Eckpunkte der Erbschaftsteuerreform

Die wesentlichen Eckpunkte der Reform der Erbschaftsteuer liegen nach der Einigung in der Großen Koalition jetzt fest.

Auf den Tag genau ein Jahr nach der ers­ten Eini­gung über Eck­punk­te der anste­hen­den Erb­schaft­steu­er­re­form haben sich die Spit­zen der Gro­ßen Koali­ti­on am 5. Novem­ber 2008 noch ein­mal zusam­men­ge­rauft und einen abschlie­ßen­den Kom­pro­miss zur end­gül­ti­gen Aus­ge­stal­tung der Reform gefun­den. Ein fer­ti­ges Gesetz liegt aller­dings noch nicht vor, sodass eini­ge Detail­fra­gen offen blei­ben. Trotz­dem gilt es nun in den Fäl­len zu han­deln, in denen eine Ver­steue­rung nach gel­ten­dem Recht güns­ti­ger ist, denn das neue Gesetz wird nun sehr rasch erar­bei­tet wer­den.

Die Ände­run­gen im Bewer­tungs­recht, die einen Gut­teil der Reform aus­ma­chen, sind für Gestal­tungs­über­le­gun­gen nicht von zen­tra­ler Bedeu­tung. Doch da das Bewer­tungs­recht auch in ande­ren Tei­len des Steu­er­rechts eine Rol­le spielt, hat die Erb­schaft­steu­er­re­form inso­weit auch Aus­wir­kun­gen auf ande­re Steu­ern. Alle Ände­run­gen im Bewer­tungs­recht die­nen dazu, den Wert von Betrie­ben, Immo­bi­li­en und land- und forst­wirt­schaft­li­chem Ver­mö­gen mög­lichst rea­li­täts­nah zu bestim­men. Das Ziel ist immer der soge­nann­te “gemei­ne Wert”, also der Preis, den ein Frem­der für das Objekt zah­len wür­de und müss­te.

An den Steu­er­klas­sen selbst ändert sich nichts, aller­dings wer­den die Frei­be­trä­ge zum Teil erheb­lich ange­ho­ben: Für Ehe­gat­ten ist ein Frei­be­trag von 500.000 Euro vor­ge­se­hen (bis­her 307.000 Euro). Kin­der erhal­ten mit 400.000 Euro fast den dop­pel­ten Frei­be­trag (bis­her 205.000 Euro), für Enkel ver­vier­facht sich der Frei­be­trag sogar annä­hernd von 51.200 Euro auf 200.000 Euro. Neu ist, dass ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner mit 500.00 Euro den­sel­ben Frei­be­trag erhal­ten wie Ehe­gat­ten, aller­dings blei­ben sie in der ungüns­ti­gen Steu­er­klas­se III, wäh­rend Ehe­gat­ten zur Steu­er­klas­se I gehö­ren.

Damit das Auf­kom­men der Erb­schaft­steu­er von der­zeit rund 4 Mrd. Euro im Jahr ange­sichts höhe­rer Frei­be­trä­ge und ande­rer Ver­güns­ti­gun­gen erhal­ten bleibt, wer­den in den Steu­er­klas­sen II und III die Steu­er­sät­ze stei­gen. In Steu­er­klas­se I blei­ben die bis­he­ri­gen Steu­er­sät­ze von 7 % bis 30 % unver­än­dert.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt lässt auch für die Zukunft Begüns­ti­gun­gen bei der Erb­schaft- und Schen­kungsteu­er zu, aller­dings sol­len die­se klar im Gesetz ste­hen und nicht mehr in den Bewer­tungs­vor­schrif­ten ver­steckt wer­den. Ent­spre­chend umfang­reich sind die geplan­ten Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen. Am ein­fachs­ten ver­hält es sich bei Immo­bi­li­en: Der der­zeit gel­ten­de pau­scha­le Bewer­tungs­ab­schlag von 20 % fällt weg, nur für ver­mie­te­te Wohn­im­mo­bi­li­en ist noch ein Abschlag von 10 % vor­ge­se­hen.

Kom­plett steu­er­frei blei­ben soll eine Woh­nung oder ein Haus, das wei­ter selbst genutzt wird, sofern es sich bei den Erben oder Beschenk­ten um Ehe­part­ner, ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner, Kin­der oder Enkel (falls die Kin­der bereits ver­stor­ben sind) han­delt. Geht die Immo­bi­lie an den Nach­wuchs, darf die Wohn­flä­che höchs­tens 200 m² pro Kopf betra­gen. Außer­dem darf das Domi­zil inner­halb der ers­ten zehn Jah­re nach Über­gang nicht ver­kauft wer­den, um die Steu­er­be­frei­ung nicht zu gefähr­den.

Beim Betriebs­ver­mö­gen soll der Erbe nun die Wahl zwi­schen zwei Ver­scho­nungs­re­ge­lun­gen haben. Damit Antei­le an Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten begüns­tigt wer­den, muss die Betei­li­gungs­quo­te mehr als 25 % betra­gen. Vor­aus­set­zung für die Ver­scho­nung ist bei bei­den Model­len, dass die Arbeits­plät­ze im Betrieb über meh­re­re Jah­re fast unver­än­dert erhal­ten blei­ben. Das bedeu­tet, dass die Lohn­sum­me am Ende der Frist nicht unter einem Viel­fa­chen der Sum­me im Jahr vor dem Betriebs­über­gang lie­gen darf.

Dass nicht mehr jähr­li­che Lohn­sum­men gefor­dert wer­den, son­dern nur noch eine Lohn­sum­me für den Gesamt­zeit­raum, ermög­licht zwar, wäh­rend einer Kon­junk­tur­flau­te vor­über­ge­hend Per­so­nal abzu­bau­en. Aller­dings erzwin­gen die recht hohen Lohn­quo­ten dann eine Über­kom­pen­sa­ti­on zu einem spä­te­ren Zeit­punkt. Immer­hin ist für die ursprüng­li­che Lohn­sum­me kein Infla­ti­ons­aus­gleich vor­ge­se­hen, sodass Lohn­er­hö­hun­gen bei zunächst unver­än­der­ter Arbeit­neh­mer­zahl ein gewis­ses Pols­ter für schlech­te Zei­ten auf­bau­en.

Und noch eine Ein­schrän­kung ist vor­ge­se­hen: Das Betriebs­ver­mö­gen muss seit min­des­tens zwei Jah­ren im Betrieb sein, und der Anteil an Ver­wal­tungs­ver­mö­gen dar­an darf einen bestimm­ten Pro­zent­satz nicht über­stei­gen. Die Opti­on, Geld­ver­mö­gen, Wert­pa­pie­re und Immo­bi­li­en im Betriebs­ver­mö­gen zu par­ken, um von der güns­ti­ge­ren steu­er­li­chen Behand­lung zu pro­fi­tie­ren, ist also nur noch sehr ein­ge­schränkt mög­lich. Für Klein­be­trie­be soll es eine Frei­gren­ze (kein Frei­be­trag) von 100.00 bis 150.00 Euro geben, um den hohen Bewer­tungs­auf­wand von vorn­her­ein zu ver­mei­den.

Vor­ge­se­hen sind nun die fol­gen­den zwei Wahl­mög­lich­kei­ten:

  • 7-Jah­res­frist: Wird das Unter­neh­men über sie­ben Jah­re fort­ge­führt, blei­ben 85 % steu­er­frei. Die gefor­der­te Lohn­sum­me am Ende des Zeit­raums beträgt 650 % der Aus­gangs­sum­me, das Ver­wal­tungs­ver­mö­gen darf maxi­mal 50 % betra­gen. Pro Jahr ent­fal­len dann 14,28 % der Steu­er.

  • 10-Jah­res­frist: Bei Fort­füh­rung über zehn Jah­re blei­ben 100 % steu­er­frei. Die gefor­der­te Lohn­sum­me am Ende beträgt 1.000 % der Aus­gangs­sum­me, das Ver­wal­tungs­ver­mö­gen darf maxi­mal 10 % betra­gen. Pro Jahr ent­fal­len dann 10,0 % der Steu­er.

Nach­dem die Eck­punk­te der Erb­schaft­steu­er­re­form fest­ste­hen, bleibt ein klei­nes Zeit­fens­ter, um eine steu­er­op­ti­ma­le Ver­mö­gens­über­ga­be zu pla­nen. Hand­lungs­be­darf besteht bei­spiels­wei­se bei nicht selbst genutz­ten Immo­bi­li­en — oft ist hier das alte Recht güns­ti­ger. Bei Betriebs­ver­mö­gen las­sen sich kei­ne all­ge­mei­nen Emp­feh­lun­gen geben, son­dern es kommt dar­auf an, ob die Behal­tens­frist vor­aus­sicht­lich ein­ge­hal­ten wer­den kann und wie das Betriebs­ver­mö­gen zusam­men­ge­setzt ist.

Sobald das Gesetz in Kraft getre­ten ist, gilt für alle Erb­schaf­ten und Schen­kun­gen zwin­gend das neue Recht. Nur für Erben soll es aber auch die Opti­on geben, das neue Recht auf Antrag auch auf Erb­fäl­le anwen­den zu las­sen, die zwi­schen dem 1. Janu­ar 2007 und dem 31. Dezem­ber 2008 lie­gen. Für Schen­kun­gen gilt dage­gen zwin­gend der Tag des Inkraft­tre­tens als Stich­tag für den Über­gang vom alten zum neu­en Recht.

Vom ursprüng­li­chen Plan, das Reform­ge­setz in der ers­ten Jah­res­hälf­te 2008 zu ver­ab­schie­den und in Kraft tre­ten zu las­sen, bleibt nur mehr Schall und Rauch. In der Tat muss sich die Gro­ße Koali­ti­on jetzt sehr beei­len, um das Reform­ge­setz über­haupt noch in die­sem Jahr ver­ab­schie­den zu kön­nen. Eine abschlie­ßen­de Bera­tung im Finanz­aus­schuss des Bun­des­tags soll am 26. Novem­ber 2008 erfol­gen, tags dar­auf kann dann der Bun­des­tag das Gesetz beschlie­ßen. Wenn auch der Bun­des­rat in einer Son­der­sit­zung am 12. Dezem­ber 2008 dem Gesetz zuge­stimmt hat, wird es schließ­lich zum 1. Janu­ar 2009 in Kraft tre­ten kön­nen.