Eckpunkte für die Grundsteuerreform liegen vor

Für die bis Ende 2019 abzuschließende Reform der Grundsteuer liegen jetzt erste Eckpunkte vor, die erneut auf ein eher komplexes Bewertungsverfahren hindeuten.

Vor einem Jahr hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Grund­steu­er in ihrer aktu­el­len Form als ver­fas­sungs­wid­rig ein­ge­stuft und bis Ende 2019 eine ver­fas­sungs­kon­for­me Neu­re­ge­lung ver­langt. Auf das Urteil hin woll­te das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um bis Ende 2018 ein Kon­zept für die künf­ti­ge Aus­ge­stal­tung der Grund­steu­er vor­le­gen, damit aus­rei­chend Zeit bleibt für das Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren. Im Vor­feld wur­den vie­le Vor­schlä­ge dis­ku­tiert, die unter Namen wie “Boden­steu­er”, “Äqui­va­lenz­mo­dell” oder “Kos­ten­wert­mo­dell” ins Ren­nen gin­gen.

Das Urteil wäre also die idea­le Gele­gen­heit gewe­sen, die Grund­steu­er ein­fa­cher zu gestal­ten, den Ver­wal­tungs­auf­wand zu mini­mie­ren und die finan­zi­el­le Belas­tung für die Bewoh­ner vor allem in Groß­städ­ten mit beson­ders hohen Mie­ten zu redu­zie­ren. Die Finanz­mi­nis­ter von Bund und Län­dern haben län­ger als ursprüng­lich geplant an einem Kom­pro­miss gefeilt, der jedoch kei­nes die­ser Zie­le wirk­lich erreicht. Fol­gen­de Eck­punk­te für die Reform ste­hen bis jetzt fest:

  • Mie­ten: Das sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ermit­telt alle vier Jah­re unter ande­rem Daten zur Wohn­si­tua­ti­on der Bür­ger. Für jedes Bun­des­land wer­den dar­aus Durch­schnitts­mie­ten abge­lei­tet. Bei Wohn­grund­stü­cken wird zur Ermitt­lung der Bemes­sungs­grund­la­ge an die­se durch­schnitt­li­chen Net­to­kalt­mie­ten ange­knüpft. Ist die tat­säch­li­che Mie­te bis zu 30 % güns­ti­ger als die Durch­schnitts­mie­te, wird statt­des­sen die tat­säch­lich ver­ein­bar­te Net­to­kalt­mie­te ange­setzt. Liegt die tat­säch­li­che Mie­te dage­gen mehr als 30 % unter­halb der Durch­schnitts­mie­te, sind min­des­tens 70 % der durch­schnitt­li­chen Net­to­kalt­mie­te anzu­set­zen. Der Bewer­tungs­an­satz über die Durch­schnitts­mie­te gilt für alle Wohn­ar­ten, also sowohl für ver­mie­te­ten Wohn­raum als auch für selbst genutz­te Immo­bi­li­en.

  • Bau­jahr: Das Bau­jahr soll für die Ermitt­lung des Grund­stücks­werts ein not­wen­di­ger Bewer­tungs­pa­ra­me­ter sein. Für Gebäu­de, die vor 1948 erbaut wur­den, genügt aus Ver­ein­fa­chungs­grün­den in der Erklä­rung die Anga­be “Gebäu­de erbaut vor 1948”.

  • Boden­richt­wer­te: Aus­gangs­punkt für die Bewer­tung von Grund- und Boden sind die Boden­richt­wer­te. Die Finanz­ver­wal­tung kann ergän­zen­de Vor­ga­ben zur Bestim­mung der Grö­ße der Boden­richt­wert­zo­nen machen. Die Gut­ach­ter­aus­schüs­se kön­nen Boden­richt­wert­zo­nen zu noch grö­ße­ren Zonen (Lagen) zusam­men­fas­sen. Für Kom­mu­nen, deren mitt­le­res Boden­wert­ni­veau unter dem Lan­des­durch­schnitt liegt, kann optio­nal das für die Kom­mu­ne jeweils ermit­tel­te mitt­le­re Boden­wert­ni­veau als Orts­durch­schnitts­wert ange­setzt wer­den (De-mini­mis-Rege­lung).

  • Gewer­be­im­mo­bi­li­en: Anders als bei Wohn­grund­stü­cken wer­den für ver­mie­te­te Geschäfts­grund­stü­cke kei­ne sta­tis­ti­schen Daten erho­ben, die für die Bewer­tung genutzt wer­den könn­ten. Daher wird bei der Bewer­tung von Gewer­be­im­mo­bi­li­en auf die tat­säch­lich ver­ein­bar­te Mie­te zurück­ge­grif­fen. Bei selbst­ge­nutz­ten rei­nen Geschäfts­grund­stü­cken wird zukünf­tig auf die orts­üb­li­che Ver­gleichs­mie­te abge­stellt, sofern sie ermit­tel­bar ist. In allen ande­ren Fäl­len, also auch bei gemischt genutz­ten Grund­stü­cken, die teils geschäft­lich und teil­wei­se zu Wohn­zwe­cken genutzt wer­den, kommt das ver­ein­fach­te Sach­wert­ver­fah­ren zur Anwen­dung. Die­ses Ver­fah­ren berück­sich­tigt bei der Wert­ermitt­lung ins­be­son­de­re die Her­stel­lungs­kos­ten. Statt bis­her 30 Anga­ben sind dann aber nur noch 8 Anga­ben erfor­der­lich.

  • Land- und Forst­wirt­schaft: Bei der Bewer­tung von land- und forst­wirt­schaft­li­chem Grund­be­sitz (Grund­steu­er A) bleibt es bei dem bis­her prak­ti­zier­ten Ver­fah­ren. Die­se Flä­chen wur­den bereits in der Ver­gan­gen­heit nach dem typi­sier­ten Ertrags­wert bewer­tet, der stets einen rea­li­täts­ge­rech­ten Wert auf­weist.

  • Unbe­bau­te Grund­stü­cke: Die Kom­mu­nen erhal­ten künf­tig die Mög­lich­keit, auf bau­rei­fe, unbe­bau­te Grund­stü­cke einen eige­nen Hebe­satz (Grund­steu­er C) zu erhe­ben. In Kom­mu­nen, die von die­ser Opti­on Gebrauch machen, wird für sol­che Grund­stü­cke somit künf­tig erheb­lich mehr Grund­steu­er zu zah­len sein als bis­her. Damit kön­nen die Gemein­den unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen einen Anreiz für den Bau neu­er Woh­nun­gen schaf­fen und Boden­spe­ku­la­tio­nen ent­ge­gen­wir­ken.

  • Steu­er­mess­zahl: Um einen deut­li­chen Anstieg der Grund­steu­er zu ver­hin­dern, sol­len die ermit­tel­ten Grund­stücks­wer­te in einem zwei­ten Schritt durch die radi­ka­le Absen­kung der Steu­er­mess­zahl kor­ri­giert wer­den. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um geht der­zeit davon aus, dass die neue Steu­er­mess­zahl künf­tig nur noch ein Zehn­tel des alten Wer­tes betra­gen wird. Bei kon­stan­ten Hebe­sät­zen geht das Minis­te­ri­um nach einer ers­ten gro­ben Schät­zung von einer Steu­er­mess­zahl von 0,325 ‰ aus. Die Steu­er­mess­zahl wird aller­dings nach Grund­stücks­ar­ten dif­fe­ren­ziert und soll regel­mä­ßig über­prüft und ange­passt wer­den.

Es bleibt nun abzu­war­ten, in wel­cher Form das Finanz­mi­nis­te­ri­um die­sen Kom­pro­miss in ein Gesetz umsetzt. Vor allem Bay­ern hat bereits deut­lich gemacht, das Kon­zept in der jet­zi­gen Form unter kei­nen Umstän­den mit­zu­tra­gen. Die Bay­ern fürch­ten nicht nur einen deut­li­chen Anstieg der Grund­steu­er, son­dern hal­ten das Kon­zept auch für viel zu umständ­lich und büro­kra­tisch. Statt­des­sen wirbt Bay­ern wei­ter für eine rei­ne Flä­chen­steu­er.

Auch die Uni­ons­frak­ti­on im Bun­des­tag hat Wider­stand gegen den Kom­pro­miss ange­kün­digt. Dort stört man sich ins­be­son­de­re an der Miet­preis-Kom­po­nen­te und sieht eine deut­li­che Mehr­be­las­tung auf Mie­ter in Lagen mit bereits hohen Mie­ten zukom­men. Die­ser Sor­ge hat sich auch der Mie­ter­bund ange­schlos­sen, der befürch­tet, dass klam­me Städ­te die Reform nut­zen könn­ten, um über einen höhe­ren Hebe­satz den kom­mu­na­len Haus­halt zu sanie­ren.

Die SPD hat unter­des­sen ein Umla­ge­ver­bot für die Grund­steu­er ins Gespräch gebracht. Letzt­lich wür­de das aber zu einer noch stär­ke­ren Belas­tung der Mie­ter füh­ren, da die Eigen­tü­mer sich dann die Grund­steu­er über eine höhe­re Net­to­kalt­mie­te zurück­ho­len müss­ten. Die höhe­re Net­to­mie­te führt nach dem neu­en Grund­steu­er-Kon­zept jedoch zu einer noch höhe­ren Steu­er und damit erneu­ten Miet­stei­ge­run­gen — ein Teu­fels­kreis wäre geschaf­fen.