Umsatzsteuerlicher Aufteilungsmaßstab bei gemischt genutzten Immobilien

Die Finanzverwaltung hat erklärt, wann welcher Aufteilungsmaßstab für den Vorsteuerabzug aus Aufwendungen für gemischt genutzte Immobilien anzuwenden ist.

Aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen, die nicht voll­stän­dig für die Erzie­lung umsatz­steu­er­pflich­ti­ger Umsät­ze ver­wen­det wer­den, ist nur ein antei­li­ger Vor­steu­er­ab­zug mög­lich. Beson­ders bei den Bau- und Repa­ra­tur­kos­ten von gemischt genutz­ten Gebäu­den oder nach­träg­li­chen Instal­la­tio­nen in gemischt genutz­ten Gebäu­den strei­ten sich Steu­er­zah­ler und Finanz­äm­ter immer wie­der ger­ne dar­über, wie die Kos­ten kor­rekt auf­zu­tei­len sind. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat des­halb die Rechts­la­ge und den aktu­el­len Stand der Recht­spre­chung zusam­men­ge­fasst und den Umsatz­steu­er-Anwen­dungs­er­lass an die Recht­spre­chung ange­passt.

Für die Bau­her­ren kann der im EU-Recht vor­ran­gig vor­ge­se­he­ne Umsatz­schlüs­sel güns­ti­ger für die Vor­steu­er­auf­tei­lung sein, ins­be­son­de­re wenn im gewerb­li­chen Teil der Immo­bi­lie höhe­re Mie­ten erzielt wer­den kön­nen. Im deut­schen Umsatz­steu­er­recht ist jedoch ein Umsatz­schlüs­sel nur dann zuläs­sig, wenn kei­ne ande­re Auf­tei­lungs­me­tho­de zur Ver­fü­gung steht. In der Regel kommt des­halb der Flä­chen­schlüs­sel zur Anwen­dung, und schon 2012 hat der Euro­päi­sche Gerichts­hof auch bestä­tigt, dass es den Mit­glieds­staa­ten frei­steht, vor­ran­gig einen ande­ren Auf­tei­lungs­schlüs­sel als den Umsatz­schlüs­sel vor­zu­schrei­ben. Vor­aus­set­zung ist nach dem Urteil ledig­lich, dass die gewähl­te Metho­de eine prä­zi­se­re Bestim­mung des kor­rek­ten Vor­steu­er­an­teils gewähr­leis­tet.

Dem ist der Bun­des­fi­nanz­hof gefolgt und hat 2014 fest­ge­stellt, dass eine Vor­steu­er­auf­tei­lung nach dem Umsatz­schlüs­sel nur zuläs­sig ist, wenn kei­ne prä­zi­se­re wirt­schaft­li­che Zurech­nung mög­lich ist. Der Flä­chen­schlüs­sel schlie­ße im Regel­fall als prä­zi­se­re Zurech­nung den Umsatz­schlüs­sel aus. Aller­dings sei­en die Vor­steu­er­be­trä­ge nicht nach dem Flä­chen­schlüs­sel auf­teil­bar, wenn die Aus­stat­tung der Räum­lich­kei­ten erheb­li­che Unter­schie­de auf­weist.

Wenn der Flä­chen­schlüs­sel kei­ne prä­zi­se­re wirt­schaft­li­che Zurech­nung dar­stellt, gilt statt­des­sen die Metho­de, die eine genaue­re Auf­tei­lung ermög­licht: Betref­fen die Vor­steu­er­be­trä­ge die mit dem Gebäu­de selbst erziel­ten Umsät­ze (Ver­mie­tungs­um­sät­ze), sei ein objekt­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel genau­er. Wird das Gebäu­de hin­ge­gen für die Umsät­ze des gesam­ten Unter­neh­mens genutzt (z. B. ein Ver­wal­tungs­ge­bäu­de), sei ein gesamt­um­satz­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel gerecht­fer­tigt, meint der Bun­des­fi­nanz­hof.

In wei­te­ren Urtei­len haben der Euro­päi­sche Gerichts­hof und im Nach­gang der Bun­des­fi­nanz­hof außer­dem 2016 ent­schie­den, dass bei der Her­stel­lung eines gemischt genutz­ten Gebäu­des für den Vor­steu­er­ab­zug — im Gegen­satz zu den Ein­gangs­leis­tun­gen für die Nut­zung, Erhal­tung und Unter­hal­tung — nicht dar­auf abge­stellt wer­den kann, wel­che Auf­wen­dun­gen in bestimm­te Tei­le des Gebäu­des ein­ge­hen. Statt­des­sen kommt es auf die pro­zen­tua­len Ver­wen­dungs­ver­hält­nis­se des gesam­ten Gebäu­des an. Hin­ge­gen könn­ten Erhal­tungs­maß­nah­men den ver­schie­de­nen Nut­zungs­an­tei­len ein­fach unmit­tel­bar zuge­ord­net wer­den.

Auf­grund die­ser und noch eini­ger wei­te­rer Urtei­le hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um die längst über­fäl­li­ge Über­ar­bei­tung der ent­spre­chen­den Ver­wal­tungs­an­wei­sung vor­ge­nom­men und die Ände­run­gen in den Umsatz­steu­er-Anwen­dungs­er­lass ein­ge­ar­bei­tet. Damit gel­ten nun fol­gen­de Regeln für die Vor­steu­er­auf­tei­lung bei gemischt genutz­ten Gebäu­den:

  • Ein­gangs­leis­tun­gen: Im Fall von Leis­tun­gen für die Nut­zung und Erhal­tung von gemischt genutz­ten Gebäu­den sind die Kos­ten zunächst soweit mög­lich direkt den Aus­gangs­um­sät­zen zuzu­ord­nen. Danach ver­blei­ben­de Vor­steu­er­be­trä­ge sind anhand der fol­gen­den Vor­ga­ben sach­ge­recht auf­zu­tei­len. Wird dage­gen ein gemischt genutz­tes Gebäu­de ange­schafft oder her­ge­stellt, sind die gesam­ten auf die Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten des Gebäu­des ent­fal­len­den Vor­steu­er­be­trä­ge ein­heit­lich in einen abzieh­ba­ren und in einen nicht abzieh­ba­ren Teil auf­zu­tei­len. Es ist dann aus­drück­lich kei­ne vor­he­ri­ge direk­te Zuord­nung von Ein­gangs­leis­tun­gen zu den Aus­gangs­um­sät­zen durch­zu­füh­ren.

  • Metho­den­aus­wahl: Die Vor­steu­er­auf­tei­lung muss nach einem sach­ge­rech­ten Auf­tei­lungs­schlüs­sel erfol­gen, also nach einem Schlüs­sel, der für das Gebäu­de über­haupt als Auf­tei­lungs­maß­stab taugt. Kom­men neben dem Gesamt­um­satz­schlüs­sel ande­re Auf­tei­lungs­schlüs­sel in Fra­ge, muss ein ande­rer Schlüs­sel ange­wen­det wer­den, wenn er ein prä­zi­se­res Ergeb­nis lie­fert. Falls meh­re­re ande­re Auf­tei­lungs­schlüs­sel in Fra­ge kom­men, ist nicht zwin­gend die prä­zi­ses­te Metho­de anzu­wen­den. Die Aus­wahl der Metho­de trifft in die­sen Fäl­len der Unter­neh­mer. Das Finanz­amt kann sie jedoch dar­auf­hin über­prü­fen, ob sie sach­ge­recht ist. In Betracht kom­men ins­be­son­de­re ein objekt­be­zo­ge­ner Flä­chen­schlüs­sel, ein objekt­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel oder ein Schlüs­sel nach dem umbau­ten Raum.

  • Flä­chen­schlüs­sel: Grund­sätz­lich erfolgt die Vor­steu­er­auf­tei­lung nach dem Ver­hält­nis der Nutz­flä­chen des Gebäu­des (objekt­be­zo­ge­ner Flä­chen­schlüs­sel), da dies nach Über­zeu­gung des Fis­kus regel­mä­ßig die prä­zi­se­re Auf­tei­lungs­me­tho­de ist, aller­dings nur, wenn sie auch sach­ge­recht ist.

  • Umsatz­schlüs­sel: Ein objekt­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel kommt nur in Betracht, wenn die Aus­stat­tung der unter­schied­lich genutz­ten Räu­me erheb­lich von­ein­an­der abweicht (sie­he unten). Nur aus­nahms­wei­se kann in sol­chen Fäl­len auch ein Gesamt­um­satz­schlüs­sel zur Anwen­dung kom­men, z. B. bei Ver­wal­tungs­ge­bäu­den, die den Umsät­zen des gesam­ten Unter­neh­mens die­nen.

  • Umbau­ter Raum: Bestehen erheb­li­che Abwei­chun­gen in der Geschoss­hö­he, kann die Vor­steu­er­auf­tei­lung anstel­le des Gesamt­um­satz­schlüs­sels nach dem umbau­ten Raum in Betracht kom­men, wenn die­se Auf­tei­lung eine prä­zi­se­re wirt­schaft­li­che Zurech­nung der Vor­steu­er­be­trä­ge ermög­licht. Davon kann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn die Gebäu­de­tei­le eine unter­schied­li­che Geschoss­hö­he, aber ansons­ten kei­ne erheb­li­chen Unter­schie­de in der Aus­stat­tung haben.

  • Ande­re Schlüs­sel: Im Ein­zel­fall kön­nen auch wei­te­re Auf­tei­lungs­schlüs­sel sach­ge­recht sein. Bei­spiels­wei­se hat der Bun­des­fi­nanz­hof für den Fall einer Sport­hal­le ent­schie­den, dass bei einer abwech­seln­den Nut­zung des Gebäu­des zu steu­er­frei­en und steu­er­pflich­ti­gen Zwe­cken eine Auf­tei­lung nach den Nut­zungs­zei­ten am bes­ten geeig­net ist. Eine Auf­tei­lung anhand des Flä­chen­schlüs­sels kom­me nicht in Betracht, wenn es nicht um die gleich­blei­ben­de Nut­zung ver­schie­de­ner Gebäu­de­tei­le geht, son­dern um die zeit­lich wech­seln­de Nut­zung der­sel­ben Tei­le.

  • Flä­chen­be­rech­nung: Für die Flä­chen­be­rech­nung sind grund­sätz­lich die Grund­flä­chen aller Räu­me anzu­set­zen, unab­hän­gig davon, ob es sich um Wohn- oder Gewer­be­flä­chen han­delt (Wohn- und Ver­kaufs­räu­me, als Lager genutz­te Kel­ler oder Spei­cher­räu­me, Tief­ga­ra­ge). Es zäh­len aber nur die Gebäu­de­in­nen­flä­chen, also z.B. nicht auch Außen­stell­plät­ze. Flä­chen, die zur Ver­sor­gung des Gebäu­des ver­wen­det oder nur gemein­sam genutzt wer­den (z. B. Tech­nik­räu­me, Trep­pen­haus, Fahr­rad­ab­stell­räu­me, Wasch­kü­chen), blei­ben unbe­rück­sich­tigt. Eben­so sind von vorn­her­ein nicht zum Aus­bau vor­ge­se­he­ne Räu­me nicht in die Flä­chen­be­rech­nung mit ein­zu­be­zie­hen. Die Grund­flä­chen sind auch bei Dach­schrä­gen in vol­lem Umfang anzu­set­zen. Die Flä­chen von Ter­ras­sen oder Bal­ko­nen zäh­len zur Hälf­te. Eine alter­na­ti­ve aner­kann­te Metho­de zur Flä­chen­be­rech­nung kann für Zwe­cke der Vor­steu­er­auf­tei­lung ange­wandt wer­den, wenn die gewähl­te Metho­de auch für ande­re Zwe­cke ange­wandt wird (z.B. Miet­ver­trä­ge), die Flä­chen­be­rech­nung für das gesam­te Gebäu­de ein­heit­lich erfolgt und das Ergeb­nis sach­ge­recht ist.

  • Beweis­last: Die Fest­stel­lungs­last, dass der Flä­chen­schlüs­sel prä­zi­ser als ein Umsatz­schlüs­sel ist, liegt zwar beim Finanz­amt. Das gilt jedoch nur, wenn dem Finanz­amt alle für eine ent­spre­chen­de Beur­tei­lung erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen vor­lie­gen. Lie­gen nicht alle erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen vor oder las­sen die­se kei­ne ein­deu­ti­ge Beur­tei­lung zu, ist davon aus­zu­ge­hen, dass der Flä­chen­schlüs­sel grund­sätz­lich die prä­zi­se­ren Ergeb­nis­se lie­fert.

  • Aus­stat­tungs­un­ter­schie­de: Erheb­li­che Unter­schie­de in der Aus­stat­tung kön­nen immer dann ange­nom­men wer­den, wenn sich die Dicke der Decken und Wän­de oder die Innen­aus­stat­tung erheb­lich von­ein­an­der unter­schei­den. Dann geht der Fis­kus näm­lich davon aus, dass sich auch die Höhe des Bau­auf­wan­des der ver­schie­de­nen Räu­me erheb­lich von­ein­an­der unter­schei­det und die tat­säch­lich erziel­ba­ren Miet­ein­nah­men deut­lich von­ein­an­der abwei­chen. Unter­schie­de allein auf­grund der ver­schie­de­nen Nut­zung, die einen ähn­li­chen Bau­auf­wand haben, sind aber für sich genom­men noch kein erheb­li­cher Aus­stat­tungs­un­ter­schied. Das betrifft bei­spiels­wei­se eine unter­schied­li­che Zahl und Art von Strom- und Was­ser­an­schlüs­sen für pri­va­te und gewerb­li­che Mie­ter oder den Ein­bau decken­ho­her Ganz­glas­tür­ele­men­te nur im gewerb­lich genutz­ten Gebäu­de­teil und nor­ma­ler Fens­ter im Wohn­be­reich. Erheb­lich sind Unter­schie­de erst, wenn sie auch zu einem deut­lich unter­schied­li­chen Bau­auf­wand für nur einen Gebäu­de­teil füh­ren. Das ist ins­be­son­de­re der Fall, wenn die einen Räu­me luxu­ri­ös, die ande­ren aber schlicht aus­ge­baut sind oder nur für einen Gebäu­de­teil ein auf­wän­di­ge­rer Her­stel­lungs­auf­wand anfällt, z. B. traglastver­stärk­te Böden für die gewerb­li­che Nut­zung. Auch bei einer unter­schied­li­chen Nut­zung von Ein­rich­tun­gen durch die Mie­ter (z. B. Schwimm­bad, das nur durch die Mie­ter des Wohn­be­reichs genutzt wird) oder bei der erheb­lich unter­schied­li­chen Nut­zung von Flä­chen inner­halb des Gebäu­des und auf des­sen Dach lie­gen erheb­li­che Aus­stat­tungs­un­ter­schie­de vor.

  • Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge: Eine zur Erzie­lung von Ein­nah­men genutz­te Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge, deren Kos­ten ertrag­steu­er­lich zu den Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten des Gebäu­des zäh­len (z.B. weil sie bereits wäh­rend des Baus instal­liert wur­de), ist bei der Umsatz­steu­er kein eigen­stän­di­ges Zuord­nungs­ob­jekt mehr. Einen erheb­li­chen Aus­stat­tungs­un­ter­schied für das gesam­te Gebäu­de stellt die Anla­ge aber nur auf ein­fa­chen Gebäu­den (Schup­pen, Stall, Gara­ge etc.) dar. In allen ande­ren Fäl­len muss die Vor­steu­er­auf­tei­lung zwei­stu­fig vor­ge­nom­men wer­den. In der ers­ten Stu­fe ist zur Ermitt­lung des Anteils der Dach­flä­chen­nut­zung durch die Anla­ge ein objekt­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel anzu­wen­den. Die danach auf das rest­li­che Gebäu­de ent­fal­len­den Vor­steu­er­be­trä­ge sind in der zwei­ten Stu­fe nach den all­ge­mei­nen Grund­sät­zen, also meist nach einem Flä­chen­schlüs­sel, auf­zu­tei­len.

  • Zuord­nungs­maß­stab: Die jetzt ver­öf­fent­lich­ten Vor­ga­ben gel­ten ver­gleich­bar auch für die Zuord­nung einer gemischt genutz­ten Immo­bi­lie zum Unter­neh­men. Das ist ins­be­son­de­re von Bedeu­tung für die Über­prü­fung, ob das Objekt zu min­des­tens 10 % unter­neh­me­risch ver­wen­det wird, da andern­falls ein Vor­steu­er­ab­zug kom­plett aus­schei­det.

Die neu­en Regeln sind mit zwei Aus­nah­men in allen offe­nen Fäl­len anzu­wen­den. Es gibt also auch bei bereits abge­ge­be­ner und vom Finanz­amt akzep­tier­ter Umsatz­steu­er­jah­res­er­klä­rung kei­nen Ver­trau­ens­schutz, weil die Umsatz­steu­er­fest­set­zung in der Regel unter dem Vor­be­halt der Nach­prü­fung steht. Nicht bean­stan­det wird ledig­lich, wenn sich der Unter­neh­mer bei der Zuord­nung von Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen, Block­heiz­kraft­wer­ken oder ande­ren Betriebs­vor­rich­tun­gen oder bei der Zuord­nung der Bau­kos­ten zu ein­zel­nen Ver­wen­dungs­um­sät­zen bei erheb­lich von­ein­an­der abwei­chen­der Aus­stat­tung oder Raum­hö­he auf die bis­he­ri­gen Vor­ga­ben beruft.