Steuerliche Verzinsung ist verfassungswidrig

Der gesetzliche Zinssatz von 6 % für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen ist seit dem Jahr 2014 verfassungswidrig.

Nach dem Bun­des­fi­nanz­hof sieht auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Ver­zin­sung von Steu­er­nach­for­de­run­gen und -erstat­tun­gen mit einem Zins­satz von 6 % bzw. monat­lich 0,5 % als Ungleich­be­hand­lung der Steu­er­zah­ler an, deren Steu­er erst nach Ablauf der zins­frei­en Karenz­zeit von 15 Mona­ten fest­ge­setzt wird. Die­se Ungleich­be­hand­lung hält das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt für Ver­zin­sungs­zeit­räu­me von 2010 bis 2013 noch für ver­fas­sungs­ge­mäß, ab 2014 dage­gen für ver­fas­sungs­wid­rig.

Trotz die­ser Ver­fas­sungs­wid­rig­keit ab 2014 lässt das Gericht die Anwen­dung des bis­he­ri­gen Rechts noch für Ver­zin­sungs­zeit­räu­me bis Ende 2018 zu. Ab 2019 sind die Vor­schrif­ten dage­gen grund­sätz­lich unan­wend­bar, und der Gesetz­ge­ber muss bis zum 31. Juli 2022 eine ver­fas­sungs­ge­mä­ße Neu­re­ge­lung tref­fen.

Weil sich die Poli­tik nach der Bun­des­tags­wahl erst neu sor­tie­ren muss, wird die­se Neu­re­ge­lung nicht so schnell kom­men. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat daher Rege­lun­gen für die Über­gangs­zeit bis zum Inkraft­tre­ten einer ver­fas­sungs­kon­for­men Neu­re­ge­lung erlas­sen. Damit will der Fis­kus den Inter­es­sen der Steu­er­zah­ler ent­ge­gen­kom­men und eine wei­te­re Flut von Ein­sprü­chen ver­mei­den.

Nach die­sen vor­läu­fi­gen Rege­lun­gen ver­zich­ten die Finanz­äm­ter vor­erst auf die erst­ma­li­ge Fest­set­zung von Nach­zah­lungs- und Erstat­tungs­zin­sen für Ver­zin­sungs­zeit­räu­me ab dem 1. Janu­ar 2019. Die aus­ge­setz­te Zins­fest­set­zung wird dann nach­ge­holt, sobald die Unge­wiss­heit durch eine rück­wir­ken­de Geset­zes­än­de­rung besei­tigt ist. Für Ver­zin­sungs­zeit­räu­me bis 31. Dezem­ber 2018 anfal­len­de Nach­zah­lungs- oder Erstat­tungs­zin­sen set­zen die Finanz­äm­ter dage­gen end­gül­tig fest.

Bei der Ände­rung oder Berich­ti­gung von Beschei­den, die sich auch auf die Fest­set­zung von Zin­sen aus­wir­ken wür­de, sol­len die Finanz­äm­ter vor­erst für Ver­zin­sungs­zeit­räu­me ab 2019 auf die Neu­be­rech­nung und Neu­fest­set­zung von Zin­sen ver­zich­ten, für Zeit­räu­me bis 31. Dezem­ber 2018 die­se dage­gen end­gül­tig fest­set­zen. Wei­te­re Son­der­fäl­le regelt das Minis­te­ri­um eben­falls und gibt aus­führ­li­che Erläu­te­rungs­tex­te vor, die die Finanz­äm­ter in neu erlas­se­ne oder geän­der­te Steu­er- und Zins­be­schei­de auf­neh­men sol­len.

Ein­sprü­che sol­len die Finanz­äm­ter für Zeit­räu­me bis Ende 2018 zurück­wei­sen, sofern der Ein­spruch nicht zurück­ge­nom­men wird. Für Zeit­räu­me ab 2019 wird das Ein­spruchs­ver­fah­ren eben­so wie die Voll­zie­hung bis zu einer gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung aus­ge­setzt. Soweit die Voll­zie­hung von Zins­fest­set­zun­gen für Ver­zin­sungs­zeit­räu­me bis Ende 2018 bis­her aus­ge­setzt wur­de, sol­len die Finanz­äm­ter die Aus­set­zung der Voll­zie­hung nun been­den.

In die­sen Über­gangs­re­ge­lun­gen stellt das Finanz­mi­nis­te­ri­um auch fest, dass sich der Beschluss des Ver­fas­sungs­ge­richts aus­drück­lich nicht auf Stun­dungs-, Hin­ter­zie­hungs- und Aus­set­zungs­zin­sen bezieht. Trotz­dem ist davon aus­zu­ge­hen, dass eine gesetz­li­che Neu­re­ge­lung auch die­se Ver­zin­sungs­tat­be­stän­de neu regelt, wenn auch mög­li­cher­wei­se nicht rück­wir­kend ab 2019.