tra­gung von Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten — zumin­dest für die kom­men­den Jah­re noch nut­zen wol­len, besteht also kurz­fris­ti­ger Hand­lungs­be­darf. Auf der posi­ti­ven Sei­te wird mit der Neu­re­ge­lung die bis­her oft ver­wir­ren­de Unter­schei­dung zwi­schen Ren­ten und dau­ern­den Las­ten auf­ge­ge­ben.

  • Steu­er­ge­stal­tun­gen: Die hef­tig umstrit­te­ne Ände­rung, die zu einer gene­rel­len Beweis­last­um­kehr für die Zuläs­sig­keit der steu­er­op­ti­ma­len Gestal­tung eines Rechts­ge­schäfts geführt hät­te, wur­de gegen­über dem Refe­ren­ten­ent­wurf etwas ent­schärft. Jetzt ist nur noch von “unge­wöhn­li­chen recht­li­chen Gestal­tun­gen” die Rede, womit zunächst das Finanz­amt in der Beweis­pflicht ist, dass eine unge­wöhn­li­che Gestal­tung vor­liegt. Erst dann muss der Steu­er­zah­ler nach­wei­sen, dass für die gewähl­te Gestal­tung auch beacht­li­che außer­steu­er­li­che Grün­de vor­lie­gen. Als unge­wöhn­li­che recht­li­che Gestal­tun­gen defi­niert das Gesetz eine Gestal­tung, “die nicht der Gestal­tung ent­spricht, die vom Gesetz­ge­ber in Über­ein­stim­mung mit der Ver­kehrs­an­schau­ung zum Errei­chen bestimm­ter wirt­schaft­li­cher Zie­le vor­aus­ge­setzt wur­de.”

  • Haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen: Die Steu­er­an­rech­nung von 20 % der Auf­wen­dun­gen für haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen und Hand­wer­k­erleis­tun­gen wird auf alle Haus­hal­te im Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum erwei­tert, also zum Bei­spiel auch Feri­en­woh­nun­gen im Aus­land etc. Die­se Ände­rung gilt nicht erst ab 2008, son­dern für alle noch nicht bestands­kräf­ti­gen Ver­an­la­gun­gen. Im Zwei­fel lohnt es sich daher, die Steu­er­be­schei­de per Ein­spruch offen zu hal­ten bis das Gesetz in Kraft tritt.

  • Abzugs­ver­bot bei eigen­ka­pi­ta­ler­set­zen­den Dar­le­hen: Im Kör­per­schaft­steu­er­ge­setz soll ab 2008 die Ver­wal­tungs­auf­fas­sung ver­an­kert sein, dass mit eigen­ka­pi­ta­ler­set­zen­den Dar­le­hen in Ver­bin­dung ste­hen­de Teil­wert­ab­schrei­bun­gen und ande­re Gewinn­min­de­run­gen einem Abzugs­ver­bot bzw. einem außer­bi­lan­zi­el­len Hin­zu­rech­nungs­ge­bot unter­lie­gen. Doch die neue Vor­schrift ist nicht nur steu­er­sys­te­ma­tisch frag­wür­dig. Denn die im Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­um geplan­te GmbH-Reform soll ja gera­de das Kon­strukt der eigen­ka­pi­ta­ler­set­zen­den Dar­le­hen auf­he­ben.

  • Euro­pa­recht: Wei­te­re Ände­run­gen betref­fen die euro­pa­rechts­kon­for­me Umge­stal­tung des deut­schen Steu­er­rechts und Berück­sich­ti­gung von Urtei­len des Euro­päi­schen Gerichts­hofs. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se der Son­der­aus­ga­ben­ab­zug für Unter­halts­leis­tun­gen an Exgat­ten im EU-Aus­land oder ein Ret­tungs­ver­such für die deut­sche Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung nach dem Cad­bu­ry Schwep­pes-Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs.