Was sich 2024 (bisher) geändert hat

Jeder Jahreswechsel bringt Änderungen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht mit sich. Der Großteil dieser Änderungen ist aber immer noch nicht vom Bundesrat verabschiedet.

Regel­mä­ßig bringt das neue Jahr einen gan­zen Berg von Ände­run­gen im Steu­er- und Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht mit sich. Dass das Jahr 2024 hier aus der Rei­he fällt, ist dem Umstand geschul­det, dass der Bun­des­rat das Wachs­tums­chan­cen­ge­setz in den Ver­mitt­lungs­aus­schuss ver­wie­sen hat. In die­sem Gesetz, das neben­bei die Funk­ti­on eines Jah­res­steu­er­ge­set­zes für das Jahr 2023 erfüllt, ist näm­lich der Groß­teil der steu­er­li­chen Ände­run­gen ent­hal­ten, die zum Jah­res­an­fang in Kraft tre­ten soll­ten.

Die meis­ten die­ser Ände­run­gen im Wachs­tums­chan­cen­ge­setz wer­den rück­wir­kend zum 1. Janu­ar 2024 noch in Kraft tre­ten, sofern der Bun­des­rat die­sem Gesetz im März zustimmt. In Zei­ten knap­per Kas­sen haben Bun­des­rat und Bun­des­tag im Ver­mitt­lungs­aus­schuss an etli­chen Stell­schrau­ben im Gesetz gedreht, um die finan­zi­el­le Belas­tung für die Bun­des­län­der zu redu­zie­ren (mehr dazu im Bei­trag “Zwi­schen­stand beim Wachs­tums­chan­cen­ge­setz”). Falls das Gesetz vom Bun­des­rat ver­ab­schie­det wird, folgt in einer der nächs­ten Aus­ga­ben natür­lich eine Zusam­men­fas­sung der wei­te­ren Ände­run­gen. Bis es soweit ist, wer­fen wir einen Blick auf die Ände­run­gen, die bereits zum Jah­res­an­fang in Kraft getre­ten sind:

  • Grund­frei­be­trag: Nach einer Anhe­bung um 561 Euro im Jahr 2023 steigt der auch als “steu­er­frei­es Exis­tenz­mi­ni­mum” bekann­te steu­er­li­che Grund­frei­be­trag 2024 sogar um 696 Euro von bis­her 10.908 Euro auf nun 11.604 Euro.

  • Kal­te Pro­gres­si­on: Damit Lohn­stei­ge­run­gen auch im Geld­beu­tel der Beschäf­tig­ten ankom­men, wird jähr­lich der Effekt der “kal­ten Pro­gres­si­on” aus­ge­gli­chen. Dazu wer­den die Eck­wer­te des Ein­kom­men­steu­er­ta­rifs ent­spre­chend der erwar­te­ten Infla­ti­on um 6,3 % ange­ho­ben. Das heißt, der Spit­zen­steu­er­satz von 42 % greift 2024 bei 66.761 Euro — eine Anhe­bung um 3.951 Euro im Ver­gleich zum Vor­jahr. Die soge­nann­te “Rei­chen­steu­er” von 45 % ab 277.826 Euro ist von die­ser Anpas­sung aus­ge­nom­men.

  • Soli­da­ri­täts­zu­schlag: Erst­mals seit der Teil­ab­schaf­fung des Soli­da­ri­täts­zu­schlags wur­de 2023 der Frei­be­trag von 16.956 Euro auf 17.543 Euro ange­ho­ben. Für 2024 steigt der Frei­be­trag noch ein­mal um 587 Euro auf nun 18.130 Euro (bei Zusam­men­ver­an­la­gung 36.260 Euro statt 35.086 Euro) Der Frei­be­trag bezieht sich dabei nicht auf das zu ver­steu­ern­de Ein­kom­men, son­dern auf die fest­ge­setz­te Ein­kom­men­steu­er. Der Soli fällt also nur dann an, wenn die Ein­kom­men­steu­er über dem Frei­be­trag liegt.

  • Kin­der­frei­be­trag: Der Kin­der­frei­be­trag, der 2023 pro Eltern­teil um 202 Euro auf 3.012 Euro ange­ho­ben wur­de, steigt 2024 noch ein­mal um 180 Euro pro Eltern­teil auf nun 3.192 Euro. Der Frei­be­trag für den Betreu­ungs- und Erzie­hungs­be­darf in Höhe von 1.464 Euro pro Eltern­teil bleibt dage­gen unver­än­dert. Damit kön­nen bei­de Eltern zusam­men in die­sem Jahr einen Frei­be­trag von ins­ge­samt 9.312 Euro je Kind gel­tend machen.

  • Unter­halts­höchst­be­trag: Der Höchst­be­trag für den Abzug von Unter­halts­leis­tun­gen, des­sen Höhe seit 2022 an den Grund­frei­be­trag gekop­pelt ist, steigt eben­falls auf 11.604 Euro.

  • Min­dest­lohn: Zum Jah­res­wech­sel ist der gesetz­li­che Min­dest­lohn von 12,00 Euro auf 12,41 Euro pro Stun­de gestie­gen. Die nächs­te Anhe­bung ist zum 1. Janu­ar 2025 auf dann 12,82 Euro vor­ge­se­hen.

  • Mini­job-Ver­dienst­gren­ze: Durch die Anhe­bung des gesetz­li­chen Min­dest­lohns steigt auch die maxi­ma­le monat­li­che Ver­dienst­gren­ze bei einem Mini­job von 520 Euro in 2023 auf 538 Euro für 2024.

  • Arbeit­neh­mer-Spar­zu­la­ge: Die Ein­kom­mens­gren­zen bei der Arbeit­neh­mer-Spar­zu­la­ge wur­den 2024 ver­dop­pelt auf 40.000 Euro für Ledi­ge und auf 80.000 Euro bei Zusam­men­ver­an­la­gung.

  • Mit­ar­bei­ter­ka­pi­tal­be­tei­li­gung: Für die Betei­li­gung von Mit­ar­bei­tern am Unter­neh­men des Arbeit­ge­bers steigt der Steu­er­frei­be­trag von 1.440 Euro auf 2.000 Euro.

  • Vor­sor­ge­pau­scha­le: Beim Lohn­steu­er­ab­zug wer­den Bei­trags­er­mä­ßi­gun­gen in der Pfle­ge­ver­si­che­rung für Kin­der nun in der Vor­sor­ge­pau­scha­le ent­spre­chend berück­sich­tigt, was für den Staat zu jähr­li­chen Steu­er­mehr­ein­nah­men von rund 250 Mio. Euro füh­ren wird.

  • Gas­tro­no­mie: Seit dem 1. Janu­ar gilt in der Gas­tro­no­mie wie­der ein ein­heit­li­cher Umsatz­steu­er­satz von 19 % sowohl für Spei­sen als auch für Geträn­ke. Die befris­te­te Absen­kung des Steu­er­sat­zes für Spei­sen auf 7 % ist Ende 2023 aus­ge­lau­fen.

  • Zins­schran­ke: Wegen Vor­ga­ben durch die Anti-Steu­er­ver­mei­dungs­richt­li­nie der EU wer­den ab 2024 die Rege­lun­gen zur Zins­schran­ke ange­passt. Außer­dem erfolg­te im Gesetz eine Klä­rung des Begriffs “Net­to­zins­auf­wen­dun­gen” und es wur­de klar­ge­stellt, dass ein EBIT­DA-Vor­trag nicht in Wirt­schafts­jah­ren ent­steht, in denen die Zins­auf­wen­dun­gen die Zins­er­trä­ge nicht über­stei­gen. Ein Abzug von Zins­vor­trä­gen ist künf­tig nur mög­lich, soweit aus­rei­chend ver­re­chen­ba­res EBITDA vor­han­den ist.

  • Wirt­schafts-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer: Ab Herbst 2024 soll die Wirt­schafts-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer (W-IdNr.) ver­ge­ben wer­den. Damit erhält jede wirt­schaft­lich täti­ge natür­li­che Per­son, juris­ti­sche Per­son und Per­so­nen­ver­ei­ni­gung jeweils ein ein­heit­li­ches und dau­er­haf­tes Merk­mal zur ein­deu­ti­gen Iden­ti­fi­zie­rung im Besteue­rungs­ver­fah­ren. Die W-IdNr. setzt sich aus dem Kür­zel “DE” und neun Zif­fern zusam­men. Ergänzt wird die W-IdNr. durch ein 5-stel­li­ges Unter­schei­dungs­merk­mal für ein­zel­ne Tätig­kei­ten, Betrie­be oder Betriebs­stät­ten (Bei­spiel: DE123456789-00001). Die W-IdNr. dient zugleich auch als bun­des­ein­heit­li­che Wirt­schafts­num­mer nach dem Unter­neh­mens­ba­sis­da­ten­re­gis­ter­ge­setz. Das Unter­neh­mens­ba­sis­da­ten­re­gis­ter soll Unter­neh­men von Berichts­pflich­ten ent­las­ten, indem Mehr­fach­mel­dun­gen der Stamm­da­ten an unter­schied­li­che Regis­ter ver­mie­den wer­den (“Once-Only”-Prinzip).

  • MoPeG: Zum Jah­res­wech­sel ist die Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts in Kraft getre­ten. Das Steu­er­recht wur­de an meh­re­ren Stel­len an die­se Reform ange­passt. Dazu gehört auch eine Ände­rung bei der Grund­er­werb­steu­er, die die bis­he­ri­ge Steu­er­be­frei­ungs­re­ge­lung für Gesamt­hands­ver­mö­gen auf­recht erhält, indem das Gesell­schafts­ver­mö­gen rechts­fä­hi­ger Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten bei der Grund­er­werb­steu­er ab 2024 wie Gessamt­hands­ver­mö­gen behan­delt wird. Die­se Rege­lung, die ursprüng­lich nur als Über­gangs­re­ge­lung bis Ende 2024 vor­ge­se­hen war, gilt nun bis Ende 2026, was dem Gesetz­ge­ber genü­gend Zeit gibt für die geplan­te Reform der Grund­er­werb­steu­er, bei der dann auch die Steu­er­be­frei­ungs­re­ge­lun­gen grund­sätz­lich neu gefasst wer­den dürf­ten.

  • Digi­ta­li­sie­rung des Spen­den­ver­fah­rens: Das Zuwen­dungs­emp­fän­ger­re­gis­ter beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern ist ein Kern­ele­ment der Digi­ta­li­sie­rung des Spen­den­nach­weis­ver­fah­rens. Das Regis­ter wird ab dem 1. Janu­ar 2024 suk­zes­si­ve mit den Daten der gemein­nüt­zi­gen Ver­ei­ne und Stif­tun­gen, Par­tei­en und öffent­lich-recht­li­chen Kör­per­schaf­ten befüllt. In der EU täti­ge und nach deut­schem Gemein­nüt­zig­keits­recht als steu­er­be­güns­tigt aner­kann­te Orga­ni­sa­tio­nen wer­den eben­falls auf­ge­nom­men. Regis­trier­te Zuwen­dungs­emp­fän­ger erhal­ten Zugang zum Zuwen­dungs­nach­weis über die amt­lich vor­ge­schrie­be­nen Vor­dru­cke bezie­hungs­wei­se die elek­tro­ni­sche Spen­den­quit­tung.

  • Daten­aus­tausch: Der Daten­aus­tausch zwi­schen der pri­va­ten Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung, der Finanz­ver­wal­tung und den Arbeit­ge­bern, der ursprüng­lich zum 1. Janu­ar 2024 star­ten soll­te, wird um zwei Jah­re ver­scho­ben.

  • Wohn-Ries­ter: Bei der Ver­wen­dung des ange­spar­ten Kapi­tals aus einem Ries­ter-Ver­trag für eine selbst­ge­nutz­te Immo­bi­lie (Wohn-Ries­ter) kann das ange­spar­te Kapi­tal ab 2024 auch für ener­ge­ti­sche Maß­nah­men ver­wen­det wer­den. Vor­aus­set­zung ist, dass für die Bau­maß­nah­me kei­ne ande­ren Steu­er­be­güns­ti­gun­gen oder Zuschüs­se in Anspruch genom­men wer­den.

  • Nied­rig­steu­er­gren­zen: Im Zuge der Ein­füh­rung einer glo­ba­len effek­ti­ven Min­dest­be­steue­rung wur­den die Nied­rig­steu­er­gren­zen bei der Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung und der Lizenz­schran­ke von 25 % auf 15 % abge­senkt.

  • Zah­lungs­dienst­leis­ter: Ab 2024 sind Zah­lungs­dienst­leis­ter ver­pflich­tet, das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern regel­mä­ßig über grenz­über­schrei­ten­de Zah­lun­gen zu infor­mie­ren, sofern im Quar­tal mehr als 25 Zah­lun­gen an den­sel­ben Zah­lungs­emp­fän­ger erfol­gen. Damit wird eine Vor­ga­be der EU umge­setzt.