Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen

Zu der Anfang 2019 in Kraft getretenen Neuregelung von Gutscheinen im Umsatzsteuerrecht hat das Bundesfinanzministerium nun weitere Anwendungsvorschriften herausgegeben.

Gut­schei­ne spie­len im Ein­zel­han­del eben­so wie im Dienst­leis­tungs­sek­tor eine bedeu­ten­de Rol­le. Die kor­rek­te Anwen­dung der steu­er­li­chen Rege­lun­gen zu Gut­schei­nen ist jedoch nicht immer ein­fach. Das gilt umso mehr, als dass die EU 2016 neue umsatz­steu­er­li­che Vor­ga­ben für Gut­schei­ne beschlos­sen hat­te, die bereits zum 1. Janu­ar 2019 in deut­sches Recht umge­setzt wur­den.

Mit Detail­re­ge­lun­gen zu den Gut­schein­vor­ga­ben der EU, bei denen nicht mehr wie frü­her zwi­schen Waren- und Wert­gut­schei­nen, son­dern wischen Ein­zweck- und Mehr­zweck-Gut­schei­nen unter­schie­den wird, hat sich die Finanz­ver­wal­tung aller­dings Zeit gelas­sen. Erst Ende 2020 und damit knapp zwei Jah­re nach Inkraft­tre­ten der neu­en Geset­zes­la­ge und nur kurz vor Ablauf der befris­te­ten Absen­kung der Umsatz­steu­er­sät­ze, die eben­falls zu vie­len Gut­sch­ein­trans­ak­tio­nen geführt hat, hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um eine umfang­rei­che Ver­wal­tungs­an­wei­sung zu Gut­schei­nen ver­öf­fent­licht.

In die­ser Ände­rung des Umsatz­steu­er-Anwen­dungs­er­las­ses beant­wor­tet das Minis­te­ri­um nicht nur vie­le Zwei­fels­fra­gen zur neu­en Rechts­la­ge und gibt zahl­rei­che Bei­spie­le dazu; es erkennt mit einer Nicht­be­an­stan­dungs­re­ge­lung in Bezug auf die neu­en Detail­re­ge­lun­gen für ab dem 1. Janu­ar 2019 und vor dem 2. Febru­ar 2021 aus­ge­stell­te Gut­schei­ne auch indi­rekt an, dass die Detail­re­ge­lun­gen lan­ge auf sich haben war­ten las­sen.

  • Umsatz­steu­er­li­che Gut­schei­ne: Gut­schei­ne im umsatz­steu­er­li­chen Sinn sind sol­che Instru­men­te, die ganz oder teil­wei­se anstel­le einer Geld­zah­lung als Gegen­leis­tung für Gegen­stän­de oder sons­ti­ge Leis­tun­gen ver­wen­det wer­den kön­nen. Dabei spielt es kei­ne Rol­le, ob der Gut­schein kör­per­lich (Papier, Plas­tik­kar­te) oder elek­tro­nisch vor­liegt.

  • Ande­re Gut­schei­ne: Kein Gut­schein im umsatz­steu­er­li­chen Sinn liegt vor, wenn der Gut­schein den Inha­ber nur zu einem Preis­nach­lass oder einer Preis­er­stat­tung berech­tigt. Gut­schei­ne für Waren­pro­ben oder Mus­ter lösen grund­sätz­lich kein Ent­gelt aus und sind daher eben­falls kei­ne Gut­schei­ne im umsatz­steu­er­li­chen Sinn. Brief­mar­ken, Fahr­schei­ne, Ein­tritts­kar­ten und ver­gleich­ba­re Instru­men­te fal­len nicht unter die Rege­lun­gen zu Gut­schei­nen, da es sich dabei vor­ran­gig um Zah­lungs­nach­wei­se han­delt.

  • Gut­ha­ben­kar­ten: Kann das Instru­ment jeder­zeit gegen den ursprüng­lich gezahl­ten oder den Rest­be­trag zurück­ge­tauscht wer­den, liegt kein Gut­schein vor, son­dern eine Gut­ha­ben­kar­te, die als blo­ßes Zah­lungs­mit­tel gilt.

  • Ein­zweck-Gut­schei­ne: Ein Ein­zweck-Gut­schein ist dadurch gekenn­zeich­net, dass der Ort der Lie­fe­rung oder Leis­tung, zu deren Bezug der Gut­schein berech­tigt, sowie die geschul­de­te Umsatz­steu­er bei der Aus­ga­be oder erst­ma­li­gen Über­tra­gung des Gut­scheins fest­ste­hen. Für die Annah­me eines Ein­zweck-Gut­scheins ist die Iden­ti­tät des leis­ten­den Unter­neh­mers anzu­ge­ben sowie die vom Gut­schein erfass­te Leis­tung so zu kon­kre­ti­sie­ren, dass der steu­er­be­rech­tig­te EU-Staat und der auf die Leis­tung ent­fal­len­de Steu­er­satz und damit der zutref­fen­de Steu­er­be­trag mit Sicher­heit bestimmt wer­den kön­nen. Zudem muss zur Bestim­mung des Orts der sons­ti­gen Leis­tung, fest­ste­hen, ob der Leis­tungs­emp­fän­ger ein Unter­neh­mer ist und die­se für sein Unter­neh­men bezieht. Der Leis­tungs­ge­gen­stand muss zumin­dest im Hin­blick auf die Gat­tung des jewei­li­gen Leis­tungs­ge­gen­stands auf dem Gut­schein ange­ge­ben sein, sodass hier­aus der zutref­fen­de Steu­er­satz ein­deu­tig bestimm­bar ist. Es kann sich auch dann um einen Ein­zweck-Gut­schein han­deln, wenn der Gut­schein zum Bezug meh­re­rer, genau bezeich­ne­ter Ein­zel­leis­tun­gen berech­tigt. In die­sen Fäl­len ist der Gesamt­be­trag im jewei­li­gen Ver­hält­nis der Ein­zel­leis­tun­gen auf­zu­tei­len. Die Umsatz­steu­er für die durch den Ein­zweck-Gut­schein geschul­de­te Leis­tung ent­steht im Zeit­punkt der Aus­ga­be des Gut­scheins. Wird ein Gut­schein vor Aus­ga­be an einen ande­ren Unter­neh­mer über­tra­gen, ent­steht die Umsatz­steu­er inso­weit im Über­tra­gungs­zeit­punkt. Die spä­te­re Gut­schein­ein­lö­sung, also die tat­säch­li­che Lie­fe­rung oder Leis­tungs­er­brin­gung, ist für die umsatz­steu­er­li­che Wür­di­gung nicht mehr rele­vant. Erfolgt bei der Ein­lö­sung eine Zuzah­lung durch den Gut­schein­in­ha­ber, so ist ledig­lich die­ser Dif­fe­renz­be­trag zu ver­steu­ern.

  • Mehr­zweck-Gut­schei­ne: Ein Mehr­zweck-Gut­schein liegt vor, wenn bei der Über­tra­gung oder Aus­ga­be des Gut­scheins der Leis­tungs­ort, der leis­ten­de Unter­neh­mer oder der Leis­tungs­ge­gen­stand noch nicht end­gül­tig fest­ste­hen und daher die geschul­de­te Umsatz­steu­er nicht bestimm­bar ist. Bei einem Mehr­zweck-Gut­schein gilt die Lie­fe­rung der Gegen­stän­de oder die Erbrin­gung der sons­ti­gen Leis­tung erst im Zeit­punkt der tat­säch­li­chen Erbrin­gung der Leis­tung als erbracht. Die Aus­ga­be eines Mehr­zweck-Gut­scheins und alle bis dahin erfolg­ten Über­tra­gun­gen sind steu­er­lich unbe­acht­lich.

  • Ein­ord­nung: Der Gut­schein soll vom Aus­stel­ler sicht­bar als Ein­zweck- oder als Mehr­zweck-Gut­schein gekenn­zeich­net wer­den. Die recht­li­che Ein­ord­nung erfolgt durch den leis­ten­den Unter­neh­mer. Dar­auf sowie auf die Kenn­zeich­nung dür­fen der Aus­stel­ler und wei­te­re Unter­neh­mer der Leis­tungs­ket­te ver­trau­en. Dies gilt nicht, soweit sie Kennt­nis hat­ten oder nach der Sorg­falt eines ordent­li­chen Kauf­man­nes hät­ten haben müs­sen, dass die recht­li­che Ein­ord­nung bzw. die Kenn­zeich­nung zu Unrecht erfolgt ist.

  • Bemes­sungs­grund­la­ge: Wird ein Ein­zweck-Gut­schein ent­gelt­lich an einen ande­ren Unter­neh­mer über­tra­gen oder an einen Kun­den aus­ge­ge­ben, bestimmt sich die Umsatz­steu­er nach dem dafür bezahl­ten Preis. Wird ein Mehr­zweck-Gut­schein, der über Ver­triebs­ket­ten über­tra­gen wur­de, vom Gut­schein­in­ha­ber ein­ge­löst und lie­gen beim leis­ten­den Unter­neh­mer kei­ne Anga­ben über die Höhe der vom Kun­den gezahl­ten Gegen­leis­tung vor, rich­tet sich die Steu­er nach dem Gut­schein­wert.

  • Nicht­ein­lö­sung: Soll­te ein Gut­schein vom Inha­ber nicht inner­halb der Gül­tig­keits­dau­er ein­ge­löst wer­den und somit ver­fal­len, erge­ben sich dar­aus allein weder bei Ein­zweck- noch bei Mehr­zweck-Gut­schei­nen wei­te­re umsatz­steu­er­li­che Fol­gen, da beim Ein­zweck-Gut­schein die ursprüng­li­che Leis­tung bereits bei Aus­ga­be des Gut­scheins als erbracht galt und beim Mehr­zweck-Gut­schein in die­sem Fall nie ein umsatz­steu­er­li­cher Leis­tungs­aus­tausch zustan­de kam. Eine Ände­rung der Bemes­sungs­grund­la­ge für einen ver­fal­le­nen Ein­zweck-Gut­schein kommt nur dann in Betracht, wenn das Ent­gelt aus­nahms­wei­se zurück­ge­zahlt wird. Die Nicht­ein­lö­sung eines Gut­scheins hat aller­dings Aus­wir­kung auf die Bemes­sungs­grund­la­ge einer Ver­mitt­lungs­leis­tung, wenn der auf den leis­ten­den Unter­neh­mer ent­fal­len­de Ent­gelt­an­teil bei Nicht­ein­lö­sung beim Ver­mitt­ler ver­bleibt und sich dadurch das Ent­gelt für die Ver­mitt­lungs­leis­tung erhöht.

  • Gut­schein­rück­ga­be: Wird ein Ein­zweck-Gut­schein zurück­ge­ge­ben und erhält der Kun­de den Gut­schein­wert aus­ge­zahlt, dann wird der ursprüng­li­che Umsatz rück­gän­gig gemacht. Die Umsatz­steu­er ist daher beim Gut­schein­aus­stel­ler und beim leis­ten­den Unter­neh­mer ent­spre­chend zu berich­ti­gen. Bei der Rück­ga­be und Erstat­tung des Kauf­prei­ses eines Mehr­zweck-Gut­scheins erge­ben sich dage­gen kei­ne umsatz­steu­er­li­chen Aus­wir­kun­gen.

  • Wei­te­re Fäl­le: Beim Ver­kauf von Gut­schei­nen an ande­re Unter­neh­mer, die die­se wei­ter ver­trei­ben (Ver­triebs­ket­ten), beim inner­ge­mein­schaft­li­chen Han­del sowie bei der unent­gelt­li­chen Aus­ga­be von Gut­schei­nen sind vie­le Kon­stel­la­tio­nen denk­bar, zu denen es eben­falls Detail­re­ge­lun­gen gibt. Spre­chen Sie uns bei Fra­gen ein­fach an!